6363/J XXIV. GP

Eingelangt am 14.09.2010
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

 

betreffend vermutete Kartellabsprachen

 

 

Am 15. Mai 2009 veröffentlichte die ungarische Wettbewerbsbehörde (GVH) den Beginn kartellrechtlicher Untersuchungen: Es lag – und liegt immer noch – der Verdacht vor, dass mehrere – am ungarischen Zuckermarkt beteiligte – Unternehmen gegen das Kartellrecht verstoßen haben. Die Untersuchungen begannen mit frühmorgendlichen Razzien in den Büro’s und Verwaltungsräumen dieser Unternehmen, zu denen auch die ungarische Filiale der Agrana Beteiligungs-AG (Agrana Magyarország Értékesítési Kft., Budapest) gehört. Der Verdacht bezieht sich auf mögliche Preisabsprachen und Mengenzuteilungen mit dem Ziel, die Marktanteile der beteiligten Unternehmen abzusichern und die Preise zu beeinflussen. Die Untersuchungen der ungarischen Kartellbehörde sind im Laufen.

 

Es wird vermutet, dass die Agrana Beteiligungs-AG auch in Österreich, Slowakei und Tschechien mit einer Verkaufspolitik vorgeht, die mit ähnlichen Praktiken wie in Ungarn gegen das Kartellrecht verstößt. Konkret sind diese Verkaufspraktiken in einem öffentlichen Gerichtsverfahren (Aktenzeichen: 21 Cga 97/08 z) im Herbst 2008 am Arbeits- und Sozialgericht in Wien dargelegt worden.

 

Die Agrana Beteiligungs-AG ist eine international operierende Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Wien. Zentraler Geschäftsbereich der Agrana Beteiligungs-AG ist die Produktion von Nahrungsmitteln und Bioethanol aus Agrarrohstoffen.
Die Gesellschaft unterhält u.a. Zuckerproduktionsstätten in Österreich, in der Tschechischen Republik, Slowakei, Ungarn, Bosnien & Herzegowina, Rumänien  sowie in Bulgarien und vermarktet in diesen Ländern Zucker. Anteilseigner der Agrana Beteiligungs-AG ist zu 37,75% die Südzucker AG (größter Zuckerproduzent in Europa) mit Sitz in Mannheim, Deutschland. In Österreich hat Agrana Beteiligungs-AG als Zuckerproduzent eine de facto Monopolstellung und vertreibt die Marke ‚Wiener Zucker‘. Die im Rahmen der jüngst reformierten EU- Zuckermarktordnung an Österreich vergebene, jährliche Zuckerproduktionsquote beträgt aktuell ca. 351.000t. Der Referenzpreis für Zucker im Rahmen derselben Marktordnung für das Jahr 2010 ist mit 406 Euro/t (bzw. 0,41 Eurocent/kg) Zucker festgelegt.

Zucker ist als hochwertiges Grundnahrungsmittel Bestandteil des täglichen Lebensmittelbedarfs, sei es als Zusatz in fertiggestellten Nahrungsmitteln (Pizza, Wurst, Schokolade, Getränke, Milchprodukte, Backwaren usw.) oder im Direktverbrauch zur Süßung von beispielsweise Kaffee, Tee bzw. anderer in Haushalten hergestellter Speisen oder Getränken. Der Zuckerpreis ist zudem auch für alternative Süßstoffe ein so genannter Eckpreis. Der Zuckerpreis beeinflusst Lebensmittel und Genussmittelpreise daher massiv.

 

Es ist davon auszugehen, dass im Falle wettbewerbswidriger Preisabsprachen die EndverbraucherInnen durch überhöhte Preise geschädigt sind. Es wäre überdies abzuklären, ob und inwieweit EU - Subventionen durch die skizzierte Preisgestaltung bezogen werden.  

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Sind diese oben genannten Informationen bereits an die österreichischen Kartellbehörden (Bundeswettbewerbsbehörde, Bundeswettbewerbs-kommission,  Bundeskartellanwalt, Kartellgericht) angetragen worden? Wenn ja, wann und von wem?

 

  1. Seit wann befassen sich die österreichischen Kartellbehörden mit diesen Informationen und welche Behörden sind im Einzelnen beteiligt?

 

  1. Welche Schritte wurden und werden im Einzelnen seitens der österreichischen Kartellbehörden unternommen?

 

  1. Ist bereits eine Untersuchung seitens der österreichischen Kartellbehörden eingeleitet und wann ist mit einem Abschluss der Verfahrens zu rechnen? Wenn nein: Wann ist die Eröffnung eines förmlichen Verfahrens geplant?

  2. Liegt Ihnen oder den Kartellbehörden eine diesbezügliche Stellungnahme oder Selbstanzeige der Agrana Beteiligungs-AG vor?

 

  1. Wie hoch schätzen Sie unter der Annahme, dass die Agrana Beteiligungs-AG diese Praktiken bereits seit mehreren Jahren betreibt, den Schaden für die österreichischen VerbraucherInnen ein?

 

  1. Kooperieren die österreichischen Behörden in diesem Fall mit Kartellbehörden anderer Länder (z.B. mit der ungarischen Kartellbehörde) bzw. auch mit der europäischen Kartellaufsicht in Brüssel? Wenn ja, mit welchen Behörden findet diese Zusammenarbeit statt?