6543/J XXIV. GP

Eingelangt am 06.10.2010
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Anfrage

 

des Abgeordneten Vilimsky

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Anwaltstag 2010

 

Der OTS018 vom 19.September 2010 war zu entnehmen:

 

„Anwaltstag 2010: Schutzschirm für den Rechtsstaat

Utl.: Rechtsanwälte fordern Evaluierung bestehender Sicherheitsmaßnahmen

      und Rücknahme verfehlter Gesetze =

 

   Salzburg (OTS) - Der Anwaltstag 2010 in Salzburg beschäftigte sich mit den vielfältigen Problemen denen ein moderner Rechtsstaat in Europa ausgesetzt ist, aber auch den konkreten Ansätzen diesen nachhaltig zu schützen.

 

Der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK), Dr. Gerhard Benn-Ibler, warnte am Rande der Arbeitsgespräche vor einer Schwächung der Justiz, die nicht zum Spielball der Tagespolitik werden darf, ebenso, wie vor populistischer Sicherheitspolitik, die sich in Anlassgesetzgebung verzettelt anstatt mutig und stark für die Bürgerinnen und Bürger einzutreten. "Die Justiz muss den Bürger vor

staatlicher Willkür schützen und darf nicht selbst zum Werkzeug werden", richtet Benn-Ibler deutliche Worte an die Verantwortlichen.

 

In drei Themenblöcken wurden mit namhaften Experten wichtige rechtsstaatliche Bereiche einer Demokratie erörtert.

 

Zwtl.: "Terroristen gibt es in Österreich erst, seit es Anti-Terror-Gesetze gibt."

 

Der Bereich Straflegistik widmete sich unter dem Titel "Der Terrorist als Gesetzgeber" der scheinbar aus dem Gleichgewicht geratenen Beziehung zwischen effizienter Strafverfolgung und den Rechten der Bürger. In einer engagiert geführten Diskussion wurden die unterschiedlichsten Blickwinkel beleuchtet. "In den letzten Jahren wurde unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung auch in Österreich eine ganze Fülle von Maßnahmen getroffen, die allesamt zu Lasten von Grund- und Freiheitsrechten der Bevölkerung gehen", warnte Dr. Elisabeth Rech, Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien. Ob diese tatsächlich der Terrorbekämpfung dienen, sei fraglich.

"Terroristen gibt es in Österreich erst, seit es Anti-Terror-Gesetze gibt, wie man am Beispiel der Tierschützer-Causa sieht", so Rech.


Auch Prof. Dr. Heribert Prantl, ehemaliger Richter und Staatsanwalt, jetzt Innenpolitik-Chef der Süddeutschen Zeitung, stieß in dasselbe Horn. Der Rechtsstaat werde nach und nach in einen Präventionsstaat umgewandelt, in dem jeder Einzelne als Risikofaktor angesehen wird. "Generalverdacht statt konkreter Verdacht", laute die Devise. Der Staat beweise dadurch aber alles andere als Stärke. "Ein starker Staat verteidigt seine Grundrechte und Prinzipien", so Prantl.

 

Zwtl.: Benn-Ibler: "Gesetze, die sich nicht bewähren, müssen wieder zurückgenom

men werden"

 

"Es ist an der Zeit die Stopp-Taste zu drücken", so ÖRAK-Präsident Benn-Ibler, "Der Rechtsstaat muss verteidigt werden, dies geht aber nur, wenn man ihn nicht gleichzeitig partiell aufgibt". Die Rechtsanwälte fordern daher eine Evaluierung aller bestehenden Überwachungsmaßnahmen. "Sollten sich bestimmte Gesetze nicht

bewähren, müssen sie auch wieder zurückgenommen werden", so Benn-Ibler. Nur so könne auch das Vertrauen der Bevölkerung in den Gesetzgeber gestärkt werden. Dies wäre nur dann möglich, wenn aus dem Gesetz-Geber auch gelegentlich ein Gesetz-Nehmer würde.

(…)

 

Zwtl.: Rechtsanwälte fordern Evaluierung bestehender und geplanter Sicherheitsmaßnahmen

 

"Der Anwaltstag 2010 in Salzburg war eine hervorragend abgestimmte Expertenveranstaltung, die durch die richtige thematische Zusammenstellung und exzellente Redebeiträge auch das vorgegebene Ziel erreicht hat. Das Ziel, den Rechtsstaat, seine Vorteile, aber auch seine Bedürfnisse aufzuzeigen und den politischen Verantwortungsträgern und einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen", so das Resümee des ÖRAK-Präsidenten.

 

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag fordert einen Schutzschirm für den Rechtsstaat. Alle gesetzlichen Maßnahmen die geeignet sind Bürgerrechte zu beschränken, sind, wenn überhaupt, dann nur in geringst möglichem Ausmaß und in Zusammenhang mit einer Evaluierungspflicht zu setzen. Mit dieser Evaluierung sollen die gewünschten Auswirkungen überprüft werden. Sollten sich die Auswirkungen auf die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger beschränken, müssen solche Gesetze außer Kraft gesetzt werden, fordern die Rechtsanwälte. Dies gelte selbstverständlich auch für bereits bestehende Maßnahmen, die zurückzunehmen sind, sollten sie sich nicht bewährt haben.

(…)“

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage:

 

  1. Wie stehen Sie zu den Forderungen der Rechtsanwälte vom Anwaltstag 2010?
  2. Wie sehen Sie die Aussagen von Frau Dr. Elisabeth Rech, Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien?
  3. Ist eine Evaluierung aller bestehenden Überwachungsmaßnahmen geplant?

  1. Wenn nein, warum nicht?
  2. Wenn ja, wann wird es ein Ergebnis geben?
  3. Werden Sie die Forderungen der Rechtsanwälte umsetzen?
  4. Wenn nein, warum nicht?
  5. Warum nahmen Sie trotz Einladung nicht am Anwaltstag teil, obwohl derart brisante Themen auf der Tagesordnung standen?