6071/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.07.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Keck

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und

Wasserwirtschaft

betreffend aktuellen Eierbetrug in der Steiermark durch eine bäuerliche

Genossenschaft – Ursachen, Umfang, Konsequenzen und Lösungsvorschläge

Der Eierbetrug einer bäuerlichen Genossenschaft in der Steiermark, bei der offenbar monatelang bis zu 8 Millionen Eier aus Ungarn und Polen umgestempelt und zu österreichischen Boden- und Freilandeiern umdeklariert wurden, hat dem mühsam aufgebauten Bündnis zwischen Produzenten und Konsumenten schweren Schaden zugefügt.

Die als Genossenschaft organisierte Einzelhandelsfirma von rund 35 bäuerlichen Produzenten soll bereits seit längerem Kontrollen verweigert haben. Besonders empörend ist, dass diese ausländischen Schummeleier auch mit dem AMA- Gütesiegel versehen wurden. In diesem Zusammenhang muss generell die Kontrolle von Siegelgebern, deren beauftragten Kontrollstellen sowie insbesondere auch der hoheitlichen Verwaltung hinterfragt werden.

Bedauerlicherweise gibt es im österreichischen Vermarktungsnormengesetz keine Maßnahmen im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher, wie ein Vermarktungsverbot oder eine Rückrufverpflichtung ähnlich dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz. Diese müssen zukünftig im Sinne eines effizienten Konsumentenschutzes und eines glaubwürdigen Tierschutzes auch im Vermarktungsnormengesetz Eingang finden.

Das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher darf von betrügerisch agierenden Unternehmen in Zukunft nicht wieder missbraucht werden. Insbesondere ist das Landwirtschaftsministerium (BMLFUW) als für das Vermarktungsnormengesetz verantwortliches Ressort aufgefordert, die entsprechenden Gesetzesänderungen zur besseren Kontrolle und zum effizienteren Ausschluss von Betrügereien und Täuschungen raschest auf den Weg zu bringen.

Ein neues, strenges Gütezeichengesetz muss endlich realisiert werden, denn unsere Konsumenten werden in Zukunft keine Irreführung beziehungsweise Täuschung bei der Bezeichnung von Qualität und Herkunft von Lebensmitteln akzeptieren.

Der aktuelle oststeirische Eierskandal zeigt einmal mehr, dass die Gütezeichen- und Kontrollsysteme im Sinne der Konsumenten auf bessere gesetzliche Grundlagen gestellt werden müssen. Nicht die Produzenten sollen sich selbst kontrollieren und beurteilen, sondern unabhängige Kontrollstellen. In die Erarbeitung von Richtlinien sollen Konsumenten- und Tierschützer eingebunden werden. Bereits 2007 sind 20 Millionen Eier und jetzt womöglich 8 Millionen Eier aus dem Ausland hierzulande auf österreichische Boden- und Freilandeier umdeklariert worden. Das ist Betrug am Konsumenten! Laut Berechnungen der AK Steiermark ergibt sich ein unredlich erwirtschafteter (zusätzlicher) Gewinn von ca. 30% pro Ei.

Daher muss in Zukunft sichergestellt werden, dass ein neues Gütezeichengesetz diese Unabhängigkeit von Vergabe und Kontrolle ebenso wie eine umfassende Transparenz einheitlich für alle staatlichen Gütezeichen verbindlich festlegt. Wie der vorliegende Fall aufzeigt, muss ein künftiges Gütezeichengesetz jedenfalls auch Lebensmittel umfassen und Gütezeichen sollen vom für die Lebensmittelkennzeichnung zuständigen Gesundheitsministerium unter Einbindung von Konsumentenschützern und in Fällen von Einvernehmensmaterien in Zusammenarbeit mit dem BMFLUW bzw. dem BMWFJ verwaltet werden. So kann verlässlich dagegen vorgegangen werden, dass die kriminellen Machenschaften”- wie sie selbst vom Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski benannt wurden - einzelner Betrüger das mühsam aufgebaute positive Image der ehrlichen Bäuerinnen und Bauern zerstören.

Im Laufe der Aufklärungsarbeit der Behörden nehmen die Dimensionen dieses Betrugsfalles ungeheure Ausmaße an: durch einen florierenden "Schwarzverkauf" wurde auch der Fiskus geprellt und zusätzlich die Steuerfahndung eingeschaltet. Zu Recht fragen sich bereits Journalisten wie kann ein Eierlieferant monatelang unbemerkt importierte Eier aus dem Ausland hierzulande als österreichische verkaufen (Wiener Zeitung 07.07.2010). Bezeichnend für die mangelhafte Kontrolle, dass der Etikettenschwindel erst aufflog als sich die Mitarbeiter der Packstelle an die Polizei wandten!

