6090/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.07.2010
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pilz, Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser und andere Ex-Minister der ÖVP

 

 

Der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist mittlerweile in zahlreiche Strafsachen verwickelt. Mit jedem Verfahren und jeder Untersuchung wird deutlicher, dass Grasser als Finanzminister unter Bundeskanzler Schüssel die Schlüsselperson in einer systematischen Plünderung des Vermögens der Republik war. Von BUWOG bis Eurofighter hat sich gezeigt, dass im System Schüssel-Haider-Grasser die New Economy eine Friends Economy zum Schaden Österreichs war.

 

Schon während der Ministerschaft von Mag. Grasser lagen der Staatsanwaltschaft von Seiten der Finanzstrafbehörden und sonstiger Anzeiger zahlreiche Sachverhalte, die in „Normalfällen“ zu konsequenten Ermittlungen geführt hätten, vor. Mag. Grasser war der erste Minister, bei dem die Staatsanwaltschaft nicht die Interessen des Rechtsstaats, sondern die des Beschuldigten vertrat. Das äußerte sich in

 

 

Seit damals sind mehrere Mitglieder der Schüssel-Regierungen in den Genuss der bevorzugten Behandlung durch Wiener Staatsanwälte gekommen. Mit jedem dieser Verfahren ist das öffentliche Vertrauen in die Unabhängigkeit der Strafjustiz weiter gesunken.

 

Auch für die Verfahren, die von Staatsanwälten gegen Grasser und seine Freunde begonnen wurden, gilt, dass es für außenstehende Beobachter immer weniger nachvollziehbar ist, weshalb trotz der Dichte der Vorwürfe und Verdachtsmomente bis dato offenbar weder Einvernahmen des Beschuldigten Grasser noch weitergehende Ermittlungsschritte gegen ihn stattgefunden haben.


So haben die Medien etwa in den vergangenen Monaten folgende hinterfragenswerte Sachverhalte aufgezeigt:

 

  1. BUWOG Verkauf

 

 

  1. Hypo Alpe Adria

 


 

  1. Intervention für Novomatic

 

·         Im Jahr 2006 bezahlte der Novomatic Konzern Meischberger für Lobbying mit dem Ziel einer Lockerung des Glücksspielmonopols im Internet. In engem zeitlichen Zusammenhang entwarf das Finanzministerium unter Karl-Heinz Grasser einen Abänderungsantrag zum Budgetbegleitgesetz, der genau diese Änderung vorsah, und der nicht einmal parteiintern akkordiert war. Diesbezüglich wurde im Mai 2010 eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes der Bestechung übermittelt. (Standard, 11.5.2010 uvm.) 

 

  1. Sonstiges

 

·         Auch für die Privatisierung der Post AG sowie für die Telekom AG – beides im Zuständigkeitsbereich des Finanzministers – sind Grassers Vertrauten Hochegger und Meischberger beratend tätig geworden und haben hohe Provisionen verrechnet (Profil, 17.4.2010)

·         Hochegger soll diesbezüglich ein ganzes System der Abrechnung von Provisionen für Geschäfte mit FP-geführten Ministerien erstellt haben, wobei die Gelder über Liechtentsteiner Briefkastengesellschaften zur Verteilung an Grasser und seine Vertrauten kommen hätten sollen (Profil, 17.4.2010).

·         Bezüglich einer möglichen Weitergabe des Nationalbank Prüfberichtes zur BAWAG an die Medien wurde aufgrund codierter Ausgaben des Berichts ermittelt, dass das veröffentlichte Exemplar mit jenem von Grasser übereinstimmte. (Kleine Zeitung, 18.6.2008)

 

 

All diesen Vorfällen ist gemeinsam, dass trotz jahrelanger Ermittlungen einschließlich weitreichender Maßnahmen wie etwa Kontenöffnungen und Telefonüberwachungen aber auch stundenlangen Einvernahmen der Mitbeschuldigten, einer Person bisher derartiges erspart geblieben ist: dem früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser.


So wurde etwa im Fall der abgesprochenen Erstellung eines Fragenkatalogs in Zusammenhang mit BAWAG dieser nicht durch einen Polizisten, Staatsanwalt oder Richter einvernommen, sondern es wurde ihm Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme gegeben.

 

In anderen Verfahren ist es noch nicht einmal zu einer solchen gekommen, obwohl freilich Grasser und sein Verteidiger medial mit ihrer eigenen Darstellung der Geschehnisse höchst präsent sind.

 

 

Die zögerliche Bearbeitung des Systems Grasser durch die zuständigen Staatsanwaltschaften ist dabei freilich kein Einzelfall:

 

 

 

Die Fälle „Grasser“, „Strasser“ und „Platter“ zeigen damit eines: Ex-Minister der ÖVP genießen einen Sonderschutz vor der gerichtlichen Strafverfolgung. Alle anderen sind vor dem Gesetz gleich.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Wurde Karl-Heinz Grasser mittlerweile als Beschuldigter in den oben genannten Verfahren einvernommen?
  2. Falls nein: Wurde ihm eine schriftliche Stellungnahme aufgetragen?
  3. Falls nein: Wann ist mit einer Einvernahme zu rechnen?
  4. Aus welchem Grund werden alle Beschuldigten mit Ausnahme Grassers einvernommen?
  5. Wurden Konten von Grasser im Zuge der oben genannten Verfahren geöffnet?
  6. Wurden bei Grasser Hausdurchsuchungen vorgenommen?
  7. Wurden Telefonanschlüsse, die Grasser zugeordnet werden können, überwacht?
  8. Wurde ermittelt, ob Grasser über das Firmennetzwerk mit Hochegger, Meischberger und Plech Anteile von Provisionszahlungen erhalten hat, die bei Geschäften in seiner Zeit als Finanzminister entstanden sind?

  1. Wurde Günter Platter inzwischen im Zogaj-Verfahren als Beschuldigter einvernommen?
  2. Warum ist Ernst Strasser im e-mail-Verfahren nicht als Beschuldigter einvernommen worden?
  3. Warum werden Ex-Minister von der Strafjustiz systematisch anders behandelt als Personen, die weder einem Kabinett „Schüssel“ noch der ÖVP angehört haben?
  4. Welche Teile des Strafgesetzbuches bzw. der Strafprozessordnung gelten auch für Grasser, Strasser und Platter?