6516/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.10.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Verdacht auf organisierte Kriminalität im Zuge von Privatisierungen

 

 

 

Seit 19. April 2010 liegen der Öffentlichkeit Informationen über den Versuch vor, bei allen Privatisierungen der schwarzen-blauen Regierungsperiode, ein blaues Netzwerk partizipieren zu lassen. Im Oktober 2009 stellte sich Willibald Berner, der frühere Kabinettschef bei FPÖ-Infrastrukturminister Schmid, einer Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft und beschuldigte Peter Hochegger , bei Anschaffungen und Vergaben aus dem Bereich der FPÖ-Ministerien mitverdienen zu wollen (Treffen im Hotel Imperial und Hotel Bristol ). Dies sei laut Berner mittels einer Skizze veranschaulicht worden, die Provisionsflüsse über eine Liechtensteiner Briefkastenfirma an potenzielle Empfänger ( Meischberger, Plech, Hochegger, Grasser; Haider, Petritz, Mischka, Hoffmann ) darstellte.

Profil (16/10) und Falter (30/10) berichten im Detail (zitiert nach Falter):

„Hochegger“, so Berner, „zeichnete mir ein Organigramm auf, welches im ersten Kästchen eine von ihm nach eigenen Worten vor vier Tagen in Liechtenstein über einen Treuhänder gegründete Firma darstellte“. Unter diesem Kästchen befanden sich links und rechts zwei weitere Kästchen, in die keine Namen eingetragen waren.Unter das linke leere Kästchen habe Peter Hochegger drei Namen geschrieben: Meischberger, Plech und Hochegger. Unter das rechte leere Kästchen habe Hochegger zwei Haider-Vertraute eingetragen sowie ihn, Berner selbst.
Dann, so Berner, habe Hochegger verraten, wer die „streng geheim bleiben müssenden Personen“ in den leeren Kästchen seien, „welche für die politische Unterstützung (…) sorgen sollen“: Karl-Heinz Grasser und Jörg Haider. Ersterer stünde mit Plech, Meischberger und Hochegger in einem „besonderen Vertrauensverhältnis“. Die Einbindung Haiders sei notwendig, da Grasser „nicht das nötige politische Gewicht“ habe.
Berner selbst sollte ebenfalls profitieren, da er als Kabinettschef im Infrastrukturministerium über Insiderinformationen verfüge. Berner lehnte ab, aus „tiefster Überzeugung“.

Schon im Oktober 2009 erhielt die Justiz also von einem ehemaligen Kabinettschef einen Hinweis auf Karl-Heinz Grasser und seine eventuelle Verwicklung in Provisionsgeschäfte.

Peter Hochegger bestätigte das Treffen bei seiner Einvernahme im November 2009. Die Zeichnung und die darauf verzeichneten Personen seien „von der Logik her richtig“.

Somit deutet einiges darauf hin, dass mit der Regierungsbeteiligung der FPÖ Verteilungsstrukturen geschaffen wurden, um ausgewählte Entscheidungsträger an den Geschäften und Privatisierungen der Republik Österreich privat partizipieren zu lassen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.      Welche Schritte leitete die Staatsanwaltschaft in der Causa „Provisionsnetzwerk“, Aussage Willibald Berner, ein?

 

2.      In welcher Form ging man den Hinweisen Berners und Hocheggers nach?

 

3.      Erfolgten gezielte Einvernahmen der Netzwerk-Beteiligen und potenziellen Provisions-Bezieher?

 

4.      Warum ließen Sie eine fast einjährige Zeitspanne zwischen diesen Hinweisen und der Einvernahme von Karl Heinz Grasser verstreichen?

 

5.      Zu welchen weiteren Einvernahmen kam es anlässlich des Bekanntwerdens des Versuches geradezu „organisierter Kriminalität“ durch Provisionszahlungen bei Geschäften und Privatisierungen der Republik Österreich?

 

6.      Führt die zuständige Staatsanwaltschaft diesbezüglich auch Ermittlungen im Hinblick auf § 278 bzw. § 278a StGB?