7652/J XXIV. GP

Eingelangt am 07.02.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend wiederholt rassistische „Amtshandlungen“ in der Polizei

 

 

Nachdem die Innenministerin in der letzten Sitzung des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses ausschloss, dass es bei der Polizei Probleme mit strukturellem Rassismus gibt, kam es im Jänner zu einem weiteren Vorfall bei dem ein afrikanisches Opfer einer Messerattacke mutmaßlich schikanös und herabwürdigend von den amtshandelnden Polizisten behandelt wurde. James E. war am 8. Jänner 2010 gemeinsam mit einem Landsmann in der Straßenbahn rassistisch beschimpft und mit einem Messer bedroht worden. Andere Fahrgäste verständigten die Polizei, die am Urban-Loritz-Platz einschritt und den Sachverhalt zu klären versuchte. Die beiden Nigerianer, die Opfer dieses Zwischenfalls waren, wurden in ein nahe gelegenes Wachzimmer gebracht, wo sie als Zeugen befragt werden sollten. James E. behauptete er wäre von der Polizei von Anfang an "wie ein Verbrecher" behandelt worden. Im Zuge dieser Befragung habe der Abteilungsinspektor zu James E. gesagt „ Jetzt will ich deinen Arsch sehen“ und dieser habe sich nackt ausziehen und Kniebeugen machen müssen. Er habe sich nackt auf den Boden hocken müssen, seine Körperöffnungen seien auf Drogen untersucht worden - ohne dass die notwendige Anordnung der Staatsanwaltschaft eingeholt worden wäre. Dabei seien rassistische Bemerkungen über sein Geschlechtsteil gefallen. Auch seien rassistische Aussagen des ebenfalls in der Wachstube anwesenden mutmaßlichen Täters durch zustimmendes Gelächter der amtshandelnden Polizisten goutiert worden. Medienberichten zufolge widersprechen sich die Aussagen der nun wegen Amtsmissbrauch angeklagten Polizisten massiv: Während einer behauptet, überhaupt nichts davon bemerkt zu haben, behauptet der Zweite, James E. habe sich nie ganz ausziehen müssen und der dritte Polizist behauptet, er habe ihn sehr wohl nackt gesehen.

Selbstverständlich betreffen diese oder ähnliche Vorwürfe nicht pauschal die Gesamtheit der Polizei sondern immer konkrete BeamtInnen die an konkreten rassistischen Übergriffen teilgenommen haben sollen. Umso mehr liegt es im Interesse der Polizei als Gesamtorganisation Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen, um solche Fälle in Zukunft mit Sicherheit auszuschließen.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Was war das Ergebnis der Einvernahme des mutmaßlichen Täters, der James E. und seinen Begleiter in der Straßenbahn mit einem Messer attackiert und rassistisch beschimpft hatte?

 

  1. Kam es zu einer Anklageerhebung bzw. Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Täter, da dieser James E. mit einem Messer attackiert und rassistisch beschimpft hatte?

 

  1. Wurde auch der mutmaßliche Täter einer Leibesvisitation unterzogen? Falls ja, wie genau lief diese ab? Falls nein weshalb nicht, wo dieser doch offensichtlich ein Messer mit sich führte?

 

  1. Entspricht es der Vorgehensweise der Polizei, Zeugen bzw. Opfer einer Straftat routinemäßig Leibesvisitationen auf der Wachstube zu unterziehen? Falls ja, inwiefern und aufgrund welcher rechtlichen Grundlage?

 

  1. Aufgrund welchen konkreten Verdachtsmoments wurde James E. einer Leibesvisitation unterzogen?

 

  1. Aufgrund welcher rechtlichen Grundlage wurde James E. einer Leibesvisitation unterzogen?

 

  1. Ist eine solche Personendurchsuchung bei einem Zeugen auf bloßen Verdacht hin rechtmäßig und beinhaltet diese stets, sich gänzlich nackt auszuziehen und Körperöffnungen inspizieren zu lassen? Inwiefern steht dies im Einklang mit Art 3 EMRK, wonach erniedrigende Behandlung eines Menschen durch die Staatsgewalt verboten ist bzw. mit dem Recht auf Privatsphäre in Art. 8 EMRK?

 

  1. Entspricht die laut Medien (zB Presse) getätigte Aussage des Abteilungsinspektors: "Jetzt will ich deinen Arsch sehen" dem üblichen Umgangston bei einer Leibesvisitation der Wiener Polizei und stellt dies nicht eine eindeutige herabwürdigende Behandlung iSd Art 3 EMRK dar?

 

  1.  Inwiefern darf die Polizei - ohne staatsanwaltliche Anordnung-bei solchen Personendurchsuchungen diese dazu auffordern bzw. zwingen, sich nackt auszuziehen? Entspricht das dem üblichen Vorgehen der Wiener Polizei bei Durchsuchungen nach Drogen?

 

  1. Nach einem Bericht in der Presse sagte James E., seine Körperöffnungen wären auf Drogen untersucht worden. Laut § 40 SPG, auf den sich auch die Polizisten berufen, ist mit der Durchsuchung von Körperöffnungen ein Arzt zu betrauen. Weshalb ist das in diesem Fall nicht geschehen?

 

  1. Wenn, wie in den Medien kolportiert, der Verdacht auf Drogenbesitz Anlass für die erniedrigende Leibesvisitation war, weshalb wurde James E. dann nicht die Möglichkeit – wie dafür ausdrücklich im § 43 Abs. 2  SMG vorgesehen- gegeben, sich durch geeignete bildgebende Verfahren durchsuchen bzw. screenen zu lassen?

  1. Zwei der angeklagten Polizisten tätigten im Prozess widersprüchliche Aussagen: Während der Erstangeklagte meinte, niemand habe James E. aufgefordert sich komplett auszuziehen und er habe diesen niemals ganz nackt gesehen, gab der Zweitangeklagte an, er habe James F. sehr wohl ganz nackt gesehen. Wie erklären Sie sich das?

 

  1. Inwiefern entspricht das Nichtanerkennen eines Führerscheins eines Afrikaners als Legitimationsnachweis, wie zB durch den Beamten, der James E. aufs Wachzimmer brachte und seinen österreichischen Führerschein nicht als Legitimationsnachweis gelten ließ, da dies "kein Ausweis für Schwarze, weil Österreich keine Grenze mit Afrika hat" der Vorgehensweise der Wiener Polizei? Gibt es diesbezüglich Erlässe oder Weisungen (falls ja bitte anhängen)?

 

  1. Wann werden Sie aufhören, solche beschämenden „Amtshandlungen“ höchstens als „bedauerliche Einzelfälle“ abzutun und auf die Serie von ähnlich gelagerten Fällen reagieren?

 

  1. Was werden Sie strukturell, also jenseits von isolierten Einzelmaßnahmen, unternehmen damit solche erniedrigenden und beschämenden „Amtshandlungen“ nicht immer wieder passieren?