7753/J XXIV. GP

Eingelangt am 24.02.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend gerichtlich strafbarer Handlungen sogenannter Bettelbanden

Peter Goldgruber, Leiter der Sicherheits- und verkehrspolizeilichen Abteilung der
Bundespolizeidirektion Wien meint in einem Interview im Dezember 2009 auf Oe1 in
"Moment Leben heute" am 17.12.2009):

"Gibt es mafiöse Banden, bei denen die Bettler ihr Geld abliefern müssen?

Peter Goldgruber: Das lässt sich durch konkrete Erhebungsergebnisse so nicht
beweisen und als Polizist kann ich Ihnen jetzt keine Vermutungen erz
ählen, sondern
nur das, was sich beweisen lässt. Und das was sich beweisen lässt, ist momentan
noch sehr wenig. Da sind wir bei den Ermittlungen noch in einem fr
ühen Stadium.

Geht man davon aus, dass es viele solcher Banden gibt?

Peter Goldgruber: Das kommt sehr selten vor, die meisten derartigen Behauptungen
haben sich in Luft aufgel
öst. In sehr vielen Fällen muss man sagen, kommen durchaus
Familiengruppen zum Betteln, die hier zwar organisiert betteln, weil sie sich als
Familienclan sozusagen absprechen und das aufteilen, wo aber kein gerichtlich
strafbarer Hintergrund jetzt da ist, dass da irgendjemand gezwungen wird gegen
seinen Willen zu betteln."

14 Monate später scheint man auf Seiten der Polizei die nötigen Beweise schon
zusammengesammelt zu haben. Auf NEWS.at (9.2.2011) wurden unter dem Titel
Zum Betteln gezwungen? Was wirklich hinter dem Mythos ,Bettelbanden‘ steckt“
folgende Stellungnahmen dokumentiert.

"Etwas zu geben ist nicht gut, denn das kommt fast nie zu hundert Prozent dieser
Person zugute", ist Oberst Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bek
ämpfung
der Schlepperkriminalit
ät am Bundeskriminalamt überzeugt. Seine jahrelange
Erfahrung hat ihn eines gelehrt: Aus Selbstzweck betteln nur die wenigsten. "In
über 50
Prozent der F
älle steht jemand dahinter", zieht er Bilanz.

Diese Aussage wird im selben Interview umgehend von Ulrike Gladik von der Wiener
Bettellobby relativiert:


Wenn jemand Geld für eine Fahrt oder ein Quartier verlangt, steckt dahinter nicht
automatisch eine kriminelle Organisation, ist sie sich sicher. Meistens schließen sich
Familien, Nachbarn und Freunde zusammen, um gemeinsam zum Betteln nach
Österreich zu fahren.

Es herrscht somit Klärungsbedarf welche konkreten Erkenntnisse aus den
umfangreichen Ermittlungen im Zusammenhang mit sogenannten Bettelbanden
mittlerweile gewonnen werden konnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.                             Wie viele Abschlussberichte wurde von den Ihnen unterstellten
Sicherheitsbeh
örden im Zusammenhang mit Ermittlungen im Bereich
sogenannter Bettelbanden im Zeitraum zwischen Dezember 2009 und Februar
2011 erstellt?

2.              Inwiefern legen die darin erläuterten Ermittlungsergebnisse den Verdacht auf
die tatbildm
äßige Begehung der Strafdelikte §§ 99 (Freiheitsentziehung), 100,
101, 102 (Entf
ührungsdelikte), 104 (Sklavenhandel), 104a (Menschenhandel),
105, 106 (Nötigungsdelikte), 278 (kriminelle Vereinigung) oder 278a StGB
(kriminelle Organisation) nahe?

3.              In welchem Ausmaß wurden Personalressourcen für Ermittlungen im
Zusammenhang mit Bettelbanden gebunden?

4.              Welche Kosten sind dem/der SteuerzahlerIn dadurch entstanden?

5.              Bezieht sich die zitierte Aussage des Leiters der Zentralstelle zur Bekämpfung
der Schlepperkriminalität am Bundeskriminalamt "In über 50 Prozent der Fälle
steht jemand dahinter"
auf ganz Österreich?

