6368/J XXIV. GP
Eingelangt am 16.09.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ing. Mag. Kuzdas
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend der „künftigen verantwortungsvollen Veranlagung von öffentlichen
Geldern des Landes Niederösterreich“
Die Land Niederösterreich Finanz- und Beteiligungsmanagement GmbH, (i. d. F. kurz FIBEG genannt) ist jene Gesellschaft, deren Organe zur Veranlagung der Erlöse aus dem Verkauf der niederösterreichischen Wohnbauförderungsdarlehen bzw. von Pri- vatisierungserlösen berechtigt und verpflichtet waren.
Im Juni 2001 beschloss der Niederösterreichische Landtag auf der Grundlage von Vorlagen der Niederösterreichischen Landesregierung die Verwertung von Wohn- bauförderungsdarlehen. Dieser Landtagsbeschluss legte nicht nur die grundsätzliche Vorgangsweise bei der Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen, sondern auch die Art der dem Land zukommenden Verwertungserlöse fest.
Dazu führte der Beschluss aus, der Verwertungserlös des Landes habe einer „Spe- zialgesellschaft“ im Wege der Zeichnung obligationenähnlicher Genussrechte zuzu- fließen. Diese hatte demnach die Mittel in Veranlagungsinstrumente von hervorra- gender bis guter Finanzkraft, im Rahmen eines aktiv verwalteten Portfolios, zu veran- lagen.
In Umsetzung des erwähnten Beschlusses veranlagte das Land Niederösterreich die Nettoverwertungserlöse bei der Land Niederösterreich Vermögensverwaltung GmbH & Co OG (in der Folge kurz: „Vermögensverwaltung OG“). Deren Gesellschafter sind die FIBEG und die HBV Beteiligungs-GmbH, eine Tochter der HYPO Investmentbank AG. Gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Vermögensverwaltung OG.
Die FIBEG ist die alleinige ergebnis- und vermögensberechtigte Gesellschafterin. Die FIBEG nahm auch das gesamte Veranlagungsmanagement wahr.
Mit Beschluss des Niederösterreichischen Landtages vom Juli 2003 wurde der Erlös aus einer sonderbegünstigten Rückkaufsaktion der Wohnbauförderungsdarlehen, mit Beschluss vom Dezember 2004 der Erlös aus dem Verkauf von Beteiligungen des Landes Niederösterreich an die im Alleineigentum des Landes stehende NÖ Lan- desholding und mit Beschluss vom Jänner 2007 der Erlös aus der Verwertung einer zweiten Tranche von Wohnbauförderungsdarlehen auf die selbe Weise veranlagt.
Auf der Grundlage der oben angeführten vier Beschlüsse des Niederösterreichischen Landtages kamen insgesamt EUR 4.387.300.000,00 im Wege der Vermögensver- waltung OG und der FIBEG zur Veranlagung.
Mit einstimmigem Beschluss des Niederösterreichischen Landtages vom 2. Oktober 2008, der auf Drängen der Sozialdemokratie und Niederösterreich zustande gekommen ist, wurde der Rechnungshof ersucht, das Veranlagungsmanagement der Erlöse aus der Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen und dem Verkauf der Beteiligungen des Landes Niederösterreich zu überprüfen.
Der Rechnungshof stellt in seinem Bericht Reihe NIEDERÖSTERREICH 2010/5 fest, dass die Gestion der Landesmittel durch die FIBEG im prüfungsrelevanten Zeitraum zunächst intransparent und zum Nachteil des Landes Niederösterreich war. Die den Beschlüssen des Niederösterreichischen Landtages zugrunde liegende Veranlagung geht von einer Strategie aus, die einen Assetmix von 60% Anleihen und 40% Aktien vorsah (siehe etwa Punkt 22.4 des Berichtes des Rechnungshofes, Seite 58). Dieser verpflichtend einzuhaltende, vom Beirat und vom Aufsichtsrat der FIBEG zwingend vorgegebene Assetmix folgt aber auch aus zahlreichen anderen Unterlagen und Dokumenten (etwa einer Eigenpräsentation des Landes Niederösterreich mit dem Thema „Transaktion WBFD, Land NÖ Verwertung/Veranlagung“ [datierend mit St. Pölten, November, 2002], wo auf Seite 5 dieser Unterlage auf entsprechende Beschlüsse des Beirates und Aufsichtsrates vom 25. Jänner 2001 verwiesen wird, die „Veranlagungen in 40 % Aktien und 60 % Anleihen vorsehen“).
Entgegen dieser verbindlichen Vorgabe des Beirates und des Aufsichtsrates der FI- BEG wählten deren verantwortlichen Organe aber eine Veranlagungsstrategie, die einen für die öffentliche Hand als ungewöhnlich hoch einzustufenden Anteil alternativer Investments vorsah (siehe Bericht des Rechnungshofes, Punkt 22.2, Seite 56, 57). Ein Großteil dieser alternativen Investments bestand in sogenannten strukturierten Produkten, die Finanzinnovationen darstellen. Daher waren sie im Zeitpunkt der Übernahme in das Portefeuille des Landes Niederösterreich nicht ausreichend lange am Markt, um hinsichtlich ihrer Performance getestet zu sein. Dies gilt insbesondere für die Performance derartiger alternativer Investmentprodukte zu Zeiten negativer Marktentwicklung. Bereits Ende des Jahres 2006 betrug der Anteil alternativer In- vestments am Portefeuille des Landes Niederösterreich 38% (siehe Punkt 22.1, Seite 56 des Berichtes des Rechnungshofes).
