7497/J XXIV. GP
Eingelangt am 24.01.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Jarolim
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend "Unverhältnismäßige und existenzvernichtende Kostenexplosion im Tierschützerverfahren"
Dem „Tierschützerprozess von Wiener Neustadt“ ist sein historischer Platz als einer der großen Justizskandal der zweiten Republik sicher. Die Folgen des aufwendigen und vollkommen unverhältnismäßigen Verfahrens, das gegen die Angeklagten aufgrund von Tierschutzaktivitäten, sohin Aktivitäten für rechtlich anerkannten Werte, mit dem für ExpertInnen nicht nachvollziehbaren Vorwurf der „Bildung einer kriminellen Organisation“ (§ 278a StGB) geführt wird, sind dabei nicht nur existentiell vernichtend (die Angeklagten müssen einen Großteil der Verteidigungskosten sogar im Falle eines Freispruchs selbst tragen, zudem haben viele aufgrund der ausufernden Prozessführung beim zuständigen Gericht ihre Jobs verloren), sondern für den Rechtstaat insgesamt fatal und fügen dem aktuell ohnehin stark überstrapazierten Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz weiteren Schaden zu. Warum gegen behauptete strafbare Handlungen wie z.B. Sachbeschädigung nicht nur nach den hierfür relevanten Gesetzesbestimmungen ermittelt sondern wegen Bildung einer kriminellen Organisation ist für namhafte ExpertInnen völlig unnachvollziehbar und willkürlich. Bemerkenswert ist auch, dass andere mit den gleichen Sachverhalten angerufene Staatsanwaltschaften eine Verfolgung nach § 278 a richtigerweise verweigert haben.
Die behaupteten Vorwürfe gegen engagierte Tierrechtsaktivisten veranlassten von einem geradezu manischen Verfolgungseifer gepackten Behörden zur Durchführung obskurer, maßloser und ressourcenintensiven Ermittlungsschritten, die teilweise erst jetzt durch anonyme Hinweise im erschreckenden Ausmaß bekannt werden (so etwa der groteske Einsatz einer Geheimagentin). Laut internen Quellen sollen sich die Kosten für all diese Maßnahmen auf rekordverdächtige 6.184.000 Euro belaufen. Bekannter Weise fehlen auf der anderen Seite in einer Unzahl von sattsam bekannten Wirtschafts-, und tatsächlichen Mafiaverfahren die personellen Ressourcen und der Elan, um eine Aufklärung voranzutreiben. Die massiven rechtsstaatlichen Bedenken Richtung Zweiklassen-Justiz werden zwischenzeitig von einem Großteil der Bevölkerung geteilt, sodass ein zweckmäßiger, sachlicher und im Allgemeininteresse gelegener Einsatz von Mittel zur Strafverfolgung von eminenter Bedeutung wäre. Gerade in Zeiten der Budgetkonsolidierung und einer allgemeinen Vertrauenskrise gegenüber der Justiz ist ein sinnvoller und rechtsstaatlich einwandfreier Umgang mit Steuergeldern und eine gewisse Gleichwertigkeit im Umgang mit Strafrechtsdelikten unabdingbar.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie hoch sind die Gesamtkosten (Ermittlungs- und Personalkosten) die bisher in der Causa "Tierschützer" angefallen sind?
2. Welche Ermittlungsschritte sind von diesen Kosten im Detail umfasst?
3. Wie hoch sind die bisherigen Kosten für die Richterin und Staatsanwaltschaft?
4. Wie viele Beamte waren bzw. sind in dieser Causa bisher tätig geworden?
5. Wie viele Telefonüberwachungen wurden im gesamten Ermittlungszeitraum durchgeführt und wie hoch sind hierfür die Kosten?
6. Wie viele DNA-Untersuchungen wurden im gesamten Ermittlungszeitraum durchgeführt und wie hoch sind hierfür die Kosten?
7. Wie viele Lausch- und Spähangriffe wurden im gesamten Ermittlungszeitraum durchgeführt und wie hoch sind hierfür die Kosten?
8. Wie viele Observationen mittels Peilsender wurden im gesamten Ermittlungszeitraum durchgeführt und wie hoch sind hierfür die Kosten?
9. Wie viele linguistische Gutachten wurden angefordert und wie hoch sind hierfür die Kosten?
10. Ab wann wusste die Staatsanwaltschaft über den Einsatz der verdeckten Ermittlerin Bescheid? Wie viel hat der Einsatz insgesamt gekostet?
11. Wie viel Kostenersatz steht den Angeklagten im Falle eines Freispruches zu?
12. Welche Schritte hat die Staatsanwaltschaft rund um die Causen Buwog und Hypo Alpe Adria bislang unternommen (bitte um chronologische Auflistung)?
13. Ab welchem konkreten Zeitpunkt an hat die Justiz erstmals Erhebungen in diesen Causen angestrengt?
14. Wie hoch sind die Ermittlungs- und Personalkosten die bisher in den Causen Buwog und Hypo-Alpe-Adria angefallen sind?
15. Wie viel Personal wurde in den jeweiligen Verfahren eingesetzt?
16. Welche Schritte werden Sie im Interesse der BürgerInnen setzen, um eine von der Expertenwelt geforderte Reform des § 278a in Richtung der seinerzeitigen Intention des Gesetzgebers und gegen eine missbräuchliche Anwendung der Norm zu ermöglichen?
17. Welche Schritte werden Sie unternehmen, um den auch schon aus Umfragen klar ableitbaren Vorwurf der Zweiklassen-Justiz zukünftig zu unterbinden?