Eingelangt am 10.12.2010
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ANFRAGE
des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend verfassungskonforme Anzahl aufzustellender
Ortstafeln in Kärnten
Die Verhandlungen zu den
Kärntner Ortstafeln sind laut Staatssekretär Ostermayr auf der
Zielgeraden. Man werde wohl irgendwo "zwischen 141 und 163" Tafeln
landen. Nach den Ortstafel-Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes,
insbesondere der wegweisenden Entscheidung aus 2001 zu St. Kanzian, sind laut
Art 7 des Staatsvertrags von Wien an all jenen Ortschaften zweisprachige
Ortstafeln aufzustellen, welche über einen längeren Zeitraum hinweg
einen slowenisch-sprachigen Bevölkerungsanteil von über 10 %
aufweisen. Auch der Verfassungsgerichtshofpräsident Gerhart Holzinger
mahnte unlängst dazu, dass die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes
Basis einer Regelung der Kärntner Ortstafel-Frage in der Bundesverfassung
sein müsse. Denn "Erkenntnisse des VfGH zu zentralen Fragen des
Grundrechtsschutzes" - nämlich dem staatsvertraglich garantierten
Minderheitenschutz - seien "nicht verhandelbar“ (Standard 19.
November 2010). Aber wie viele Ortstafeln sind nach der 10% Regel des
Verfassungsgerichtshofes tatsächlich aufzustellen? Wie kommt es zum
Verhandlungsspielraum von 141-163 Tafeln? Berechnungen aus den
Sonderauswertungen der Statistik Austria über die Angaben für die
Umgangssprache Slowenisch legen ca. 245 bzw. 284 Ortschaften mit Anspruch auf
eine zweisprachige Ortstafel nahe.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Mit welchen
Personen, Vereinen und Verbänden haben Sie bzw. Staatssekretär
Ostermayer bei den diesjährigen Ortstafelverhandlungen Gespräche
geführt bzw. verhandelt?
- Wie ergibt sich der von
Staatssekretär Ostermayer kolportierte Verhandlungsspielraum von
„141-163“ aufzustellenden zweisprachigen Ortstafeln?
- Wie viele zweisprachige
Ortstafeln müssten – unabhängig von allfälligen
Verhandlungen zu einer Gesetzesnovellierung - gemäß Art. 7 des
Staatsvertrags von Wien beziehungsweise gemäß der 10%-Regel des
Verfassungsgerichtshofes, in Kärnten aufgestellt werden?
- Anhand welcher
Unterlagen erfolgte die Berechnung? Wurden die letzten beiden
Volkszählungen (1991 und 2001) herangezogen oder ein Mittel aller
vorliegenden Volkszählungen seit 1951?
- Welche Ortschaften
werden einbezogen (bitte um taxative Aufzählung)?
- Welche Ortschaften
wurden bei der nun verhandelten Ortstafelanzahl von 141-163 ausgenommen,
trotzdem sie, der Verfassung entsprechend, einen Anspruch auf die
Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln hätten - und warum?
- Wurden bei der nun
verhandelten Ortstafelanzahl von 141-163 kleine Ortschaften (z.B. solche
unter 30 Personen) kategorisch ausgenommen? Falls ja, welche und weshalb?
- Wäre angesichts der
klaren Formulierung des Verfassungsgerichtshofes, dass in allen
Kärntner Ortschaften, welche über einen längeren Zeitraum
hinweg einen slowenisch-sprachigen Bevölkerungsanteil von über
10 % aufweisen, eine zweisprachige Ortstafel aufzustellen ist, eine
Regelung, die lediglich einen Teil dieser Ortschaften aufnimmt,
verfassungswidrig?
- Auf welchem
Verfassungsgerichtshoferkenntnis beruht die häufig kolportierte
Annahme, dass nur jene Ortschaften in Gemeinden mit einem slowenisch-sprachigen
Anteil von über 15% Anspruch auf zweisprachige Ortstafeln
hätten?