6389/J XXIV. GP
Eingelangt am 22.09.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gaßner, Binder-Maier, Hakel, Silhavy, Muchitsch
und GenossInnen
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft
betreffend „bäuerliche Betriebe mit AMA-Gütesiegel"
Eine gute Zusammenarbeit
zwischen KonsumentInnen und Bäurlnnen entlang der
gesamten Wertschöpfungskette ist ein wesentlicher Faktor für eine gute
Lebensmittelqualität und auch für eine Gewährleistung eines hohen Niveaus an
Lebensmittelsicherheit.
In der Beantwortung der parlamentarischen
Anfrage (6121/J) der Abgeordneten Fritz
Grillitsch und Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit,
betreffend Strategie „Europa 2020 und ländlicher Raum" hat Bundesminister
Alois
Stöger ausgeführt, dass er
sich im Rahmen der derzeit auf EU-Ebene stattfindenden
Verhandlungen zur
EU-Verordnung über die Information der
VerbraucherInnen über
Lebensmittel für eine Minimumschriftgröße und eine einheitliche Nährwerttabelle auf
allen Lebensmitteln einsetzt, ebenso wie für eine verpflichtende
Herkunftskennzeichnung bei unverarbeiteten Produkten, bei Produkten mit nur
einer
Zutat und bei nur leicht verarbeiteten landwirtschaftsnahen Produkten wie Käse und
Schinken hinsichtlich der Herkunft des wesentlichen Rohstoffs (Milch und
Fleisch).
Letzteres entspricht auch der
parlamentarischen Fünf-Parteien-Entschließung (102/E
/XXIV.GP) vom 20. Mai
2010. Weiters führt Bundesminister Alois Stöger aus: „Ich
trete beispielsweise auch für
eine EU-weite Regelung für
eine klare Kennzeichnung
von gentechnikfrei hergestellten Lebensmitteln ein." Als Richtschnur für eine
derartige EU-Regelung nennt der Gesundheitsminister die in Österreich seit Jahren
geltende Codex-Richtlinie „zur
Definition der gentechnikfreien Produktion von
Lebensmitteln und deren Kennzeichnung", die erfreulicherweise in Österreich viel
dazu beigetragen hat, dass mittlerweile beispielsweise die gesamte herkömmliche
Milchproduktion in Österreich „gentechnikfrei" ist und es auch sonst
bereits viele
Lebensmittel gibt, die als „gentechnikfrei"
nach diesem Standard des
österreichischen Lebensmittelbuches
gekennzeichnet sind. Das bedeutet, dass bei
diesen Lebensmitteln im gesamten Zyklus
vom Stall / Feld bis zum Teller keine
gentechnisch veränderten Organismen eingesetzt
werden. Dies wird auch
regelmäßig durch speziell dafür akkreditierte Kontrollstellen überprüft. Derart
gekennzeichnete Produkte kommen ohne
gentechnisch veränderte Futtermittel, ohne
agrarische
Betriebsmittel mit GVO, ohne Lebensmittelzutaten und Zusatzstoffe, die aus oder mit
Hilfe von GVO hergestellt werden aus und entsprechen damit der
Verbrauchererwartung
im Zusammenhang mit dem Wort „gentechnikfrei".
Das AMA-Gütesiegel genießt laut Umfragebei den Konsumentlnnnen das
höchste
Vertrauen aller Lebensmittelsiegel. Ein
Kriterium „Gentechnkfreiheit" ist in den AMA-
Regulativen für herkömmliche AMA-Gütesiegelprodukte (nicht Bioprodukte, diese
haben nach EU-Recht „gentechnikfrei"
zu sein) derzeit allerdings nicht vorgesehen.
Eine
zusätzliche Auslobung der Gentechnikfreiheit nach Codex ist möglich. Damit
stellt sich die
berechtigte Frage, ob dem klaren Wunsch der österreichischen
KonsumentInnen nach gentechnikfreien Lebensmitteln (zweiterfolgreichsten
Volksbegehren mit 1,2 Mio. Unterschriften u.a. auch für die Forderung „Kein Essen
aus dem Genlabor") seitens der AMA
ausreichend nachgekommen wird.
