6047/J XXIV. GP
Eingelangt am
08.07.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Schwentner, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Humanitäre Hilfe, Auslandskatastrophenfonds und Haiti-Hilfe
Die „Evaluierung der Humanitären Hilfe der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit im Zeitraum 2004-2008“ vom Juni 2010 stellt erhebliche Mängel in diesem Bereich fest:
Die EvaluatorInnen empfehlen die Erhöhung der Mittel, eine aussagekräftige und verbindliche Strategie, eine Reduktion der Fragmentierung und eine Überprüfung der Kriterien bei der Mittelvergabe durch die verschiedenen Akteure. Operationell wird u.a. der Aufbau einer Koordinationsplattform, eine Anpassung der Umsetzungskapazitäten sowie eine stärkere Wirkungsorientierung empfohlen.
Ein wichtiges Instrument der Humanitären Hilfe, der Auslandskatastrophenfonds (AKF), wurde 2009 endlich mit einem, wenn auch geringen, Betrag von 5 Millionen Euro pro Jahr fix dotiert. Der Fonds wird zwar von der Entwicklungsagentur ADA verwaltet. Aber weder die ADA noch das BMeiA können über die Mittelvergabe des AKF selbst entscheiden, es braucht in jedem Katastrophenfall eine Entscheidung der gesamten Bundesregierung. Dies führt, zusammen mit verspäteten Auszahlungen, zu beträchtlichen Verzögerungen. So wurden nach Angaben der „Globalen Verantwortung“, der Dachorganisation der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen, Mittel des Fonds für Sofortmaßnahmen in Haiti erst im April 2010, also drei Monate nach dem Katastrophenfall, frei gegeben.
Die Erdbebenkatastrophe in Haiti vom 12. Jänner 2010 kostete nach UN-Angaben mindestens 250.000 Menschen das Leben, verletzte über 300.000 und machte 1,2 Millionen HaitianerInnen obdachlos. Die Spenden der ÖsterreicherInnen für Haiti betrugen nach Angaben des Fundraising Verbands Austria über 34 Millionen Euro. Weit weniger kam von staatlicher Seite: Da wurden vorerst 800.000 Euro zugesagt. Ende Jänner 2010 wurde der Beitrag des Bundes um weitere 2 Mio. Euro aufgestockt. Sie haben dies auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Finanzminister Pröll verlautbart, der – im Gegensatz zur oben skizzierten Praxis - dazu meinte: „Wer schnell hilft, hilft doppelt.“
In der Anfragebeantwortung 4270/AB vom März 2010 gab Finanzminister Pröll an, etwa 527.000 Euro, also fast ein Fünftel der Haiti-Hilfe des Bundes, für Medienschaltungen zum Thema Spendenabsetzbarkeit im Zusammenhang mit dem Erdbeben in Haiti verwendet zu haben. Insgesamt betrugen die Kosten der Spendenabsetzbarkeits-Kampagne des Finanzministeriums über 3,5 Millionen Euro.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse der Evaluierung der österreichischen Humanitären Hilfe?
2. Unterstützen Sie die Empfehlungen der EvaluatorInnen? Wenn ja, wie genau sollen welche Empfehlungen Ihrer Meinung nach umgesetzt werden? Werden Sie sich für eine stärkere Koordinierungsfunktion durch das BMeiA und die ADA einsetzen?
3. Wird der Auslandskatastrophenfonds auch weiterhin fix dotiert werden? Wenn ja: Wird es künftig zu einer niedrigeren oder höheren Dotierung des Auslandskatastrophenfonds kommen? Wenn nein: Wie soll die ausreichende Finanzierung österreichischer humanitärer Maßnahmen künftig finanziell gesichert werden?
4. Wie werden die zugesagten 2,8 Millionen Euro an Bundesmitteln für Haiti finanziert (Auslandskatastrophenfonds, ADA-Budget etc.), wie hoch ist der jeweilige Anteil? Wieviel wurde bereits von welcher Stelle ausgezahlt?
5. Wie beurteilen Sie angesichts des Ausmaßes der Katastrophe den Umfang der Haiti-Hilfe der Bundesregierung, die um 700.000 Euro geringer dotiert war als die Spendenabsetzbarkeits-Kampagne von Finanzminister Pröll? Halten Sie die für jene Kampagne eingesetzten Mittel für angemessen?