6.              Auf welches Jahr, welche Jahre bezieht sich die Aussage?

7.              Errechnet sich dieser Wert von über 50 % auf Basis der angezeigten
Verdachtsfälle oder auf Basis strafrechtlicher Verurteilungen?

8.              Welche absoluten Zahlen liegen der Aussage "In über 50 Prozent der Fälle
steht jemand dahinter"
zu Grunde (Gesamtbettelfälle“, Betteln aus
Selbstzweck“,
Betteln mit Hintermännern“)?

9.        Gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG dürfen Sicherheitsbehörden bestimmte
personenbezogene Daten (inklusive den maßgeblichen Grund der
Speicherung) verarbeiten, wenn gegen den Betroffenen Ermittlungen im
Dienste der Strafrechtspflege eingeleitet worden sind. Bei wie vielen von der


Polizei nach den Strafdelikten §§ 99 (Freiheitsentziehung), 100, 101, 102
(Entführungsdelikte), 104 (Sklavenhandel), 104a (Menschenhandel), 105, 106
(Nötigungsdelikte), 278 (kriminelle Vereinigung) und 278a StGB (kriminelle
Organisation) angezeigten Fällen (gegliedert nach den Jahren 2008, 2009 und
2010) stand der maßgebliche Grund der Speicherung im Zusammenhang mit
Bettelei?

10.         Gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz SPG hat die Sicherheitsbehörde die Daten, die
sie verarbeitet hat, bei Einstellung von Ermittlungen oder Beendigung eines
Verfahrens einer Staatsanwaltschaft oder eines Strafgerichtes, durch
Anmerkung der Einstellung oder Verfahrensbeendigung und des bekannt
gewordenen Grundes zu aktualisieren. Bei wie vielen F
ällen dieser angezeigten
Bettelei wurde gegliedert nach den Strafdelikten §§ 99 (Freiheitsentziehung),
100, 101, 102 (Entf
ührungsdelikte), 104 (Sklavenhandel), 104a
(Menschenhandel), 105, 106 (N
ötigungsdelikte), 278 (kriminelle Vereinigung)
und 278a StGB (kriminelle Organisation) jeweils in den Jahren 2008, 2009 und
2010 in weiterer Folge die Einstellung angemerkt?

11.         Gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz SPG hat die Sicherheitsbehörde die Daten, die
sie verarbeitet hat, bei Einstellung von Ermittlungen oder Beendigung eines
Verfahrens einer Staatsanwaltschaft oder eines Strafgerichtes, durch
Anmerkung der Einstellung oder Verfahrensbeendigung und des bekannt
gewordenen Grundes zu aktualisieren. Bei wie vielen F
ällen dieser angezeigten
Bettelei wurde gegliedert nach den Strafdelikten §§ 99 (Freiheitsentziehung),
100, 101, 102 (Entf
ührungsdelikte), 104 (Sklavenhandel), 104a
(Menschenhandel), 105, 106 (N
ötigungsdelikte), 278 (kriminelle Vereinigung)
und 278a StGB (kriminelle Organisation) jeweils in den Jahren 2008, 2009 und
2010 in weiterer Folge die Verfahrensbeendigung durch Freispruch angemerkt?

12.     Gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz SPG hat die Sicherheitsbehörde die Daten, die
sie verarbeitet hat, bei Einstellung von Ermittlungen oder Beendigung eines
Verfahrens einer Staatsanwaltschaft oder eines Strafgerichtes, durch
Anmerkung der Einstellung oder Verfahrensbeendigung und des bekannt
gewordenen Grundes zu aktualisieren. Bei wie vielen F
ällen dieser angezeigten
Bettelei wurde gegliedert nach den Strafdelikten §§ 99 (Freiheitsentziehung),
100, 101, 102 (Entf
ührungsdelikte), 104 (Sklavenhandel), 104a
(Menschenhandel), 105, 106 (N
ötigungsdelikte), 278 (kriminelle Vereinigung)
und 278a StGB (kriminelle Organisation) jeweils in den Jahren 2008, 2009 und
2010 in weiterer Folge die Verfahrensbeendigung durch Verurteilung
angemerkt?

13.         Gibt es in ihrem Ministerium wissenschaftliche Studien, die sich mit dem
Ph
änomen der sogenannten organisierten Bettelei“ auseinandersetzen?

14.         Wenn ja, zu welchen Schlüssen kommen diese Studien?