7422/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.01.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Grünewald, Van der Bellen, Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

 

 

"… Weil jeder Euro, der in die Wissenschaft fließt, ein Euro mehr ist für die Zukunft unseres Landes[1]."

„…Man könne sich die "teure Evaluierung sparen", die Qualität wisse man ohnehin..[2]

…Ein Kahlschlag sei nie geplant gewesen. Vielmehr gehe es um eine Strukturreform im Bereich der außeruniversitären Forschung mit dem Ziel, bestehende Einrichtungen besser in die Universitäten zu integrieren und dadurch mehr Interdisziplinarität sicherzustellen[3].

 

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl bleibt trotz massiver Kritik von verschiedensten Seiten bei ihrem Vorhaben, die Basisförderung für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen einzustellen. Diese überfallsartige Streichung ohne vorhergehenden Evaluierungsprozess zerstört vielfach langjährige Forschungsarbeit, führt zum Verlust von EU-kofinanzierten Förderungen für Forschungsprojekte und gefährdet zudem hunderte Arbeitsplätze.

 

Einer Pressemeldung[4] von BM Karl von Mitte November 2010 ist zu entnehmen, dass die Basisförderung für außeruniversitäre Einrichtungen nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch drei neue thematische Säulen ersetzt werden wird. Die angekündigte Neuordnung soll bereits mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten, nach Aussagen der betroffenen Institute sind allerdings sowohl die budgetären als auch die inhaltlichen Aspekte der geplanten Förderstrukturen bis dato unzureichend kommuniziert und, entgegen den Aussagen der Wissenschaftsministerin, nicht mit den betroffenen Einrichtungen abgestimmt worden.

 

Die Basissubvention entstand aus der Grundidee der ‚Anschubfinanzierung‘ und war nicht als Daueranspruch konzipiert“, so die Ministerin in der zitierten Presseaussendung,  daher solle es sie nicht mehr geben, die finanzielle Unterstützung von Institutionen, an denen "exzellente Arbeit" geleistet werde, erfolge weiterhin, zukünftig eben über ein neues Modell. Man verfolge u. a. das Ziel einer Anbindung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen an die Hochschulen.

 

„Wir stellen die Förderung für außeruniversitäre Forschung auf neue Beine“, so Wissenschaftsministerin Karl im November 2010. Anstelle der seit den 1970er Jahren bestehenden Basissubvention für außeruniversitäre Einrichtungen und Vereine sollen künftig folgende drei thematischen Säulen stehen:

„Es ist keine reine Budgetmaßnahme – es ist vor allem auch eine Strukturreform, die  seit längerem von mehreren Seiten empfohlen wird und wo es zweifelslos Handlungsbedarf gibt“, so die Ministerin.

 

Bereits im November 2010 habe das Ministerium mit zahlreichen der betroffenen Institutionen sehr gute und konstruktive Gespräche geführt. „In das nun vorliegende Modell sind auch bereits Überlegungen aus den Gesprächen eingeflossen, es entspricht also den Bedürfnissen der Einrichtungen aus der Praxis“.

Für die skizzierten Maßnahmen und Anreizbildungen stehen im Jahr 2011 noch vier Millionen Euro aus der bisherigen Basissubvention zur Verfügung, das entspricht einer Reduktion um die Hälfte im Vergleich zu bisher, ab 2012 gibt es dann gar keine Mittel mehr. Es werden dafür – entsprechend Bedarf und Nachfrage – „Mittel“ aus den 80 Millionen Euro Offensivmittel zur Verfügung stehen.  

 

Unsere Anfrage nach den Auswahlverfahren für die „exzellenten Einrichtungen“ im Budgetausschuss, wo auch das Kapitel Wissenschaft und Forschung (UG 31) debattiert wurde, wurde wie folgt beantwortet:

 


 

 

Nach unserer Meinung sind zu viele Fragen offen geblieben, die überraschende Streichung der Basisfinanzierung wird das intellektuelle Leben in Österreich verarmen lassen. Angesichts der vielfältigen wissenschaftlichen und infrastrukturellen Aufgaben der betroffenen Einrichtungen für die österreichische Forschungslandschaft befürchten wir, auch wenn dies von Ihrem Ressort negiert wird, einen Kahlschlag, von dem sich das Land in absehbarer Zeit nicht mehr erholen wird.