Im Gegensatz zu der im dargestellten Sinn von Beirat und Aufsichtsrat beschlossenen Veranlagungsstrategie (die auch von dem Land Niederösterreich gegenüber Dritten, insbesondere Medien, so kommuniziert wurde) wählte die FIBEG eine Veran- lagungsstrategie mit einem nicht linearen Risikoprofil mit besonderen Gefahrenmo- menten (siehe Punkt 22.4, Seite 58 des Berichtes des Rechnungshofes).
Im Zeitpunkt der akuten Liquiditätskrise auf den Finanzmärkten - im September 2008 - verblieb die FIBEG in den treuewidrigen Veranlagungen. Ihr war zu diesem Zeitpunkt längst bekannt, dass ein Verbleib in diesen Veranlagungen zu weiteren massiven Vermögensschäden führt. In diesem Zusammenhang wird auf eine von den Ab- geordneten zum Nationalrat Anton Heinzl und Hubert Kuzdas bei der Staatsanwalt- schaft Wien eingebrachte Sachverhaltsdarstellung (siehe Anhang) hingewiesen. Diese verspätete Reaktion seitens der Organe der FIBEG ergab - gemäß Bericht des Rechnungshofes - einen Betrag von etwa EUR 50 Millionen (fünfzig Millionen Euro) an zusätzlichem Verlust im Portefeuille des Landes Niederösterreich (siehe Punkt 23.2, Seite 59 des Berichtes des Rechnungshofes).
Vor allem aber resultierte die von der FIBEG gewählte Strategie der Veranlagung in strukturierte Produkte in einem teilweise illiquiden Portefeuille. Diese Assets konnten nicht mehr verkauft werden. Ende des Jahres 2008 verfügte das von FIBEG veranlagte Portefeuille bereits über illiquide Assets, im Ausmaß von 22% des Gesamtportefeuilles.
Der Rechnungshof hat im Zusammenhang mit der Prüfung des Veranlagungsmana- gements des Landes Niederösterreich hinsichtlich der Erlöse aus der Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen und dem Verkauf der Beteiligungen zahlreiche Emp- fehlungen abgegeben, um künftige Veranlagungsverluste hintan zu halten.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen nachstehende
Anfrage:
1. Wie beurteilen Sie als Finanzminister die verantwortungslosen Spekulationen mit hart erarbeiteten Steuergeldern der Niederösterreichschen Bevölkerung?
2. Welche Zielsetzungen verfolgt das Finanzministerium, um in Zukunft Machen- schaften der beschriebenen Art auszuschließen?
3. Unterstützen Sie gesetzliche Regelungen zur Erstellung eines Notfallplans zur schnellen Reaktion auf gefährliche Marktentwicklungen, wodurch bei Bedarf un- verzüglich taktische Maßnahmen zur Verlustbegrenzung eingeleitet werden kön- nen, geben?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
4. Unterstützen Sie gesetzliche Regelungen, um den ursprünglichen mit den Darle- hensverwertungen und den Beteiligungsverkäufen verfolgten Zweck sicherzustel- len?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
5. Unterstützen Sie Regelungen, die sicherstellen, dass eine eigene Assetklasse „Alternative Investments“ eingeführt und auch in der Berichterstattung an Beirat und Aufsichtsrat entsprechend dargestellt wird?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
6. Unterstützen Sie Regelungen, damit die Zielvorgaben für Veranlagungen regel- mäßig überprüft und an geänderte Rahmenbedingungen angepasst sowie realis- tische marktkonforme Performanceziele und Risikolimits vorgegeben werden?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
7. Unterstützen Sie Regelungen, die der Stabilität der Anlagen, der Werterhaltung des Vermögens und der Risikominimierung höhere Bedeutung einzuräumen?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
8. Unterstützen Sie Regelungen hinsichtlich einer erweiterten Berichterstattung an die Landesregierung bis hin zum Landtag geben, wobei in den Berichten sowohl die internen Entscheidungsprozesse als auch die Performance der Veranlagungen darzustellen wären?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
9. Unterstützen Sie Regelungen, damit bei Veranlagungen keine vermeidbaren Ri- siken insbesondere zur Erzielung zusätzlicher Erträge eingegangen werden, wobei aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten insbesondere auf die Optimierung der Risiko-Ertragsverhältnisse zu achten wäre?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
10. Unterstützen Sie Regelungen, um eine übermäßige Konzentration von Mandaten bei einem einzigen Manager im Sinne einer größtmöglichen Diversifizierung zu vermeiden?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
11. Unterstützen Sie Regelungen, um die Kosten der Vermögensverwaltung begleitend zu überwachen?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
12. Unterstützen Sie Regelungen, um sicherzustellen, dass den einzelnen Fonds in Hinkunft nicht mehr als die tatsächlichen Management Fees in Rechnung gestellt werden?
a. Wenn ja, wie sollen diese Regelungen - im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes - aussehen?
b. Wenn nein, warum nicht?
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die von den Abgeordneten übermittelten Anlagen liegen in der Nationalratskanzlei zur Einsicht auf