7253/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.12.2010
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Maßnahmen zur Inverkehrbringung von pflanzengenetischen Ressourcen

 

 

Die EU-Richtlinie 2008/62/EG regelt die Zulassung von Landsorten und seltenen Sorten, die von genetischer Erosion bedroht sind und bis jetzt noch nicht registriert waren sowie das „Inverkehrbringen“ dieser Sorten. Bisher waren Erhaltungssorten freie Sorten, die genutzt, vermehrt und weitergegeben werden durften. Nach Inkrafttreten der Umsetzungs-bestimmungen können diese Sorten in einem – im Vergleich zum regulären Zulassungsverfahren – vereinfachten und billigeren Verfahren zugelassen werden.

Bei einer Informationsveranstaltung des Lebensministeriums wurden kürzlich die Durchführungsbestimmungen dieser Richtlinie für Österreich vorgestellt. Nach dem Entwurf soll eine Sorte, die als Erhaltungssorte zugelassen ist, nur mehr von den jeweiligen Zulassungsinhabern vermehrt und verkauft werden dürfen. Sorten, die bisher allen frei zu Verfügung standen, würden somit privatisiert werden.

Dieser Punkt löste große Empörung auf Seiten der ErhalterInnen aus, da diese traditionellen und seltenen Sorten seit Jahren von Bauern und Bäuerinnen sowie GärtnerInnen vermehrt, betreut und züchterisch verbessert wurden. „Nun sollen wir sie nicht mehr verkaufen, ja nicht einmal mehr tauschen dürfen! Für uns ErhalterInnen bedeutet das ein ständiges Leben in Ungewissheit, ob nicht morgen auch die geschätzte und gehütete Lieblingssorte privatisiert ist und nicht mehr weitergegeben werden darf. Wer wird sich dann noch die Mühe machen Sorten zu erhalten und weiter zu entwickeln?“ hieß es in einer Presseaussendung.  

 

Durch die weltweite Konzentration der Saatgutindustrie (zehn Konzerne kontrollieren bereits 67% des kommerziellen weltweiten Saatgutmarktes) kommt es zu einer enormen Reduzierung der Sortenvielfalt sowie zu einem Verlust von traditionellen Zuchtmethoden. Im Sinne der Biodiversität muss jedoch das genetische Potential an möglichst vielen
Standorten verfügbar gemacht werden. Der Verkauf, die Weitergabe und der Tausch von traditionellem Saatgut ist auch ein unverzichtbares Recht im Sinne des Menschenrechts auf
Nahrung.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.    Inwiefern stellen Sie sicher, dass durch die Umsetzung der EU-Erhaltungssorten-Richtlinie nicht die wertvolle Züchtungs- und Erhaltungsarbeit von Bäuerinnen und Bauern, ZüchterInnen und Gärtnerinnen durch unnötige Auflagen erschwert wird?

 

2. Inwiefern wird durch die geplanten Umsetzungsbestimmungen die Bewahrung und Weiterentwicklung von traditionellen und seltenen Sorten in Österreich erleichtert?

3. Durch welche Bestimmungen stellen Sie sicher, dass die Erhaltungssorten weiterhin von Bäuerinnen und GärtnerInnen vermehrt, betreut und züchterisch verbessert werden können?

 

4. Werden Sie verhindern, dass Erhaltungssorten nur mehr in bestimmten Regionen angebaut werden dürfen?

5. Werden Sie verhindern, dass Erhaltungssorten nur mehr in bestimmten Mengen angebaut werden dürfen?

6. Wie werden Sie verhindern, dass Pflanzensorten, die über Jahrhunderte von unzähligen Generationen von Bäuerinnen und Bauern gezüchtet wurden, zum Eigentum einzelner Zulassungsinhaber werden?

7. Inwiefern werden Sie die Regelungen, die sich auf den Verkauf, die Weitergabe und den Tausch von Saatgut beziehen, dahingehend abändern, dass die Arbeit der zahlreichen ErhalterInnen nicht bedroht wird?

8.  Werden Sie eine Regelung vorsehen, dass, wer eine Sorte als Erhaltungssorte oder BBS anmeldet, daran kein exklusives Recht erwirbt, sondern lediglich die Berechtigung, eine größere Menge Saatgut dieser Sorte gewerblich zu vermarkten?

9.  Ist daran gedacht, ein Verfahren vorzusehen, das vor der Zulassung einer Sorte unter einem eingebürgerten oder traditionellen Namen  SortenerhalterInnen eine Parteienstellung einräumt? Wenn nein, warum nicht?