6092/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.07.2010
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend FSB-Resident in Wien

 

 

Die russische Auslandsaufklärung SWR unterhält an allen Botschaften Residenturen. Ihr Resident hält Kontakt mit den höchsten Beamten des BMI und, wenn es nötig ist, gemeinsam mit dem Botschafter mit dem Innenminister.

 

Nach dem Beginn des Tschetschenienkriegs wurden unter dem Titel „Terrorismusbekämpfung“ Residenten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB an erste EU-Botschaften geschickt. Ihre ausschließliche Aufgabe war und ist die Überwachung der tschetschenischen Flüchtlinge und der emigrierten Opposition und: Aktionen.

 

Bis 2004 wurde Wien von den FSB-Residenten in Berlin und Köln betreut. 2004 begannen die Vorbereitungen zum Aufbau einer FSB-Residentur in Wien. Am 6.10.2005 erhielt Wien den ersten FSB-Residenten. Von Anfang an arbeiteten FSB und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung BVT eng zusammen.

 

Dazu wurde im Rahmen des Terrorismusreferats des BVT eine „SOKO Tschetschenen“ aufgebaut. Die SOKO wurde dem Terrorismus-Referat unterstellt. Damit wurde dieselbe Regelung wie im FSB getroffen: Die tschetschenischen Flüchtlinge in Österreich werden unter dem Gesichtspunkt der Terrorismusbekämpfung behandelt.

 

Geplant war, zur Zusammenarbeit dem FSB-Residenten für ihn ein eigenes Büro im BVT einzurichten. Dazu ist es nach eindrücklichen Warnungen aus verschiedenen Bereichen nicht gekommen. Ab 2005 baute der FSB-Resident ein System von V-Leuten mit Schwerpunkten in Traiskirchen und Döbriach auf. Im BVT liegt die Liste von mehr als 150 identifizierten FSB-Mitarbeitern auf.

 

Said-Selim Peshkhoev, selbst ein Tschetschene, ist an der russischen Botschaft als FSB-Resident tätig. Er ist damit hinter dem SWR-Residenten der zweitwichtigste Mann der Botschaft. Sein Spezialgebiet heißt „Tschetschenen“. Im Mittelpunkt der Tschetschenenarbeit des FSB steht in der EU die „Rückführung“ tschetschenischer Flüchtlinge.

 

Seit 2005 arbeitet er eng mit den zuständigen Beamten des BVT zusammen. Offiziell führte Peshkhoev 14 Tage, inoffiziell drei Monate „Schulungsmaßnahmen“ durch. Beamte des BVT weisen darauf hin, dass der FSB „Akteneinsicht“ erhalten habe.

Peshkhoev hat eine einschlägige Laufbahn hinter sich. Im FSB diente er als Major, später als Oberst. Am 26. November 2001 wurde Peshkhoev Leiter der Polizei in Tschetschenien und damit Leiter der Tschetschenien-Abteilung des russischen Innenministeriums. Bald darauf wurde er zum Innenminister von Tschetschenien ernannt.

 

In dieser Funktion führte er erfolgreich einen Plan des FSB durch: „Final Measures for return of IDP´s from Ingushetia to Chechnya“ (IDP=internally displaced persons). Später wurde er „Deputy presidential envoy to the Southern Federal District”.

2004 wurde Peshkhoev als Favorit der Moskauer Regierung für das Präsidentenamt in Tschetschenien gehandelt. Als Hinderungsgrund wird berichtet, dass er sich gegen die Aufnahme ehemaliger Widerstandskämpfer in die russisch-tschetschenischen Truppen und in die Polizei ausgesprochen habe.

 

Im Oktober 2005 ging Peshkhoev in den Westen. Am 6. Oktober 2005 wurde er als FSB-Resident Botschaftsrat an der Botschaft der Russischen Föderation in Wien. Seitdem sitzt er in der Wiener Reisnerstraße, pflegt die Kontakte mit dem Innenministerium und kümmert sich um die Tschetschenen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1)    Wann wurde das Außenministerium erstmals über den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen russischem FSB und österreichischem Innenministerium, welcher im Oktober 2005 mit der Errichtung einer Residentur gipfelte, informiert?

2)    War das Außenministerium in die entsprechenden Verhandlungen eingebunden?

3)    Ist Ihnen der Kooperationsvertrag zwischen österreichischem Innenministerium und russischem FSB bekannt?

4)    Für welche Funktion ist Said-Selim Peshkhoev in der Botschaft der russischen Föderation beim österreichischen Außenministerium akkreditiert?

5)    Seit wann übt er diese Funktion aus?

6)    Wurde in diesem Zusammenhang durch das Außenministerium eine Prüfung seiner bisherigen Tätigkeitsfelder, unter anderem als Polizeichef und Innenminister in Tschetschenien durchgeführt?

7)    Wann haben Sie erfahren, dass Said-Selim Peshkhoev als FSB Resident in Wien agiert?

8)    Wann haben Sie erfahren, dass Said-Selim Peshkhoev als FSB Resident mit dem österreichischen Innenministerium und insbesondere dem BVT kooperiert?

9)    Wie viele Mitarbeiter des FSB sind derzeit in Österreich aktiv?

10) Wie viele dieser Mitarbeiter genießen diplomatische Immunität?