7108/J XXIV. GP
Eingelangt am 14.12.2010
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Anfrage
der
Abgeordneten Silhavy
und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
betreffend „Sozialtourismus"
Die EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, Europa weltweit zur führenden Tourismusdestination zu machen, unter anderen Maßnahmen wird auch auf „Sozialtourismus“ gesetzt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Der Begriff „Sozialtourismus“ ist in Österreich vielfach negativ besetzt, beispielsweise wird darunter verstanden, dass AusländerInnen nach Österreich reisen, um das österreichische Sozialsystem auszunützen. Deshalb sollte der Begriff Sozialtourismus in der öffentlichen Kommunikation erklärt werden, um Missverständnisse nicht aufkommen zu lassen. Als Terminus technicus ist „Sozialtourismus“ durchaus brauchbar und wird im Folgenden im Sinne der EU-Definition verwendet.
Mit der Etablierung von „Sozialtourismus“ kann eine Win-Win-Situation geschaffen werden: Das Modell sieht vor, dass durch ein gefördertes Bonifikationsmodell es bestimmten Zielgruppen (v.a. Ältere, Menschen mit Behinderung, Familien und Jugendlichen) ermöglicht wird, außerhalb der Saison Urlaub zu machen. Durch diese Verlängerung der Saison profitieren auch die Tourismusbetriebe, ihre Zulieferer, die Beschäftigten und damit ganze Regionen.
Die EU-Kommission hat dazu das Projekt „Calypso“ initiiert, um „Sozialtourismus“ in Europa voranzutreiben. Im Rahmen von Calypso wurden einige Arbeitsgruppen installiert und Berichte über die Lage in den Mitgliedsländern verfasst. Ergebnis: Österreich zählt beim Thema „Sozialtourismus“ nicht zu den führenden Ländern in Europa. Allerdings könnten gerade strukturschwache Regionen von dieser Form des Tourismus profitieren.
Das Potenzial von „Sozialtourismus“ kann derzeit nur anhand ähnlicher Tourismuskonzepte eingeschätzt werden, etwa vom Europäischen Netzwerk für Barrierefreien Tourismus ENAT, das „Barrierefreien Tourismus“ folgendermaßen bewertet: „Europaweit wird das Marktpotenzial auf 130 Millionen Kunden mit einer jährlichen Kaufkraft von mehr als 68 Milliarden Euros geschätzt.“ (Quelle: ENAT-Website „ENAT-Flyer“ http://www.accessibletourism.org/)
Die EU-Kommission hat 2010 über das Projekt „Calypso“ zudem einen „Call for Proposals“ ausgeschrieben, um öffentlichen Einrichtungen Fördermittel für die Beauftragung von Studien, den Aufbau von Netzwerken und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Es ist bekannt, dass VertreterInnen des BMWFJ und der WKÖ an Calypso-Arbeitsgruppen und an Arbeitskreisen zum Thema „Sozialtourismus“ teilgenommen haben.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend folgende
Anfrage:
1. Wie sehen die bisherigen Aktivitäten des BMWFJ zu „Sozialtourismus“ aus?
2. Welche Ergebnisse gibt es bisher dazu?
3. Wie schätzt das BMWFJ das Potenzial und die Perspektiven für „Sozialtourismus“ in Österreich
ein?
4. Setzt das BMWFJ konkrete Schritte zur Etablierung von „Sozialtourismus“ in Österreich?
5. Wenn ja, welche?
6. Wenn nein: Warum nicht?
7. Wurde von österreichischer Seite beim Calypso - Call for Proposals ein Antrag eingereicht?
8. Wenn ja, von wem und zu welchem Thema?
9. Wenn nein: Warum verzichtet Österreich als Tourismusland auf derartige Förderungen?