Besonders betroffen machen Informationen, wonach der Gewinn aus diesen Geschäften aufgeteilt wurde: 30 Prozent flossen angeblich in die Kasse der Betriebe, 70 Prozent sollen die Bauern erhalten haben (Kleine Zeitung 06.07.2010).

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage

1.              Welche Maßnahmen haben Sie zur Verbesserung der Kontrollen gemäß Qualitätsklassen- und/oder Vermarktungsnormengesetz nach Auffliegen des Eierskandals im burgenländischen Betrieb Schlögl-Ei” (Geflügelhof Anton Schlögl Gesellschaft mbH; Anton und Maria Schlögl, Draßmarkt) im Frühjahr 2007 ergriffen?

2.              Hat der Betrieb Schlögl-Ei” in den letzten zehn Jahren (2000 bis 2009) Förderungen aus Ihrem Ressort erhalten (z.B. GAP, Sektorplanförderung, Investitionen, Tierschutz, etc.)?

Wenn ja, welche, wann, zu welchem Zweck und jeweils in welcher Höhe?

3.       Wurden vom Betrieb Schlögl-Ei” allfällig von Ihrem Haus gewährte Förderungen aufgrund der aufgeflogenen Manipulationen im 2007 und danach zurückgefordert?

Wenn ja welche und in welcher Höhe sowie wann?

Wenn nein, warum nicht?

4.         Was haben die Kontrollen Ihres Ressorts auf den Betrieben Schlögl-Ei" in den Jahren 2002, 2003, 2004, 2005 und 2006 ergeben?

5.              Welche Konsequenzen gab es und welche Auflagen/Maßnahmen/allfälligen Pönalstrafen gab es Seitens Ihres Hauses bzw. der AMA Marketing GmbH gegen diesen?

6.              Welche Förderanträge (Titel, Höhen; Status (bewilligt/abgelehnt/in Entscheidung) liegen vom Betrieb Schlögl-Ei” aktuell im Jahr 2010 vor?

7.              Wie bewerten Sie als politisch verantwortlicher Ressortleiter des BMLFUW die nichterfolgte strafrechtliche Verurteilung des Anton Schlögl für dessen öffentlich zugegebenen Umdeklarationen

a.  generell gesehen,

b.  für das Image der heimischen Eierbauern und

c.  für das Konsumentenvertrauen gegenüber dem agrarischen Urprodukt Frischei sowie den AMA-Systemen Gütesiegel” und ovum”?

8.             Welche politischen Maßnahmen haben Sie bisher gesetzt bzw. werden Sie umgehend im Lichte des aktuellen Falles von Umdeklarationen in der Ost- Steiermark” setzen, damit solche Tricksereien, die rechtlich Täuschungen bzw. Betrügereien darstellen, künftighin angelehnt an § 5 LMSVG – der hier allerdings nicht anwendbar ist - einer strafrechtlichen Verurteilung zugeführt werden können?

9.             Welche Maßnahmen können Sie bei Übertretungen/Nichtbefolgung des Vermarktungsnormengesetz gegen allfällige Schmutzfinke, Trickser, Täuscher und Betrüger im Bereich der Eier als auch der anderen agrarischen Urprodukte im Zuge der amtlichen Kontrollen setzen?

10.         Wie viele landwirtschaftliche Eierbetriebe und Eier-Packstellen wurden im Auftrag Ihres Ressorts in mittelbarer Bundesverwaltung von den zuständigen Agrarverwaltungen der Länder in Administrierung des Vermarktungsnormengesetzes in den letzten fünf Jahren (2005, 2006, 2007, 2008, 2009) jeweils kontrolliert?

Wie teilen sich diese Kontrollen auf die einzelnen Bundesländer auf?

Mit welchen Ergebnissen und welchen Sanktionen/Maßnahmensetzungen (Bitte

jeweils nach Bundesländern geordnet)?

11.         Welche Berichte und Meldungen haben Sie diesbezüglich von den einzelnen Landesregierungen in den letzten fünf Jahren erhalten (Bitte um Auflistung nach Jahren und Bundesländern sowie nach den jeweiligen Fallzahlen und Kontrollergebnissen)?