Auch im Schwarzbuch Landwirtschaft von Hans Weiss wird über das AMA-
Gütezeichen auf Seite 173 folgendes
geschrieben: „Das AMA-Gütezeichen sagt
nichts darüber aus, ob das Nahrungsmittel mit
Hilfe gentechnischer Verfahren oder
Hilfsmittel hergestellt wurde. So kann beispielsweise Alpkäse, der das AMA-
Kennzeichen trägt, durchaus von Kühen stammen, die gentechnisches
Kraftfutter
gefressen haben."
In der
Presseaussendung vom 19.10.2010 sagt Gerhard Wlodkowski, Präsident der
Landwirtschaftskammer
Österreich, folgendes:"
Fleisch ist immer gentechnikfrei".
Diese Aussage ist allerdings falsch und für die Konsumentinnen und Konsumenten
verwirrend. Codexrichtlinien legen die „übliche
Verbrauchererwartung" in Österreich
fest. Im Codex ist
festgelegt, dass die Bezeichnung „gentechnikfrei"
bei tierischen
Lebensmitteln auch die Futtermittel umfasst. In Österreich bedeutet daher
„gentechnikfrei"
mehr als „nicht nachweisbar im Endprodukt" - worauf sich Herr
Wlodkowski bezieht.
Auch wenn im Endprodukt (Fleisch) keine gentechnisch
veränderten Bestandteile nachweisbar
sind, darf es nach der Österreichischen
Rechtslage nicht als „gentechnikfrei" bezeichnet
werden, wenn gentechnisch
veränderte Futtermittel zum Einsatz
gekommen sind. Wäre eine genetische
Veränderung im Fleisch nachweisbar
oder würde das Fleisch von einem
genetisch
veränderten Tier stammen, musste ein
Produkt entsprechend der EU-Rechtslage
(VO 1829/2003 über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel) als „genetisch
verändert" gekennzeichnet werden.
Ein Fleischprodukt (z.B. Wurst), das neben
Fleisch z.B. auch Stärke enthält, die aus
gentechnisch verändertem Mais gewonnen
wurde, müsste ebenfalls als „genetisch
verändert" gekennzeichnet sein, selbst wenn
die Veränderung im Endprodukt (in der Stärke) nicht mehr nachweisbar ist. Um die
„Kennzeichnungslücke"
des Einsatzes von gentechnisch veränderten Futtermitteln in der
Produktion von tierischen Lebensmitteln zu schließen und den
Konsumentinnen
und Konsumenten, die keine
Gentechnik wollen, eine verlässliche
Alternative zu
bieten, wurde die Codex-Richtlinie zur „Gentechnikfrei"-Kennzeichnung bei
Lebensmitteln erarbeitet. Eine Fütterung mit
importierten gentechnisch verändertem
Soja
z.B. bei Masthühnern würde bedeuten, dass
bei den entsprechenden
Produkten die
Auslobung „gentechnikfrei" NICHT geführt werden kann. Daher ist
diese Aussage missverständlich, ebenso die Nicht- Berücksichtigung der
Gentechnikfreiheit im Zusammenhang mit
Lebensmittel mit dem AMA-Gütezeichen.
Für KonsumentInnen stellen die österreichische Herkunft, eine gute Qualität, eine
möglichst regionale Produktion und
Frische laut allen Umfragen die wichtigsten
Eigenschaften bei Lebensmitteln dar. Es zeigt sich allerdings auch
einwachsendes
Interesse an Transparenz über
eingesetzte Rohstoffe und Verarbeitungsmethoden
bei Lebensmittel. Für viele Konsumentinnen und
Konsumenten stellt eine
gentechnikfreie Erzeugung ein wichtiges Qualitätsmerkmal dar.
Gentechnikfreiheit
muss daher in Zukunft nicht nur bei biologischen, sondern im
speziellen auch bei konventionellen Lebensmitteln abgesichert werden und für die
Konsumentinnen und Konsumentenleicht erkennbar und - wenn ausgelobt oder
suggeriert- jedenfalls auch gewährleistet
werden. Eine klarere Kennzeichnung der
Gentechnikfreiheit bei Lebensmitteln
(einschließlich einer gentechnikfreien Fütterung
bei tierischen
Lebensmitteln und regelmäßigen unabhängigen Kontrollen), muss die
verlässliche Information und damit eine
klare Wahlfreiheit der Konsumentinnen und
Konsumenten gewährleisten. Die Konsumentinnen und
Konsumenten sind die
wichtigsten Verbündeten der österreichischen Bäuerinnen und Bauern ebenso wie
der Lebensmittelwirtschaft. Sie müssen
die tatsächliche Chance haben, durch ihre
Wahl im Supermarkt oder im Wirtshaus die gentechnikfreie Produktion von
Lebensmitteln zu unterstützen und so
auch durch ihre „Macht mit dem Einkaufskorb"
das Angebot
mitzubestimmen. Das ist auch der erfolgversprechendste Weg, um
einen möglichst großen Anteil der österreichischen Lebensmittel mittelfristig
gentechnikfrei zu erhalten. Zudem ist die
Absicherung der Gentechnikfreiheit auch im
derzeitigen Regierungsprogramm der österreichischen Bundesregierung formuliert
worden.
