7508/J XXIV. GP
Eingelangt am
27.01.2011
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Anfrage
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend FPÖ-Comic- Ermittlungsergebnisse ohne Ermittlungen?
Im Wien-Wahlkampf im September 2010 hat die FPÖ ein Comic-Heftchen an alle Haushalte verschickt, in dem unter dem Titel „Sagen aus Wien“ zum Beispiel ein HC einen Buben auffordert, einem Türken, dem „Mustafa“ eine mit der Steinschleuder aufzubrennen. Der Bub betätigt daraufhin seine Steinschleuder, trifft („Leiwand! Voll aufs Nudelaug!“) und wünscht sich von HC darauf seine versprochene Belohnung. Der grottenschlecht gezeichnete Comic, der auch weitere versteckte Anspielungen und Codes enthält (siehe z.B. http://www.vsstoe-wien.at/zur-problematik-des-strache-comics/), wurde deshalb von den Wiener Grünen bzw. deren damaligem Stadtrat David Ellensohn, der Islamischen Glaubensgemeinschaft und von 944 Einzelpersonen, die das Bündnis für Menschenrechte und Zivilcourage organisiert hatte, wegen des Verdachtes auf Verhetzung angezeigt.
In der öffentlichen Debatte wurde das Comic-Heft bzw. die inkriminierten Passagen sehr deutlich mit Verhetzung und der Aufforderung zu Gewalt in Beziehung gebracht. So antwortete die renommierte Linguistin Univ.Prof. Dr. Ruth Wodak auf eine Frage des „Standard“ (28.9. 2010) etwa: “ Darin sehe ich eine Aufforderung zu physischer Gewalt gegen Minderheiten, die anscheinend auch belohnt werden soll. „
Das Netzwerk Kinderrechte, das über 30 Mitgliedsorganisationen vertritt, verwehrte sich in einer Presseaussendung (OTS, 29.9.2010) gegen den im Comic enthaltenen Aufruf zu Gewalt, während der Werbefachmann Harry Bergmann dem „Kurier“ (30.9.2010) gegenüber erklärte: „Es ist und bleibt Hetzpropaganda im übelsten Sinn“.
Die Staatsanwaltschaft Wien hat nun laut Medienberichten nach mehreren Monaten das Verfahren gegen den angezeigten Verantwortlichen in der FPÖ, Parteiobmann Strache, eingestellt. Eine Begründung für die Einstellung liegt nicht vor. Interessant wäre auch zu erfahren, warum die Anzeige bzw. das Verfahren zunächst an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt überantwortet wurde, bis es dann wieder nach Wien zurückgewandert ist, wo die Staatsanwaltschaft in einem Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens empfohlen hat, die von dieser nun bestätigt wurde. Da HC Strache als Abgeordneter von der parlamentarischen Immunität erfasst ist, hätte sich die Staatsanwaltschaft im Falle von Ermittlungen an den Nationalrat wenden müssen, um die Aufhebung der parlamentarischen Immunität zu beantragen. Das ist nachweislich nicht geschehen. Somit bleibt unklar, ob in der angezeigten Causa jemals Ermittlungsschritte gesetzt wurden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1). Wie viele Sachverhaltsdarstellungen bzw. Anzeigen wegen des Verdachtes der Verhetzung oder anderer strafrechtlich relevanter Delikte hat die Staatsanwaltschaft Wien wegen der Werbeaussendung der FPÖ Wien mit dem Titel „Sagen aus Wien“ erhalten?
2). Wann hat die Staatsanwaltschaft Wien in dieser Causa Ermittlungen aufgenommen und unter welcher Aktenzahl?
3). Hat die Staatsanwaltschaft Wien die Anzeige bzw. die Ermittlungen in dieser Causa tatsächlich an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt abgetreten? Wenn ja, wann und aus welchem Grund?
4). Hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt in dieser Causa Ermittlungsschritte gesetzt? Wenn ja, wann und welche? Wenn nein, warum nicht?
5). Was waren die Gründe, die dazu geführt haben, dass das Verfahren in dieser Causa wieder an die Staatsanwaltschaft Wien zurückgegangen ist?
6). Hat die Staatsanwaltschaft Wien in dieser Causa jemals Ermittlungsschritte gesetzt? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
7). Wurde in der genannten Causa ein Gutachten eingeholt? Wenn ja, durch wen, von wem und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?
8). Wie wurde die Empfehlung der Staatsanwaltschaft Wien, das Verfahren einzustellen, begründet?
9). Wie hat die Oberstaatsanwaltschaft Wien ihre Entscheidung, der Empfehlung der Staatsanwaltschaft Wien zu folgen, begründet?
10). Wurde auch das Bundesministerium für Justiz über alle verfahrensrelevanten Entscheidungen informiert? Wenn ja, können Sie diese Informationen präzisieren?
11). Warum wurde bis zur Entscheidung, die Anzeige zurückzulegen bzw. das Verfahren einzustellen, von keiner der damit befassten Staatsanwaltschaften ein Ersuchen an den Nationalrat gerichtet, über die Aufhebung der parlamentarischen Immunität zu entscheiden bzw. diese Aufhebung einzufordern?