Eingelangt am 26.01.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Korun, Freundinnen und
Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft,
Familie und Jugend
betreffend massives
Lobbying für neues Waffenhandel-Gesetz (Außenhandelsgesetz)?
Unter anderem
aufgrund eines grünen Entschließungsantrags im
Menschenrechtausschusses „erforderliche Waffenhandelskontrolle“,
der als Ziel eine strengere Waffenhandelskontrolle zur Vermeidung von
Menschenrechtsverletzungen hatte, wurde 2010 im Nationalrat die Novellierung
des Außenhandelsgesetzes („AußHG“) beschlossen.
Der erste
Entwurf der Novelle („Erstentwurf“) wurde in einem informellen
Begutachtungsverfahren Juli 2010 an einen ausgesuchten Kreis von Adressaten
ausgesendet und sah eine Anpassung an EU-rechtliche Standards sowie
weitgehend eine Anhebung des Waffenhandelskontrollstandards in Österreich
vor. Im nun vorliegenden Ministerialentwurf zum AußHG wurden allerdings
viele der vorgesehenen Verbesserungen im Waffenhandelskontrollstandard wieder
zurückgenommen bzw. ersatzlos gestrichen. Einige Punkte stellen sogar
einen Rückschritt hinter die Standards des jetzigen
Außenhandelsgesetzes dar. Mehrmals war von Interventionen und versuchter
Einflussnahme der Waffenlobby auf die Novellierung die Rede. Die nun im
Ministerialentwurf vorgesehene, waffenfreundliche
„Stoßrichtung“ dürfte jedoch der Zielsetzung des
Nationalratsentschlusses (Verbesserung der Waffenhandelskontrolle) nicht
entsprechen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
- Wie hoch ist
der wertmäßige Anteil der bewilligungspflichten Güter nach
dem AußHG im Vergleich an den Gesamtexporten der
österreichischen Wirtschaft, aufgegliedert nach den letzten 5 Jahren
und untergliedert in Dual-Use Güter (Güter mit doppelten
Verwendungszweck) und Militärgütern?
- Wie viele
Ausfuhranträge wurden in den letzten 5 Jahren nach dem AußHG
gestellt, wie viele verweigert und aus welchen Gründen?
- Wie hoch ist
der wertmäßige Anteil der bewilligten bzw. verweigerten
Ausfuhranträge im Vergleich zu den österreichischen
Gesamtexporten der jeweiligen Jahre?
- Weshalb wurden
im Ministerialentwurf etliche, noch im Erstentwurf vorgesehene,
höhere Waffenhandels-Kontrollstandards zugunsten schwächerer
Kontrollstandards geändert? Wie steht das im Einklang mit dem
umzusetzenden Gemeinsamen Standpunkt, 2008/944/GASP, der ja nur
Mindeststandards festschreibt und in Art. 3 ausdrücklich
festhält, dass die Mitgliedstaaten berechtigt sind, höhere
Standards beizubehalten?
- Weshalb haben
Sie den Genehmigungsgrundsatz in §5 AußHG des Erstentwurfs, der
eine Ausfuhrverweigerung vorsah, wenn ein "Grund zur Annahme
(…)“ besteht, dass es zu einer Menschenrechtsverletzung durch
diese Ausfuhr kommen könnte, nun zugunsten des
waffenexportfreundlicheren Grundsatzes „begründetem
Verdacht“ die Ausfuhr verweigert werden darf, ersetzt?
a)
Ist diesbezüglich jemand mit einem solchen
Ansinnen an Sie herangetreten?
b)
Wenn ja, von wem stammt das Ansinnen?
- Entspricht die
Formulierung „begründeter Verdacht“ bei den
Genehmigungskriterien - insbesondere beim Beurteilungskriterium
bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte - dem Standard des
geltenden Außenhandelsgesetzes?
- Warum
widersprechen die nun vorgesehenen, schwächeren Bewilligungsstandards
(§5 Ministerialentwurf) der ausdrücklichen Zielsetzung des
Entschließungsantrags des Nationalrates durch eine strengere
Endverbraucherkontrolle, Nachverfolgbarkeit und Sanktionen die
Waffenhandelskontrolle zu verbessern?
- Wie
gedenken Sie trotz der vorgesehenen, schwächeren
Bewilligungskriterien eine effektive Endabnehmerkontrolle sicherzustellen?
- Weshalb folgen
Sie bei dem Ministerialentwurf nicht dem Beispiel anderer
EU-Mitgliedsstaaten, wie zB Schweden oder Finnland, wo die Ausfuhr und
Produktion von Militärgütern grundsätzlich verboten ist und
die Genehmigung als Ausnahme gilt (sozusagen „Ausfuhr als Privileg“)?
- Können
Sie einen Fall schildern, in dem ein „begründeter
Verdacht“ vorliegen könnte? Welche Schwelle für
„Begründetheit“ wird vom Ministerium angesetzt und wie
wird diese definiert werden?
- Weshalb wurden
Strafuntergrenzen für Vorsatzdelikte, die noch im Erstentwurf
formuliert waren, wieder gestrichen und gab es diesbezüglich
Forderungen von Interessensvertretungen und falls ja welche?