Die unterzeichneten
Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land-
und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende
Anfrage:
1.
Wie viele AMA-Gütezeichen-Mitgliedsbetriebe gibt es derzeit
in den Kategorien
Milch, Eier, Rinder, Schweine, Geflügel, Schafe und Ziegen (Primärproduktion)
und in den
verarbeitenden Bereichen der Molkereien, Eier-Packstellen und
Schlachthöfe bzw.
Fleischverarbeiter? Bitte auch um eine Übersicht über deren
zahlenmäßige Verteilung in Bezug auf die Bundesländer?
2.
Wie hoch ist der Anteil der AMA Betriebe in den jeweiligen Kategorien
in Bezug
auf die Gesamtanzahl der Betriebe? (Durchdringung des AMA-Gütezeichens
in
den Kategorien)
3.
Wie viele der
AMA-Betriebe in den oben genannten Kategorien erfüllen
zusätzlich zu den jeweiligen AMA-Gütezeichen-Richtlinien auch die Codex-
Richtlinie „gentechnikfrei".
Bitte um eine Übersicht der Anteile der Betriebe, die
zusätzlich gentechnikfrei produzieren, je
Kategorie und Bundesland.
4.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem AMA-Gütezeichen für
herkömmliche Produkte (nicht dem
AMA-Bio-Zeichen) und dem
„gentechnikfrei"-Zeichen?
Werden
die Vorgaben der Codex-Richtlinie „zur Definition der
gentechnikfreien
Produktion von
Lebensmitteln und deren Kennzeichnung" künftig in einzelne
oder in alle AMA Richtlinien integriert und gibt es dafür bereits Anträge in
bestimmten Kategorien und wie wurde mit
diesen Anträgen verfahren. Wurden
bei diesen
Abstimmungen in den Lenkungsgremien alle Sozialpartner
eingebunden?
5. Die
Kennzeichnung von Produkten als „gentechnikfrei"
ist in der oben
genannten Codexrichtlinie geregelt, dient
damit als Leitlinie für Betriebe und die
Lebensmittelaufsicht
im Zusammenhang mit der Beurteilung einer
verständlichen Kennzeichnung. Die
Inhalte der Codexrichtlinie erfüllen
grundsätzlich die Erwartungen der
Konsumentinnen und Konsumenten an ein
staatlich anerkanntes Gütezeichen (klare, über die gesetzlichen Vorgaben
hinausgehende Vorgaben, zusätzliche
Kontrollen, Transparenz des Standards).
Hinzu kommt auch,
dass die Kriterien für die Auszeichnung „gentechnikfrei"
sozialpartnerschaftlich erarbeitetet
wurden. Sind Sie dafür, dass dieses Zeichen
als staatlich anerkanntes Gütezeichen etabliert wird? Wenn nein,
warum nicht?
6. Wie hat sich der Anteil an Betrieben,
die nach den Regeln der oben genannten
Codex-Richtlinie , die seit 1998 besteht, innerhalb der jeweiligen Kategorie
der
AMA-Betriebe in den
letzten fünf Jahren entwickelt und wie sind
die
Unterschiede in Bezug auf die einzelnen
Bundesländer? Angabe auch in
Prozenten
7. Gibt es Zielsetzungen hinsichtlich der Erreichung eines
bestimmten
gentechnikfrei-Anteils in den einzelnen Kategorien der AMA-Gütezeichen-
Betriebe und wie wollen Sie den Wunsch der
Konsumentinnen und
Konsumenten nach einer klareren „gentechnikfrei"-Kennzeichnung
umsetzen?
8. Wie wollen Sie die
Vorhaben des Regierungsprogramms in Bezug auf die
Kennzeichnung
der Gentechnikfreiheit bei Lebensmitteln umsetzen?