 

 

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1)    Nach welchen Kriterien wurde bisher die „Exzellenz“ der Einrichtungen nachgewiesen? Wie wurde bisher „Spreu von Weizen“ getrennt? Wurden die Institutionen regelmäßig evaluiert? Oder wurde bisher ohne Evaluierung und ohne geprüfte Anträge und Rechenschaftsberichte die Basisfinanzierung an außeruniversitäre Einrichtungen ausbezahlt?

 

2)    Einer der Vorteile der außeruniversitären Einrichtungen waren gewisse Freiheiten, die an den Universitäten (UG 2002) nicht in der Form vorhanden sind. Diese betrafen in erster Linie Weisungsbindung, Handlungsspielräume bei Personal und Forschungsthemen, u.v.m. Wie soll dies in Zukunft gestaltet sein? Welche rechtlichen Grundlagen gelten für in Universitäten eingegliederte Einrichtungen? Welche rechtlichen Grundlagen gelten für das Personal?

 

3)    Laut § 26 (3) des UG 2002 ist für die Inanspruchnahme von Personal und Sachmitteln der Universität zur Durchführung von Forschungsaufträgen oder künstlerischen Arbeiten im Auftrag Dritter voller Kostenersatz an die Universität zu leisten. Über die Verwendung dieses Kostenersatzes entscheidet das Rektorat. Wie wird Auftragsforschung den eingegliederten Einrichtungen abgegolten werden?

 

4)    Wie viele und welche außeruniversitären Einrichtungen haben für das Jahr 2011 um eine Basisförderung durch das BMWF angesucht, die aus Sicht des BMWF derzeit für keine der drei neuen Säulen in Frage kommen? Bitte um namentliche Auflistung mit den beantragten jeweiligen Fördersummen.

 

5)    Wie viele Arbeitsplätze sind durch die Neuordnung der Förderstrukturen betroffen? Wie viele davon gehen nach Ihrem Ermessen verloren? Welche Maßnahmen plant Ihr Ressort, um den Verlust von wissenschaftlichem und administrativem Know How, etwa durch Abwanderung ins Ausland oder in andere Berufszweige, zu verhindern?

 

6)    Der Presseaussendung[5] von Frau BM Karl vom 30.11.2010 ist zu entnehmen, dass aus den sogenannten Offensivmitteln (80 Mio. p.a., also 320 Mio. bis 2014) sehr viele Aktivitäten finanziert werden sollen und nur ein kleiner Teil für die außeruniversitären Einrichtungen vorgesehen ist. Wie viele Mio. € sind konkret für die außeruniversitären Einrichtungen in ihrer politisch neu gewollten Organisationsform für die Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014 vorgesehen? Wie soll der quantitative Aufteilungsschlüssel aussehen?

 

7)    Welche Einrichtungen haben bisher wie viel Förderungen abseits der Basisförderung einwerben können? Korreliert die Höhe der bisherigen Basisförderung mit der Höhe der eingeworbenen Mittel? Bitte um Auflistung der Summen Basisförderung/Einwerbung pro Einrichtung.

 

8)    Gibt es bereits Gespräche zwischen einzelnen Bundesländern und Ihrem Ressort über allfällige Ko-Finanzierungen außeruniversitärer Einrichtungen? Wenn ja, mit welchen Zielvorstellungen und welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

 

9)    Gibt es insbesondere bereits Gespräche mit der Stadt Wien, wo viele der außeruniversitären Einrichtungen ihren Standort haben und ihre wissenschaftliche Funktion lokal wie international erfüllen? Wenn ja, mit welchen Zielvorstellungen und welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

 

 

 

„Ad Säule 1“: Integration von Forschungsexzellenz in Universitäten bzw. die ÖAW

 

10)  Nach welchen Kriterien werden jene Zentren bzw. Institute ausgewählt, die als „exzellente Einrichtungen“ in Universitäten bzw. die ÖAW eingegliedert werden sollen?

 

11)  Wie viele und welche Exzellenzzentren bzw. Exzellenzinstitute erfüllen diese Kriterien? Bitte um namentliche Aufzählung.

 

12)  Wie viel Geld haben diese genannten Institutionen in den Jahren 2008, 2009 und 2010 vom BMWF erhalten? Bitte um Auflistung der Summen pro Einrichtung.

 

13)  Wie viel Geld ist für diese Einrichtungen in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 vorgesehen? Bitte um Auflistung der Summen pro Einrichtung.

 

14)  Wird ihnen dieses Geld direkt zur Verfügung gestellt werden?

 

15)  Wenn nein, wird dieses Geld für sie zweckgewidmet sein?

 

16)  Wie kann die Finanzierung der Exzellenzzentren bzw. Exzellenzinstitute mittelfristig (d.h. für einen Zeitraum von 5 Jahren) sichergestellt werden?

