6698/J XXIV. GP
Eingelangt am 21.10.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Brunner, Steinhauser, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Gefährdungshaftung für gefährliche Betriebe
Ereignisse in nächster Nachbarschaft müssen uns auch in Österreich daran erinnern, dass es kein modernes Haftungsregime für gefährliche Betriebe insbesondere nicht für Schäden an Leib und Leben und am Eigentum gibt.
Am 29. Mai 1991 brachten die Grünen ein Gesetzesantrag über die Haftung für Schäden aus Bestand und Betrieb umweltgefährdender Anlagen ein. In der Folge arbeitete das Justizministerium mehrere Entwürfe für ein (zivilrechtliches) Umwelthaftungsgesetz aus. Dieser Gesetzesentwurf gelangte aber schon wegen Einspruchs im Vorfeld (so durch Wirtschaftsminister Schüssel und Verkehrsminister Klima im Jahre 1993) nicht in den Ministerrat. Unter dem Vorwand der Abstimmung mit der Lugano-Konvention des Europarats zögerte sich das Vorhaben weiter hinaus um dann aufgrund der Initiativen der EU-Kommission völlig fallen gelassen zu werden. Die EU-Umwelthaftungs-RL 2004 sieht jedoch nur verwaltungsrechtliche Vorgaben vor und bezieht sich insbesondere nur auf die Schadensbeseitigung in ausgewählten Umweltmedien wie Wasser, Boden, geschützte Arten und Gebiete (mit vielfachen Einschränkungen). Offen ist daher jedenfalls ein besserer Schutz der Menschen und deren Eigentum, aber angesichts der Lücken der Umwelthaftungs-RL und deren Umsetzung auch der Umwelt. Realisieren sich (ua in Kauf genommene) Risken gefährlicher Betriebe so soll der Betreiber/die Betreiberin, der Gewinne aus dieser Tätigkeit schöpft, auch für die Schäden aufkommen. Begleitet werden solche Regelungen durch eine Verursachervermutung.
2006 wurde ein im Auftrag des Justizministeriums erarbeiteter Entwurf eines neuen österreichischen Schadenersatzrechts publiziert, der auch eine Gefährdungshaftung für gefährliche Betriebe enthält (§§ 1302 und 1303 ABGB neu). Dieser Entwurf wurde aber seitens des Justizministeriums nicht in die politische Debatte eingebracht. Es ist jedoch evident, dass es angesichts zunehmender Risken eines modernen Haftungsregimes bedarf. Es kann nicht sein, dass Geschädigte wegen aufwendiger, langwieriger und kostspieliger Verfahren und schlechten Erfolgsaussichten von einer Klage Abstand nehmen oder damit die präventive Funktion des Schadenersatzrechts nicht zum Tragen kommt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Aus welchen Gründen wurde der Entwurf eines neuen österreichischen Schadenersatzrechts (Griss, Kathrein, Koziol (Hrsg), 2006) vom Justizministerium nicht weiter vertreten und versucht, eine Regierungsvorlage für ein modernes Haftungsrecht zustande zu bringen?
2. Werden Sie einen neuen Anlauf für ein modernes Haftungsrecht unternehmen, wann ist mit einer Regierungsvorlage zu rechnen?
3. Welche Kernelemente soll dieses neue Haftungsrecht in Bezug auf den Schutz der Umwelt und der Menschen vor gefährlichen Betrieben haben?