6443/J XXIV. GP
Eingelangt am 24.09.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Stefan, Herbert
und weiterer Abgeordneter
an die Frau Bundesminister für Inneres
betreffend des EU-Forschungsprojektes „Indect“
In der Ausgabe der Online-Zeitung „Zeit Online“ vom 24.09.2009 erschien folgender Artikel:
Ein Forschungsprojekt soll Wege finden, Informationen aus dem Netz, aus Datenbanken und von Überwachungskameras zu verbinden – zu einem automatischen Bevölkerungsscanner.
Die Europäische Union finanziert seit Jahresbeginn ein Forschungsprojekt, das all die bestehenden Überwachungstechnologien zu einem Instrument verbinden soll. "Indect" soll es möglich machen, dass alles gesehen und alles verfolgt werden kann. Insgesamt 14,86 Millionen Euro lässt sich die EU das auf fünf Jahre angelegte Projekt kosten.
Auf deutscher Seite arbeiten daran mit die Bergische Universität Wuppertal, die Innotec Data Gmbh & Co KG und eine Firma namens Psi Transcom GmbH.
Indect ist ein Akronym von "Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment". Daher ein Informationssystem zur Unterstützung der Suche, der Entdeckung und der Überwachung von Bürgern in städtischen Umgebungen. Ziel: Erhöhung der Sicherheit. Man könnte es auch ein integriertes Spionageprogramm nennen.
Unter anderem soll es dazu dienen, das Internet zu durchforsten. Das Projekt will erforschen, wie sich im Netz mit automatisierten Suchroutinen "Gewalt", "Bedrohungen" und "abnormales Verhalten" finden lassen.
Gleichzeitig soll es für die Polizei zum Werkzeug werden, um "verschiedenste bewegliche Objekte" zu observieren. "Indect" soll also Daten auswerten können, um die Bewegungen von Menschen, Fahrzeugen oder Schiffen nachzuvollziehen.
Und es soll eine Suchmaschine entwickelt werden, die anhand von Wasserzeichen Bilder und Videos wiederfinden und schnell verwalten kann.
Es geht nicht in erster Linie darum, Informationen aus dem Netz zu filtern. Vor allem sollen diese mit anderen Datenbanken verknüpft werden. Beispielsweise mit Bildern von Videoüberwachungskameras oder mit Daten von Mobiltelefonen. Das Ziel, so scheint es: In irgendeiner Weise auffällig gewordene Menschen in der Realität schnell entdecken und langfristig verfolgen zu können. Wer beispielsweise bei YouTube ein Drohvideo gepostet hat, der soll mithilfe von Überwachungskameras gesucht, via Suchmaschine identifiziert und mittels tragbarer Geräte von Polizisten verfolgt werden können.
Zumindest steht zu den Zielen auf der Projekt-Website, man wolle Prototypen einer "Familie" von mobilen Geräten entwickeln, mit deren Hilfe "Objekte verfolgt werden können". Außerdem wolle man eine Suchmaschine zur schnellen Ermittlung von Personen und Dokumenten und Suchprogramme, die "ständig" und "automatisch" öffentliche Quellen wie Websites, Foren, Usent-Gruppen, Fileserver, P2P-Netzwerke und "individuelle Computersysteme" durchsuchen.
Wird das Projekt umgesetzt, wäre es der Albtraum jeder Bürgerrechtsbewegung. Verbindet es doch alle einzelnen Überwachungsinstrumente, die bereits jetzt installiert sind wie Videokameras, Vorratsdatenspeicherung, Handyortung, Gesichtserkennung oder Telefonüberwachung zu einem einzigen Spähprogramm.
Die britische Zeitung Telegraph, die gerade darüber berichtet hatte, nennt es daher nicht umsonst einen "Orwellschen Plan", in der Öffentlichkeit nach "auffälligem Verhalten" zu suchen.
Mit klassischer Verbrechensbekämpfung hat so etwas nichts mehr zu tun. Es ist der Versuch, alle technischen Möglichkeiten zur sogenannten Gefahrenabwehr zu nutzen. Rechtlich ist diese längst in den Polizeigesetzen der Länder und des Bundes verankert. Allerdings verdeutlicht ein Projekt wie "Indect", wie weit dieses Konzept gehen und wie tief es in die Gesellschaft eindringen kann. Begriffe wie Unschuldsvermutung oder gerichtsfester Beweis haben dabei keine Bedeutung mehr, ersetzt es doch die gezielte Suche nach Verdächtigen durch das vollständige und automatisierte Scannen der gesamten Bevölkerung.
Der Telegraph zitiert einen Wissenschaftler des Think Tanks "Open Europe" namens Stephen Booth: "Das ist nach meiner Meinung alles ziemlich beängstigendes Zeug. Diese Projekte würden eine riesige Invasion der Privatsphäre bedeuten und die Bürger müssen sich fragen, ob die EU wirklich ihre Steuergelder für so etwas ausgeben sollte."
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage
1. Ist der Staat Österreich an diesem Projekt beteiligt?
2. Wenn ja, wie hoch ist der Betrag, mit dem Österreich beteiligt ist?
3. Aus welchem Budget wird dieser Betrag entnommen?
4. Stimmt es, dass die Fachhochschule Technikum Wien im „Indect“-Konsortium vertreten ist?
5. Stimmt es, dass die burgenländische Firma X-Art ProDivision im „Indect“-Konsortium vertreten ist?
6. Wenn ja, wie sind diese zu der Beteiligung gekommen?
7. War der Staat Österreich an der Vermittlung beteiligt?
8. Wenn ja, wer zeichnet dafür verantwortlich?
9. Ist der Staat Österreich an der Finanzierung von deren Mitarbeit beteiligt?
10. Wenn ja, in welcher Höhe?
11. Ist eine künftige Einführung von „Indect“ in Österreich geplant?
12. Wenn ja, wie lässt sich dieses Projekt mit dem Datenschutzgesetz vereinbaren?
13. Wann ist mit einer Einführung zu rechnen?
14. Wer oder Was sollte durch „Indect“ überwacht werden?
15. Zu welchem Zweck würde durch „Indect“ überwacht werden?
16. Würden Betroffene über die Überwachung informiert?
17. Wenn ja, wann würden sie informiert werden?
18. Welche Kosten würden im Falle einer Einführung anfallen?
19. Wären für den Fall der Einführung Gesetzesänderungen notwendig?
20. Wäre für den Fall der Einführung eine Verfassungsänderung notwendig?
21. Wer wäre für die Nutzung von „Indect“ verantwortlich?
22. Welche Personengruppe sollte mit Hilfe von „Indect“ Überwachungen durchführen?
23. Würden diese Personen noch besonders geschult?
24. Wer würde die Gesetzmäßigkeit der Nutzung überwachen?
25. Ist geplant bei Einführung von „Indect“ in Österreich unbemannte Drohnen anzukaufen?
26. Wenn ja, gibt es hier Angebote?
27. Welche Kosten würden anfallen?
28. Wie steht dieses Projekt mit dem „Terrorist Finance Tracking Programm“ in Verbindung?