6379/J XXIV. GP
Eingelangt am 17.09.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Kriminalisierung von politischem Aktivismus - Beratung von "Terror-Experten"
In der Ausgabe von „News“ Nr. 36 vom 9. September steht unter dem Titel „Wie gefährlich sind Tierschützer?“ zu lesen: „ Steve Solley ist ein international gefragter Analyst und Sicherheitsberater im Bereich Terrorismus mit dem Schwerpunkt Umwelt- und Tierschutzextremismus. Seit sieben Jahren berät der frühere Beamte einer Spezialeinheit der britischen Polizei europäische und amerikanische Strafverfolgungsbehörden und Regierungsstellen sowie international tätige Unternehmen im Umgang mit militanten Tierschutzaktivisten.“ Auf die Frage: „Beraten Sie auch Kunden in Österreich?“ antwortet Solley: „Ja, ich bin seit sechs Jahren auch in Österreich tätig und bin in regem Kontakt mit Behörden und Unternehmen. ….“. Solley empfiehlt: „Österreich braucht eigene Gesetze gegen diese Extremisten“. News: „Unsere Justiz bekämpft derartige Gruppen als ‚organisierte Kriminalität‘, also mit dem Anti-Mafia-Paragrafen, was absurd scheint. Bei großen Bankskandalen wird der Anti-Mafia-Paragraf nicht angewandt, gegen ein paar Tierschützer allerdings schon.“ Solley: „In Großbritannien und den USA haben wir Mitte der 90er-Jahre damit begonnen, eine eigene Sondergesetzgebung für dieses Problem einzuführen. Ich arbeite daher in vielen Ländern auf das Ziel einer besonderen Gesetzgebung hin, die auf diese Art von Verbrechen zugeschnitten ist.“ Schließlich empfiehlt Solley „betroffenen“ Unternehmen: „Auf keinen Fall sollte versucht werden, mit den Tätern zu verhandeln. Die Polizei muss schon beim ersten Anzeichen einer Kampagne eingeschaltet werden.“
Offensichtlich operieren im Hintergrund „Berater“, die von der Politik und Unternehmen dafür bezahlt werden, Strategien zu entwickeln, unliebsamen Protest oder nicht genehme Kampagnen der Zivilgesellschaft zu verhindern und als „Verbrechen“ darzustellen, damit die Macht- und Profitinteressen ungehindert ausgeübt werden können. Mit dem § 278a StGB wurde bereits die Möglichkeit geschaffen, die Arbeit von kritischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) massiv zu unterdrücken und diesen „Mafiaparagrafen“ missbräuchlich immer häufiger gegen die Zivilgesellschaft einzusetzen. Dabei reicht für den Ermittlungsauftrag die bloße Unterstellung der Bildung einer kriminellen Organisation bereits aus, um das gesamte Arsenal an Überwachungsmethoden zum Einsatz zu bringen.
Diese massiven Überwachungs- und Androhungsmethoden verhindern jede Aktion oder Kampagne – sei es im Bereich Tier- oder Umweltschutz.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Berät Herr Solley auch das Justizministerium? Wenn ja,
a. Wie lautet der genaue Auftrag?
b. Welche Dienststelle hat wann den Beratungsauftrag erteilt?
c. Wie wurde der ursprüngliche Kontakt hergestellt?
d. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Beratungstätigkeit?
e. Wurden dem Berater dabei Informationen, die dem Amtsgeheimnis unterliegen, zugänglich gemacht? Falls ja: auf welcher Rechtsgrundlage?
f. Wie lauten die bisherigen Ergebnisse der Beratungstätigkeit?
g. Wie viele Mittel wurden für den Beratungsauftrag bisher aufgewendet?
h. Wie viele werden bis Auftragsende zur Verfügung gestellt werden?
2. Welche fachlichen Kompetenzen hat Herr Solley (Studienrichtung, abgeschlossenes Studium etc.)?
3. War es der Rat von Herrn Solley, den § 278a StGB auf die Tierschutzszene in Österreich anzuwenden?
4. Arbeiten Sie auf Rat von Herrn Solley auf eine besondere Gesetzgebung hin, die auf das „Verbrechen“ ziviler Ungehorsam zugeschnitten ist?