7115/J XXIV. GP
Eingelangt am 14.12.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Hübner
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend: Nicht mehr zeitgemäße Privilegien für Diplomaten aus EU-Ländern und Angehörige Internationaler und multinationaler Organisationen an Standorten in der EU und dem europäischen Wirtschaftsraum
In Österreich sind rund 408 ausländische Vertretungsbehörden (Botschaften, bilaterale Vertretungen, berufskonsularische Vertretungen, Verbindungs-büros/Missionen/Beobachter bei den vereinten Nationen in Wien, Ständige Vertretungen und Delegationen bei der OSZE) akkreditiert.
Das österreichische Netz der Vertretungsbehörden im Ausland umfasst circa 106 Einrichtungen (ohne Honorarkonsulate).
So arbeiten zum Beispiel allein an der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel rund 219 Mitarbeiter. Diese haben mehrheitlich auch das Privileg mehrwertsteuerfreie Einkäufe (unter anderem auch Autos) zu tätigen. Dies erscheint in einem europäischen Wirtschaftsraum zu dem die EU Länder, wie auch Österreich, gehören, als nicht mehr zeitgemäß.
Die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft lassen die Mehrwert- und Verbrauchsteuerbefreiung im Rahmen von diplomatischen Privilegien gemäß den Regeln des Völkergewohnheitsrechts, das im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen von 1961 festgelegt ist, zu. Die Gemeinschaft muß diese Regeln einhalten. (S. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Juni 1998, Randnummer 45.)
Ebenso hat auch ein Diplomat aus einem EU-Land in Österreich, sei er nun im bilateralen oder im UN Status, mehrheitlich diese Privilegien.
Des weiteren sollten verwaltungs- und verwaltungsstrafrechtliche Privilegien ersatzlos fallen. Nicht einzusehen ist, dass Personen mit diplomatischen Status hier über dem Recht stehen. (Zum Beispiel Falschparken oder Ausnahmen beim Baurecht)
Es kann in der heutigen Zeit auch nicht sein, dass ein EU-Diplomat in Österreich mehr Rechte als ein gleichwertiger österreichischer Diplomat mit Dienstort im Inland hat.
Wenn die Mitgliedstaaten der EU sich darauf einigen, die einschlägigen Bestimmungen des Wiener Übereinkommens von 1961 untereinander nicht mehr anzuwenden, könnte eine völkerrechtskonforme Revision erfolgen.
Wir schnüren einerseits hoch dotierte Solidaritätspakete für die Rettung diverser EU-Länder, suchen jedoch andererseits nicht nach Möglichkeiten um gewisse Privilegien, welche Geld bringen würden, ohne jedoch die Betroffenen ob deren meist hohen weil internationalen Gehaltsstrukturen wirklich zu schädigen, abzuschaffen.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten nachstehende
Anfrage:
1. Wieviele diplomatische Legitimationen wurden seitens Ihres Ressorts für Diplomaten und Angehörige internationaler und bilateraler Organisationen mit Nutzung von Privilegien im Bereich Steuern, Verwaltung- und Verwaltungsstrafrecht derzeit in Österreich gültig ausgestellt?
2. Wie gliedert sich die Anzahl der Legitimationen nach nachstehenden Kategorien: Diplomat mit oder ohne führende Funktion, diplomatische Mitarbeiter, deren Ehepartner, deren Kinder und diplomatische Hausangestellte?
3. Wieviele derartige Legitimationen sind in Analogie für österreichische Diplomaten und Beamte im Inland ausgestellt?
4. Wieviele derartige Legitimationen sind in Analogie für österreichische Diplomaten und Beamte im nicht EU- Ausland ausgestellt?
5. Wieviele derartige Legitimationen sind in Analogie für österreichische Diplomaten und Beamte im EU-Raum ausgestellt?
6. Wieviele derartige Legitimationen sind in Analogie für österreichische Diplomaten und Beamte bei internationalen Organisationen ausgestellt?
7. Wieviele "Delikte" im verwaltungsstrafrechtlichen Sinn konnten aufgrund derartiger Legitimationen basierend auf direkte Abfragen des BMI beim BMEIA -nach Jahren aufgeschlüsselt- in den Jahren 2008-2010 nicht weiterverfolgt werden?
8. Wieviele "Verstöße" im baurechtlichen Sinn konnten aufgrund derartiger Legitimationen basierend auf direkte Abfragen der Baubehörden beim BMEIA -nach Jahren aufgeschlüsselt- in den Jahren 2008-2010 nicht weiterverfolgt werden?
9. Welcher geschätzte Steuerentfall im Inland ist der Republik Österreich durch Inanspruchnahme von Steuerprivilegien durch Diplomaten/Beamte in den Jahren 2008 bis 2010 nach Rückfrage mit dem BMF entstanden?
10. Welcher geschätzte Steuervorteil ist der Republik Österreich durch Inanspruchnahme von Steuerprivilegien durch österreichische Diplomaten/Beamte im Ausland in den Jahren 2008 bis 2010 entstanden?