7861/J XXIV. GP

Eingelangt am 03.03.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

 

betreffend Millionenschaden für die Republik durch Freundschaftsdienste in der „aws Austria Wirtschaftsservice GmbH“ für Mitglieder des Grasser-Hochegger-Netzwerks

 

 

Zwischen öffentlichen Auftraggebern auf Bundesebene und diversen Firmen eines Herrn Christian Jagerhofer, Fotograf der Bilder auf der legendären steuerbefreiten Homepage von Karl-Heinz Grasser, bestanden jahrelang auffällig zahlreiche, für Jagerhofer lukrative Geschäftsbeziehungen.

 

Bereits Anfang 2010 musste die Anfragestellerin eine besonders merkwürdige dieser Geschäftsbeziehungen im Rahmen einer Parlamentarischen Anfrage thematisieren: Die Causa „ÖBB Dienstbekleidung Ausschreibung 2008“, Rahmenvertrag ÖBB-Dienstbekleidung – Bardi GmbH, vorm. Foccini; vgl. 4802/J XXIV.GP). Der dafür nicht qualifizierten und finanziell offensichtlich im Trudeln befindlichen Jagerhofer-Firma wurde von den ÖBB-Spitzenmanagern Martin Huber und Franz Nigl ein Riesenauftrag zugeschanzt. Während die ÖBB-Spitze nach der Aufdeckung dieses Skandalgeschäfts durch die Grünen damals noch verbreiten ließ, es sei nichts falsch gelaufen, wird den ÖBB aus diesem „Geschäft unter Freunden“ real ein Schaden von bis zu 1,35 Mio Euro entstehen, für den aber natürlich nicht der mit Millionenabfertigung etc verabschiedete Martin Huber oder der zwar in Ungnaden gegangene, aber als Personalchef der Post AG weich gelandete Franz Nigl, sondern letztlich die Bahnkunden und die Allgemeinheit finanziell geradestehen werden müssen.

 

Der ÖBB-Dienstbekleidungs-Skandal entpuppt sich aber zunehmend nur als die Spitze eines Eisbergs in einem blau-schwarz-orange gesprenkelten Sumpf im Dunstkreis von Karl-Heinz Grasser und seinen Freunden.

 

Das Netzwerk:

 

Den Grünen vorliegenden Informationen zufolge soll Christian Jagerhofer einerseits im Netzwerk rund um seinen Schulkollegen aus Klagenfurter Gymnasiumszeiten Karl-Heinz Grasser - Aktionär in Unternehmen von Jagerhofers bekannterem und wirtschaftlich erfolgreicherem Bruder – und dessen enge Wegbegleiter Walter Meischberger (Trauzeuge) und Matthias Winkler (Kabinettschef) bestens verankert zu sein. So wertete Grasser das Fest anlässlich des Börsegangs der Jagerhofer-Firma Foccini AG in der Wiener Börse als Ehrengast mit seinem Glanz auf.

Zugleich ist Christian Jagerhofer auch im nahen Umfeld weiterer früherer und derzeitiger BZÖ- und FPÖ-Prominenter vernetzt, beispielsweise als Nachbar des nunmehrigen Gatten von BZÖ-Justizministerin a.D. Dr. Gastinger oder als Reisebegleiter von FPÖ-Chef Strache ins sonnige Costa Rica, und wurden er bzw. seine Firmen aus diesem Umfeld mit Aufträgen und anderen Dienstleistungen versorgt.

Trotz all dieser Netzwerks-Aufträge ist in den letzten Jahren geradezu eine Pleitewelle über Firmen von Christian Jagerhofer hinweggefegt. Daran konnte offenbar auch die langjährige Geschäftspartnerschaft mit Peter Hochegger und dessen schon in die Grasser-Homepage-Affäre involvierten Agentur-Geschäftsführungs-Nachfolger Wolfgang Krainz nichts ändern: Seit 2009 wurden von Christian Jagerhofer mindestens sieben (!) GmbHs aus unterschiedlichen Branchen in den Konkurs geführt, auch der Privatkonkurs (41 S 23/10 w BG Wien-Döbling) ist seit 2010 - mit über 3 Mio Euro (!) Gläubigerforderungen und ohne Besitztümer - eröffnet.

 

Der Austria Wirtschaftsservice/Besson-Deal:

 

Über Kontakte im skizzierten Netzwerk rund um die Achse Karl-Heinz Grasser/Matthias Winkler/Peter Hochegger/Wolfgang Krainz konnte sich Christian Jagerhofer Zugang zu Dr. Peter Takacs verschaffen, dem damaligen (2009 unter unrühmlichen Umständen aus seiner Funktion geschiedenen) Chef der aws Austria Wirtschafts Service GmbH. Takacs war vormaliger Mitarbeiter im Finanzministerium und ÖVP-Finanzstaatssekretariat sowie stv. Kabinettschef der ÖVP-Wirtschaftsminister Johannes Ditz und Hannes Farnleitner. Die aws ist die Förderungs- und Finanzierungsbank des Bundes für den Mittelstand und steht zu 100% im Eigentum des Bundes (BMVIT und BMWFJ).

 

Auf der aws-Homepage wird unter anderem unter dem Titel „Sanieren statt ruinieren“ ausgeführt: „Unternehmenszusammenbrüche können vermieden werden. Das Wie erläutern aws-Experten ... Dabei stellen sie praxisrelevante Maßnahmen zur Unternehmensfortführung vor. (...)“

 

Im Fall von Christian Jagerhofer wurde diese Philosophie vom damaligen aws-Chef offenbar sehr kreativ umgesetzt:

 

Die Jagerhofer-Firma Besson GmbH, öffentlich breiter bekannt geworden durch Ausrüstung von ÖSV-AthletInnen und durch einen via strittiger Vergabe zustande gekommenen Auftrag für Schi- und Winterbekleidung von ORF-Sportmoderatoren, ist 2009 in Konkurs gegangen (Handelsgericht Wien, 28 S 84/09w - Konkurs ist bis dato noch nicht abgeschlossen).

 

Im Hinblick auf Förderungen für diese Firma Besson GmbH soll Christian Jagerhofer über Interventionen von Mag. Wolfgang Krainz (früher Vorstand bei Lemon 42, Geschäftsführer von Besson, Geschäftsführer bei Hochegger.com, jetzt Martrix GmbH, in die Karl-Heinz Grasser-Homepage-Affäre involviert, Ko-Gesellschafter von Christian Jagerhofer bei dessen 2010 ebenfalls in Konkurs gegangener Santhia Gmbh/Terrassinger-Cafe) mehrere Termine beim damaligen Chef der aws Austria Wirtschafts Service GmbH Dr. Peter Takacs ergattert haben.

 

Schlussendlich erhielt das Unternehmen Besson GmbH Förderzusagen im mehrfachen Millionen-Bereich seitens der aws Austria Wirtschafts Service GmbH. Nach dem Konkurs der Besson GmbH im Jahr 2009 wurde das Thema Besson-Förderungen bei der aws dem Vernehmen nach intern bereits abgelegt. