6036/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.07.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Ölförderung in der Tiefsee durch die OMV

 

Die seit mehr als zwei Monaten andauernde Ölkatastrophe im Golf von Mexico hat elf Menschen das Leben gekostet, zehntausende Beschäftigte in Fischerei und Tourismus ihrer Lebensgrundlage beraubt und eine beispiellose Umweltzerstörung verursacht. Sechzehn Millionen Liter Öl fließen täglich aus dem Bohrloch in 1.500 Meter Tiefe ins Meer, ein Ende der Katastrophe ist nicht absehbar. Es wird Jahrzehnte dauern bis sich das Ökosystem des Meeres und die betroffenen Küstengebiete erholen können – wenn überhaupt. Vor dem Hintergrund dieser wahrscheinlich größten Umweltkatastrophe der Geschichte werden Tiefseebohrungen jetzt grundsätzlich in Frage gestellt, nicht nur von Umweltorganisationen und den Grünen sondern auch von Experten bzw. Vertretern der Ölkonzerne:

 

„Unglücke wie das im Golf von Mexiko zeigen, dass wir die Sache nicht im Griff haben. (…) Das sind die Folgen der Anwendung von Techniken, die man nicht beherrscht.“.  (Wolfgang Blendiger, Professor für Erdölgeologie, fokus.de, 20.5.2010)

 

„Die Bedingungen ähneln eher der Arbeit auf dem Mond als auf der Erde. Das Risiko wurde unterschätzt. Man dachte es sei minimal, obwohl es in Wahrheit maximal ist.“ (Robert Bea, Professor für Marine-Technolgie, Berkeley, Stern.de, 4. Juni 2010)

 

 „Ich glaube, über Tiefseebohrungen muss nach diesem Fall neu nachgedacht werden.“

(Lamar McKay, BP-Chef USA, BR-online, 16.6.2010)

 

Auch die österreichische OMV ist im Bereich „Deep-Offshore“ aktiv und investiert weltweit beträchtliche Summen in den Ausbau dieses Geschäftsfelds.  Allein in Nord- und Westeuropa fördert die OMV in der Tiefsee der Barentsee, der Nordsee, im Gebiet der Faröer Inseln und in den als besonders gefährlich geltendem Gebiet westlich der Shetland Inseln.  Dazu kommen Offshore-Lizenzen in Nordafrika, im Mittleren Osten, Australien/Neuseeland und Russland/ Kaspische Region. Wenige Wochen vor dem Unfall im Golf von Mexiko kündigte Ihr Explorationschef Helmut Langanger in einem Kurier-Interview an, dass zwei Drittel Ihrer Investitionen in die Tiefsee-Feldentwicklung fließen werden (KURIER 14.3.2010). Er hielt dort fest: „Der Trend geht bei uns – so wie bei allen internationalen Konzernen – in Richtung Tiefsee. […] Wir bohren dort in Tiefen bis zu 2500 Meter.“

 

Mehrheitseigentümer  der OMV ist mit 31,5 Prozent des Aktienbesitzes die staatliche Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG). Für die zum Finanzministerium ressortierende ÖIAG sind Sie als Minister zuständig. Sie tragen daher auch Mitverantwortung für die Aktivitäten der OMV weltweit.

 

Wir sind der Auffassung, dass Informationen zu Tiefseebohrungen auf Grund ihrer unkalkulierbaren Risiken nicht mehr alleine Sache der Ölkonzerne sind, sondern die Öffentlichkeit ein Recht auf Klarheit hat. In diesem Sinne ersuchen wir Sie, als letztverantwortlichen Eigentümervertreter bei der OMV um Aufklärung.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

Beteiligung der OMV an Offshore-Bohrungen weltweit

 

1)    An welchen Standorten weltweit ist die OMV an der Förderung von Öl und Gas jeweils in welchen Meerestiefen beteiligt, und welche Fördermethoden werden  hier  angewandt  (Förderstellen  und –methoden  einzeln  benennen)?

 

2)    An welchen Standorten weltweit ist die OMV an der Suche nach noch nicht bekannten Lagerstätten von Öl und Gas jeweils in welchen Meerestiefen beteiligt?

Gefahren der Förderung

 

3)    Können Sie als Mehrheitseigentümer ein Unglück mit aus dem Meeresgrund austretendem Öl an Förderstellen mit Beteiligung der OMV ausschließen, oder für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass sich schwere Ölkatastrophen an OMV-Förderstandorten der OMV ereignen? Worauf gründet Ihre Einschätzung?

Schadensersatz im Katastrophenfall

 

4)    Für welche Schäden haftet die OMV als Betriebsführer im Katastrophenfall?

 

a)    Tötung oder Verletzung eines Menschen,

b)    Verlust von oder Schaden an Vermögenswerten,

c)    Schaden aus wirtschaftlichem Verlust,

d)    Kosten von Maßnahmen zur Wiederherstellung geschädigter Umwelt,

e)    Kosten von Vorsorgemaßnahmen und anderer Verlust oder Schaden infolge                                 von                                 Vorsorgemaßnahmen?

5)    Wer haftet aufgrund welcher nationalen und internationalen Rechtsgrundlagen im Falle eines Öl-Förderunglücks an einem OMV-betriebsgeführten Förderstandort?

 

6)    In welcher Höhe und in welcher Reihenfolge haftet die OMV als Betriebsführer gegenüber Geschädigten, wie z.B. Krabbenfischern, Touristikunternehmen oder                                                                                   Anrainergemeinden?

 

7)    Gibt es eine Haftungshöchstgrenze für die OMV als Inhaber oder Betriebsführer von Förderanlagen, und wenn ja, wo liegt diese? Wer übernimmt       die     Haftung      oberhalb      dieser    Haftungshöchstgrenze?

 

8)    Hat die OMV als Inhaber oder Betriebsführer einer Förderanlage eine Deckungsvorsorge vorzuhalten, die gewährleistet, dass auch der maximal mögliche Schaden, über diese Deckungsvorsorge abgesichert wird? Falls ja, wie       hoch       ist       diese      Deckungsvorsorge       rechtlich    angesetzt?

 

9)    Wie und nach welcher Rechtsgrundlage werden Geschädigte auf österreichischem Staatsgebiet für Schäden entschädigt, die durch Förderanlagen der OMV entstanden sind?