7503/J XXIV. GP

Eingelangt am 26.01.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

 

betreffend massives Lobbying für neues Waffenhandel-Gesetz (Außenhandelsgesetz)?

 

Unter anderem aufgrund eines grünen Entschließungsantrags im Menschenrechtausschusses „erforderliche Waffenhandelskontrolle“, der als Ziel eine strengere Waffenhandelskontrolle zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen hatte, wurde 2010 im Nationalrat die Novellierung des Außenhandelsgesetzes („AußHG“) beschlossen.

Der erste Entwurf der Novelle („Erstentwurf“) wurde in einem informellen Begutachtungsverfahren Juli 2010 an einen ausgesuchten Kreis von Adressaten ausgesendet und sah eine Anpassung an EU-rechtliche Standards sowie  weitgehend eine Anhebung des Waffenhandelskontrollstandards in Österreich vor. Im nun vorliegenden Ministerialentwurf zum AußHG wurden allerdings viele der vorgesehenen Verbesserungen im Waffenhandelskontrollstandard wieder zurückgenommen bzw. ersatzlos gestrichen. Einige Punkte stellen sogar einen Rückschritt hinter die Standards des jetzigen Außenhandelsgesetzes dar. Mehrmals war von Interventionen und versuchter Einflussnahme der Waffenlobby auf die Novellierung die Rede. Die nun im Ministerialentwurf vorgesehene, waffenfreundliche „Stoßrichtung“ dürfte jedoch der Zielsetzung des Nationalratsentschlusses (Verbesserung der Waffenhandelskontrolle) nicht entsprechen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Wie hoch ist der wertmäßige Anteil der bewilligungspflichten Güter nach dem AußHG im Vergleich an den Gesamtexporten der österreichischen Wirtschaft, aufgegliedert nach den letzten 5 Jahren und untergliedert in Dual-Use Güter (Güter mit doppelten Verwendungszweck) und Militärgütern?

 

  1. Wie viele Ausfuhranträge wurden in den letzten 5 Jahren nach dem AußHG gestellt, wie viele verweigert und aus welchen Gründen?

 

  1. Wie hoch ist der wertmäßige Anteil der bewilligten bzw. verweigerten Ausfuhranträge im Vergleich zu den österreichischen Gesamtexporten der jeweiligen Jahre?

 

  1. Weshalb wurden im Ministerialentwurf etliche,  noch im Erstentwurf vorgesehene, höhere Waffenhandels-Kontrollstandards zugunsten schwächerer Kontrollstandards geändert? Wie steht das im Einklang mit dem umzusetzenden Gemeinsamen Standpunkt, 2008/944/GASP, der ja nur Mindeststandards festschreibt und in Art. 3 ausdrücklich festhält, dass die Mitgliedstaaten berechtigt sind, höhere Standards beizubehalten?

 

  1. Weshalb haben Sie den Genehmigungsgrundsatz in §5 AußHG des Erstentwurfs, der eine Ausfuhrverweigerung vorsah, wenn ein "Grund zur Annahme (…)“ besteht, dass es zu einer Menschenrechtsverletzung durch diese Ausfuhr kommen könnte, nun zugunsten des waffenexportfreundlicheren Grundsatzes „begründetem Verdacht“ die Ausfuhr verweigert werden darf, ersetzt?

a)    Ist diesbezüglich jemand mit einem solchen Ansinnen an Sie herangetreten?

b)    Wenn ja, von wem stammt das Ansinnen?

 

  1. Entspricht die Formulierung „begründeter Verdacht“ bei den Genehmigungskriterien - insbesondere beim Beurteilungskriterium bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte - dem Standard des geltenden Außenhandelsgesetzes?

 

  1. Warum widersprechen die nun vorgesehenen, schwächeren Bewilligungsstandards (§5 Ministerialentwurf) der ausdrücklichen Zielsetzung des Entschließungsantrags des Nationalrates durch eine strengere Endverbraucherkontrolle, Nachverfolgbarkeit und Sanktionen die Waffenhandelskontrolle zu verbessern?

 

  1.  Wie gedenken Sie trotz der vorgesehenen, schwächeren Bewilligungskriterien eine effektive Endabnehmerkontrolle sicherzustellen?

 

  1. Weshalb folgen Sie bei dem Ministerialentwurf nicht dem Beispiel anderer EU-Mitgliedsstaaten, wie zB Schweden oder Finnland, wo die Ausfuhr und Produktion von Militärgütern grundsätzlich verboten ist und die Genehmigung als Ausnahme gilt (sozusagen „Ausfuhr als Privileg“)?