12.         Hat die nunmehrige Verländerung der ehemaligen Bundeskompetenz (Qualitätsklassengesetz) aus Ihrer Sicht eine Verschlechterung bei der Kontrollintensität und den Ergebnissen gebracht?

Wenn ja, Warum?

Wenn nein, warum nicht?


13.     Wie ist es möglich, dass trotz vorgegebener hoheitlicher Kontrollen der aktuelle Eierskandal (Goldmund Eierhandel Rohr an der Raab reg. Gen.mbH., Rohr an der Raab, Feldbach) monatelang unentdeckt bleiben konnte?

14.         Welche Maßnahmen bzw. Initiativen werden Sie setzen, damit solche Manipulationen und Betrügereien wie 2007 (Schlögl-Ei”) und aktuell (Goldmund”) nach dem Vermarktungsnormengesetz künftighin nicht nur eine Verwaltungsübertretung darstellen, sondern auch strafrechtsrelevante Bestimmungen im Vermarktungsnormengesetz aufgenommen werden und sohin der Abschreckungscharakter dieses Regelwerkes erhöht werden kann?

15.         Seit wann bezieht der Betrieb Goldmund” Förderungen aus Ihrem Haus, wofür und jeweils in welcher Höhe (Übersicht zumindest für die letzten 10 Jahre erbeten)?

16.         Hat der Betrieb Goldmund” in den letzten zehn Jahren (2000 bis 2009) Förderungen aus Ihrem Ressort erhalten (z.B. GAP, Sektorplanförderung, Investitionen, Tierschutz, etc.)?

Wenn ja, welche, wann, zu welchem Zweck und jeweils in welcher Höhe?

17.         Welche Förderanträge (Titel, Höhen; Status (bewilligt/abgelehnt/in Entscheidung) liegen vom Betrieb Goldmund aktuell im Jahr 2010 vor?

18.         Werden vom Betrieb Goldmund” allfällig von Ihrem Haus gewährte Förderungen aufgrund der aktuell aufgeflogenen Manipulationen nach Abschluss der Untersuchungen zurückgefordert werden?

Wenn ja welche und in welcher Höhe sowie wann?

Wenn nein, warum nicht?

19.    Was haben die Kontrollen Ihres Ressorts im Betrieb Goldmund” als auch auf den Betrieben der Genossenschaftsmitglieder in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 ergeben?

Welche Konsequenzen gab es jeweils und welche Auflagen/Maßnahmen/ allfälligen Pönalstrafen gab es Seitens Ihres Hauses bzw. der AMA-Marketing GmbH gegen diese?

20.     Wann und durch wen und wie wurde Ihrem Haus die aktuell in Rede stehenden Kalamitäten bei der Goldmund”-Genossenschaft bekannt?

21.         Wann und durch wen und wie hat die AMA Marketing GmbH als Vertragspartner der Goldmund” in Sachen AMA-Gütesiegel” und ovum” davon Kenntnis erlangt?

22.      Was waren die unmittelbaren Maßnahmensetzungen Ihres Ressort bzw. der AMA-Marketing seit Kenntnis der Eier-Tricksereien im Betrieb Goldmund”?

23.          Sind Ihnen andere Eierbetriebe, Packstellen oder Erzeugergemeinschaften bekannt, die in den beiden Skandalen um den Betrieb Schlögl-Ei”(2007) und Goldmund” (aktuell) bei der Durchführung der Umdeklaration der Eier (Einkauf, Verbringung nach Österreich, Lagerung, (Um)Stempelung/Beschriftung, Auslieferung, Verrechnung, etc.) involviert sind?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, werden Sie diesbezügliche Recherchen noch anstellen und gegebenenfalls diesbezüglich mit anderen Ministerien und Dienststellen (wie BMI/LKA Steiermark u.a., BMG, BMF) entsprechend kommunizieren bzw. diesen Ihre Erkenntnisse zumitteln?

Wenn nein, warum nicht?

24.    Welche Maßnahmen werden Sie setzen damit in Hinkunft Importvergehen, Umdeklarationen, Kennzeichenfälschungen, Steuer- und Abgabenvergehen noch Konsumententäuschung bei agrarischen Urprodukten – speziell aus bäuerlichen Genossenschaften á la Goldmund” – ausgeschlossen bzw. die Möglichkeit solcher Vergehen minimiert werden kann?