6355/J XXIV. GP
Eingelangt am 09.09.2010
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A N F R A G E
des Abgeordneten Scheibner
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend der Spendengelder für Haiti
In Haiti sind mit dem Erdbeben nicht nur die Häuser zusammengefallen, sondern auch die staatliche Ordnung ist kollabiert. Die Regierung verlangt von den internationalen Helfern mehr Budgethilfe - aber Geld will keiner einer Regierung geben, die es eigentlich nicht mehr gibt. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass in Haiti nach einer Katastrophe Geld versickert. Nach den letzten Wirbelstürmen in Haiti hatte es 192 Millionen Dollar gegeben. Davon sollte die Hälfte für die Anschaffung schwerer Geräte verwendet werden. Da es keine Ausschreibungen gab, ist der größte Teil versickert. Jetzt, wo dringend baufällige Gebäude eingerissen und Schuttberge abgetragen werden müssen, gibt es viel zu wenige Bulldozer. Die andere Hälfte der Hilfsgelder soll Präsident Préval mit Blick auf die ursprünglich geplanten Wahlen auf die Wahlkreise verteilt haben.
Den Großteil der von den Regierungen versprochenen Spenden, erreichten Haiti nicht. Von den angekündigten 5,3 Milliarden US Dollar erreichten 2 Prozent die Vereinten Nationen. Lediglich Brasilien, Norwegen, Estland und Australien haben den vollen Betrag bereits gezahlt. Die USA und Venezuela versprachen jeweils über eine Milliarde US Dollar, haben Haiti allerdings bis jetzt noch nichts zukommen lassen. Nun will Bill Clinton Druck auf die Regierungen machen. Insgesamt wurden 506 Millionen US Dollar ausbezahlt, das sind lediglich 9 Prozent des versprochenen Betrages.
1,6 Millionen Menschen leben nach wie vor unter erbärmlichen Verhältnissen in provisorischen Zeltstädten. Schuld daran geben Hilfsorganisationen und manche Geberländer Haitis Regierung, andere kritisieren allerdings auch die internationalen Komitees. Hunderte NGO´s arbeiten teilweise nicht koordiniert, manchmal führen sie auch noch einen Kampf um die besten Medienauftritte.
Schon kurz nach dem Beben, bei dem über 200.000 Menschen starben und durch das 1,6 Millionen Menschen obdachlos geworden sind, wurden von UNO, Regierung und NGO´s so genannte Cluster gegründet. Die sollten eigentlich Pläne für den Wiederaufbau der Häuser oder der Gesundheitsinfrastruktur entwickeln. Bisher mit mäßigem Erfolg - noch immer wird beispielsweise debattiert, ob Neubauten eher aus Holz oder Beton sein sollen und ob man größere Gebäude bauen oder die Hauptstadt Port-au-Prince flächenmäßig ausdehnen soll.
Viele Bewohner sehen sich in diesen Kommissionen zu wenig vertreten. Auch die britische NGO ActionAid kritisiert, dass nur die Wünsche der Geberländer berücksichtigt werden. Die Regierung selbst sei noch immer gelähmt und desorganisiert. Auch die UNO hat Probleme: Im Juli wurde Bernard Ouellette, Oberbefehlshaber der UN-Mission Minustah, abgesetzt, da es ihm nicht gelungen sei, die Moral der Soldaten zu heben.
Das Überdenken der Strukturen der Katastrophenhilfe ist mehr als notwendig geworden. Auch das Beispiel Pakistan zeigt, dass die Skepsis der Bevölkerung über die effiziente Verwendung der Spendengelder steigt und als Folge die Spendenbereitschaft sinkt.
In
diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den
Herrn Bundesminister für europäische und internationale
Angelegenheiten nachstehende
A n f r a g e:
· Wie hoch war das gesamte Spendenaufkommen für Haiti?
· Werden die gesamten Organisationen, die für Haiti Spendengelder sammeln wie: Österreichisches Rotes Kreuz, Caritas-Spendenkonto, CARE, Entwicklungshilfeklub, Hilfswerk Austria International, Diakonie Katastrophenhilfe, Malteser Hospitaldienst Austria, Missio, UNICEF Österreich, Arbeiter-Samariter-Bund Österreich, ORF Nachbar in Not, SOS Kinderdorf, World Vision Österreich, Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig., Licht für die Welt, Ärzte ohne Grenzen, von einer zentralen Stelle projektorientiert koordiniert?
· Wenn ja:
o Von welcher Koordinierungsstelle aus und wie setzt sich die Projektevaluierung zusammen?
o Warum kann es dann passieren, dass die Stadt Wien 250.000 Euro an den Arbeitersamariterbund spendete, der aber erst ein Team losschicken musste, um heraus zu finden, wie man das Geld ausgeben könnte?
· USA und Venezuela versprachen jeweils über eine Milliarde US Dollar zu spenden, haben Haiti allerdings bis jetzt noch nichts zukommen lassen. Warum erreicht ein Großteil der von den Regierungen versprochenen Spenden Haiti nicht?
Wien, am 01. September 2010