6097/J XXIV. GP
Eingelangt am 09.07.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Tiefseebohrungen der OMV
Die seit mehr als zwei Monaten andauernde Ölkatastrophe im Golf von Mexico hat elf Menschen das Leben gekostet, zehntausende Beschäftigte in Fischerei und Tourismus ihrer Lebensgrundlage beraubt und eine beispiellose Umweltzerstörung verursacht. Sechzehn Millionen Liter Öl fließen täglich aus dem Bohrloch in 1.500 Meter Tiefe ins Meer, ein Ende der Katastrophe ist nicht absehbar. Es wird Jahrzehnte dauern bis sich das Ökosystem des Meeres und die betroffenen Küstengebiete erholen können – wenn überhaupt. Vor dem Hintergrund dieser wahrscheinlich größten Umweltkatastrophe der Geschichte werden Tiefseebohrungen jetzt grundsätzlich in Frage gestellt, nicht nur von Umweltorganisationen und den Grünen sondern auch von Experten bzw. Vertretern der Ölkonzerne:
„Unglücke wie das im Golf von Mexiko zeigen, dass wir die Sache nicht im Griff haben. (…) Das sind die Folgen der Anwendung von Techniken, die man nicht beherrscht.“. (Wolfgang Blendiger, Professor für Erdölgeologie, fokus.de, 20.5.2010)
„Die Bedingungen ähneln eher der Arbeit auf dem Mond als auf der Erde. Das Risiko wurde unterschätzt. Man dachte es sei minimal, obwohl es in Wahrheit maximal ist.“ (Robert Bea, Professor für Marine-Technolgie, Berkeley, Stern.de, 4. Juni 2010)
„Ich glaube, über Tiefseebohrungen muss
nach diesem Fall neu nachgedacht werden.“
(Lamar McKay, BP-Chef USA, BR-online, 16.6.2010)
Auch die österreichische OMV ist im Bereich „Deep-Offshore“ aktiv und investiert weltweit beträchtliche Summen in den Ausbau dieses Geschäftsfelds. Allein in Nord- und Westeuropa fördert die OMV in der Tiefsee der Barentsee, der Nordsee, im Gebiet der Faröer Inseln und in den als besonders gefährlich geltendem Gebiet westlich der Shetland Inseln. Dazu kommen Offshore-Lizenzen in Nordafrika, im Mittleren Osten, Australien/Neuseeland und Russland/ Kaspische Region. Wenige Wochen vor dem Unfall im Golf von Mexiko kündigte der damalige OMV-Explorationschef Helmut Langanger in einem Kurier-Interview an, dass zwei Drittel Ihrer Investitionen in die Tiefsee-Feldentwicklung fließen werden (KURIER 14.3.2010). Er hielt dort fest: „Der Trend geht bei uns – so wie bei allen internationalen Konzernen – in Richtung Tiefsee. […] Wir bohren dort in Tiefen bis zu 2500 Meter.“
Die Republik Österreich ist - über die von der ÖIAG gehaltenen OMV-Anteile (31,5% des Aktienbesitzes) – an diesen Tiefseebohrungen beteiligt. Auch die Bundesregierung trägt daher Verantwortung. Verantwortung für den Einsatz einer Technologie, die nachweislich nicht beherrschbar ist. Verantwortung für das Risiko verheerender Unfälle.
Die Grünen treten seit langem für eine konsequente Strategie „raus aus Öl“ ein. Nur so lassen sich Unfälle wie der im Golf von Mexiko und die Unzähligen davor wirklich und auf Dauer vermeiden. Nur so wird die Klimaerwärmung auf ein für den Menschen verträgliches Maß begrenzt werden können. Sie als Umweltminister stehen in der besonderen Verantwortung, diesen Weg für Österreich zu forcieren.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
Umweltgefahren der Ölförderung in der Tiefsee
1) Wie stehen Sie als Umweltminister dazu, dass sich die Republik Österreich an der Suche nach und der Förderung von Öl aus der Tiefsee beteiligt? Halten Sie dies für verantwortungsvoll?
2) Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass eine schwere Ölkatastrophe an einer OMV-Förderstation bzw. ein Unglück mit aus dem Meeresgrund austretendem Öl an Förderstellen mit Beteiligung der OMV ereignet? Worauf gründet Ihre Einschätzung?
Ölkatastrophen vermeiden
3) Werden Sie sich als Umweltminister dafür einsetzen, dass die OMV ihre Öl-Explorationen in der Tiefsee (unterhalb einer Meerestiefe von 200 Metern) einstellt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Schritte werden Sie konkret unternehmen?
4) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die OMV ihre Suche nach und die Förderung aus Erdölvorkommen in ökologisch sensiblen Gebieten beendet? Wenn nein, warum nicht?
5) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die OMV künftig auch andere Fördermethoden ausschließt, die unverantwortlich hohe Risiken oder Umweltzerstörungen nach sich ziehen wie z.B. die Förderung von Ölsanden und Ölschiefer? Wenn nein, warum nicht?
6) Werden Sie als Konsequenz aus der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zusätzliche Maßnahmen setzen, um die dringend notwendige Abkehr unserer Wirtschaft von der Abhängigkeit vom Öl voranzutreiben? Wenn ja, welche Maßnahmen aus Ihrem Ressort sind das im Einzelnen? Wenn nein, warum nicht?
7) Werden Sie sich beim nächsten Ministertreffen der Mitglieder der OSPAR-Konvention zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks, das im September in Norwegen stattfinden wird dafür einsetzen, dass diese Konvention eine entscheidende Rolle in der europäischen maritimen Strategie spielen wird? Werden Sie sich im Besonderen dafür einsetzen, dass das in diesem Zusammenhang geplante „Bergen Statement 2010“ klare Aussagen zu aktuellen und steigenden Sicherheitsrisiken im Zusammenhang mit Offshore Öl- und Gasexploration in der Nordsee und darüber hinaus enthalten wird? Wenn nein, warum nicht?
8) Werden Sie sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die derzeit zu novellierende EU Haftungs-Richtlinie auch auf Offshore Öl- und Gasexploration ausgeweitet wird? Wenn nein, warum nicht?
9) Werden Sie sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) im Rahmen der aktuellen Überarbeitung der entsprechenden Richtlinie für die Aufgaben der Sicherheitsinspektionen von Offshore Plattformen und für die Beseitigung von Ölverschmutzungen ausgeweitet wird? Wenn nein, warum nicht?
Umweltschäden beheben
10) Werden Sie sich als Umweltminister dafür einsetzen, dass die OMV im Falle eines Unfalls gemäß dem Verursacherprinzip – unabhängig von national unterschiedlichen Haftungsobergrenzen – voll für entstehende Umweltschäden aufkommt und somit die volle Verantwortung für ihr Handeln übernimmt? Wenn nein, warum nicht?