 

  1. Können Sie einen Fall schildern, in dem ein „begründeter Verdacht“ vorliegen könnte? Welche Schwelle für „Begründetheit“ wird vom Ministerium angesetzt und wie wird diese definiert werden?

 

  1. Weshalb wurden Strafuntergrenzen für Vorsatzdelikte, die noch im Erstentwurf formuliert waren, wieder gestrichen und gab es diesbezüglich Forderungen von Interessensvertretungen und falls ja welche?

 

 

  1. Weshalb wurde die Mindestfrist für die Aufbewahrungspflicht von Aufzeichnungen über genehmigungspflichte Waffenhandelsgeschäfte, die noch im Erstentwurf mit 7 Jahren festgelegt wurde, im Ministerialentwurf auf 5 Jahre gesenkt? Gab es diesbezüglich Forderungen von Interessensvertretungen und falls ja welche?

 

  1. Weshalb wurde die Genehmigungspflicht für Lizenzproduktionen in Drittstaaten, die noch im Erstentwurf formuliert war, ersatzlos gestrichen? Gab es diesbezüglich Forderungen von Interessensvertretungen und falls ja welche?

 

  1. Haben bei Ihnen, im Kabinett oder bei den zuständigen Abteilungen Ihres Ministeriums Vertreter von Militärgüterherstellern (Waffenproduzenten) oder Interessensvertretungen/-Gruppierungen vorgesprochen bzw. interveniert?

 

  1. Falls nein, weshalb hat Ihr Ministerium selbst im Erstenwurf noch wesentlich ambitioniertere Waffenhandelskontrollstandards, wie zB. bei der Genehmigungspflicht und den Sanktionen, angepeilt  und ausformuliert und diese nun im Ministerialentwurf zurückgenommen?

 

  1. Falls ja, welche und was waren deren Forderungen im Hinblick auf die Novelle?

 

  1. Welche dieser Forderungen haben Sie in welcher Form bei dem neuen Entwurf berücksichtigt und inwiefern entsprechen diese der Zielsetzung des Entschließungsantrags des Nationalrats (bessere Waffenhandelskontrolle)?

 

  1. Haben Sie oder Ihr Kabinett Weisungen im Zusammenhang mit dem Ministerialentwurf erteilt und wenn ja welche genau?

 

  1. Inwiefern haben Sie im Rahmen der nun abgelaufenen Begutachtungsfrist Forderungen von Interessensvertretungen bezüglich weiterer „Liberalisierung“ der Waffenhandelskontrollstandards des AußHG erhalten und inwiefern werden sie diesen nachkommen?

 

  1. Inwiefern haben Sie im Rahmen der nun abgelaufenen Begutachtungsfrist Forderungen von Interessensvertretungen bezüglich Anhebung von Waffenhandelskontrollstandards erhalten und inwiefern werden sie diesen nachkommen?

 

  1. Was ist der Grund, dass die Möglichkeit, Berichte von anerkannten Nichtregierungsorganisationen mit Beraterstatuts bei der UN zur Beurteilung der Menschenrechtssituation im Zuge des Ausfuhrbewilligungsverfahrens heranzuziehen, trotz schriftlicher Anregung durch Amnesty International und den Versöhnungsbund, nicht im Ministerialentwurf vorgesehen wurde? Gab es diesbezüglich Forderungen und Interventionen der Interessensvertretungen und wenn ja von welchen?

 

  1. Wie wollen Sie trotzdem sicherstellen, dass der Beurteilung der Menschenrechtslage in Ausfuhrländern aktuelle und zeitnahe Berichte zugrunde liegen, wo doch bekannterweise die nun vorgesehenen Berichte von internat. und nationalen Gremien meist erst mit monate- bis jahrelanger  Verzögerung beschlossen werden?

 

  1. Können Sie ausschließen, dass es anhand dieser - nicht aktuellen Berichtslage - zu Menschenrechtsverletzungen anhand Waffenausfuhr in gefährdete Länder kommen wird? Falls ja, wie und weshalb?

 

  1. Gibt es bereits einen Verordnungsentwurf zur Festlegung der erforderlichen Kriterien und Merkmale eines für die Bewilligung notwendigen Endverbraucherzertifikats? Falls ja, welche Kriterien sind darin vorgesehen bzw. bitte um Beifügung.  Falls nein, weshalb nicht und wann wird die Verordnung erlassen werden?

 

  1. Gibt es bereits einen Verordnungsentwurf zur Festlegung der Bewilligungspflicht für Randfeuerwaffen (welche Kleinwaffen mit oft tödlicher Durchschusskraft darstellen)? Falls ja, welche Kriterien sind darin vorgesehen bzw. bitte um Beifügung.  Falls nein, weshalb nicht und wann wird die Verordnung erlassen werden?