 

17)  Viele außeruniversitäre Einrichtungen sind vereinsrechtlich organisiert. Mit welchen Rechtskonstruktionen sollen die Eingliederungen in die Universitäten bzw. die ÖAW erfolgen?

 

18)  Welches Prozedere ist für die Eingliederungen vorgesehen?

 

19)  In vielen außeruniversitären Einrichtungen erfolgt die Qualitätssicherung durch international besetzte wissenschaftliche Beiräte. Wie können das internationale Renommee und die wissenschaftliche Autonomie der Exzellenzzentren bzw. Exzellenzinstitute weiterhin gesichert werden?

 

20)  Welche Aufgaben sollen die ehemals „außeruniversitären Einrichtungen“ für die Universitäten bzw. die ÖAW wahrnehmen?

 

21)  Welche Aufgaben sollen die Universitäten bzw. die ÖAW für die Exzellenzzentren bzw. Exzellenzinstitute wahrnehmen?

 

 

 

Ad „Säule 2“: Sicherung von EU-Rückflüssen

 

22)  Nach welchen Kriterien wurden und werden jene Zentren bzw. Institute für BMWF-Förderungen ausgewählt, die sich wesentlich durch Rückflüsse aus dem 7. Rahmenprogramm für F & E der EU finanzieren?

 

23)  Wie viele und welche Zentren bzw. Institute erfüllen diese Kriterien? Bitte um namentliche Aufzählung.

 

24)  Wie viel Geld haben diese in den Jahren 2008, 2009 und 2010 vom BMWF erhalten? Bitte um Auflistung der Summen pro Einrichtung.

 

25)  Wie soll konkret die Teilfinanzierung von Projektkosten, die zur Anbahnung bzw. erfolgreichen Einwerbung solcher Drittmittel unabdingbar sind, beschaffen sein?

 

26)  Ab wann und nach welchen Maßstäben sollen solche Teilfinanzierungen erfolgen?

 

27)  Wie viel Geld ist dafür in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 vorgesehen?

 

28)  Die Beantragung von EU-Förderungen ist mit einem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden, der jene Basisstrukturen voraussetzt, die durch die geplante Abschaffung der Basisförderung gefährdet sind. Wird es für bestehende Einrichtungen eine „Anschubfinanzierung“ zur Einwerbung von EU-Förderungen geben?

 

 

 

Ad „Säule 3“: Stärkung der Forschungsinfrastruktur im Bereich GSK

 

29)  Nach welchen Kriterien wurden und werden jene Einrichtungen zur Stärkung der Forschungsinfrastruktur im Bereich der GSK für weitere Förderungen ausgewählt, deren Funktion nicht nur in der Archivierung von (zeit)historischen Materialien besteht, sondern die auch wesentliche Forschungsleistungen erbringen, damit diese Materialien der internationalen „scientific community“ überhaupt zugänglich werden?

 

30)  Wie viele und welche Zentren bzw. Institute erfüllen diese Kriterien? Bitte um namentliche Aufzählung.

 

31)  Wie viel Geld haben diese in den Jahren 2008, 2009 und 2010 vom BMWF erhalten? Bitte um Auflistung der Summen pro Einrichtung.

 

32)  Warum ist an ein „Dokumentationsnetzwerk der politischen Ideengeschichte nach 1918“ gedacht und welche Kriterien sind für diese inhaltliche und zeitliche Engführung ausschlaggebend?

 

33)  Ab wann und nach welchen Maßstäben sollen das Netzwerk bzw. die betroffenen Einrichtungen gefördert werden?

 

34)  Wie viel Geld ist dafür in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 vorgesehen?

 



[1] OTS0136 5 CI 0378 MWF0001  Di, 30.Nov 2010; Wissenschafts- und Forschungsministerin: Jährlich 80 Millionen Euro zusätzlich für den heimischen Wissenschaftsstandort

[2] Aus der Fragestunde des Nationalrates. APA0205 5 II 0433 XIDo, 18.Nov 2010

[3] Parlamentskorrespondenz Nr. 897 vom vom 18.11.2010 http://www.parlinkom.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2010/PK0897/index.shtml

[4] http://bmwf.gv.at/startseite/mini_menue/presse_und_news/news_details/cHash/9d27efbd3e4376966be004f1fbf750be/article/beatrix-karl-wir-stellen-die-foerderung-fuer-ausseruniversitaere-forschung-auf-neue-beine/

[5] APA0291 5 II 0296 XI Di, 30.Nov 2010