7376/J XXIV. GP

Eingelangt am 14.01.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Beendigung der tierquälerischen Haltung von Schweinen

 

 

 

In Österreich leben rund 85 % der Mastschweine auf Vollspaltenböden, rund 98 % aller Mastschweine ohne Stroheinstreu, rund 98 % aller Zuchtsauen mehrere Wochen oder Monate im Jahr in körperengen Kastenständen. Zudem sind Kastration ohne Betäubung, Abschleifen der Eckzähne und Kupieren des Schwanzes bis zu 7 Tagen ab der Geburt gängige Praxis. Diese Haltungsformen sind nach der 1. Tierhaltungsverordnung (Anlage 5) erlaubt.

Vergleicht man die gesetzlichen Bestimmungen im Tierschutzgesetz mit den Mindestanforderungen für die Haltung von Schweinen in der 1. Tierhaltungsverordnung, bei der auch Sie Mitwirkungsrecht haben, wird ein eklatanter Widerspruch sichtbar:

§ 5 Tierschutzgesetz:

„(1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.
(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer
10. ein Tier [...] einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt;“
 
§ 13 Tierschutzgesetz:

„(1) Tiere dürfen nur gehalten werden, wenn auf Grund ihres Genotyps und Phänotyps und nach Maßgabe der folgenden Grundsätze davon ausgegangen werden kann, dass die Haltung nach dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ihr Wohlbefinden nicht beeinträchtigt.
(2) Wer ein Tier hält, hat dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen [...] sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.
(3) Tiere sind so zu halten, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört werden und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert wird.“


§ 16 (2) Tierschutzgesetz:

 „(2) Das Tier muss über einen Platz verfügen, der seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen ist.“


In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht 1999 und 2010 bereits zwei Mal eine Verordnung als gesetzwidrig annulliert, die die Legebatterien für Hühner erlaubt hat. Begründung: Die Hühnerkäfige widersprechen den allgemeinen Anforderungen des deutschen Tierschutzgesetzes, die Verordnung sei daher rechtswidrig.

 

Länder wie die Schweiz oder Großbritannien haben diese tierquälerischen Kastenstände bereits verboten. In Österreich ist aufgrund der Beschwerde einer Juristin die Volksanwaltschaft bereits aktiv geworden, denn die hierzulande üblichen Kastenstände für Muttersauen widersprechen fundamental den Anforderungen des Bundestierschutzgesetzes. Damit widerspricht sich der Gesetzgeber selbst, zumal eine Verordnung nicht die Grundsätze ihres übergeordneten Gesetzes brechen darf.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Werden Sie im Einvernehmen mit dem Gesundheitsminister eine Anpassung der 1. Tierhaltungsverordnung Anlage 5 (Mindestanforderungen für die Haltung von Schweinen) an die gesetzlichen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes durchführen? Wenn ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum nicht?

 

2.  Werden Sie im Einvernehmen mit dem Gesundheitsminister einen Plan für die Anpassung der österreichischen Schweinehaltung an das Tierschutzgesetz vorlegen? Wenn nein, warum nicht?

 

3. Werden Sie im Einvernehmen mit dem Gesundheitsminister den Widerspruch von Verordnung und Tierschutzgesetz beseitigen und die tierquälerischen Kastenstände per Verordnung verbieten? Wenn nein, warum nicht?

 

4. Wie ist zu rechtfertigen, dass in Ländern wie der Schweiz oder Großbritannien die tierquälerischen Kastenstände verboten sind und diese in Österreich – entgegen den gesetzlichen Bestimmungen – immer noch erlaubt sind?

 

5. Werden Sie riskieren, dass die Volksanwaltschaft nach deutschem Vorbild hierzulande ein Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof initiiert? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen?

 

6. Treten Sie auf EU-Ebene für folgende Änderungen der EU-Schweinerichtlinie 2008/120/EG ein: Verbot von Vollspaltenböden, verpflichtende Einstreu für alle Betriebe, Verbot von Kastenständen, Erhöhung des Platzangebots, ein Verbot von schmerzhaften Eingriffen wie Kastration ohne Narkose und postoperative Schmerzbehandlung? Wenn nein, welche Position vertreten Sie sonst?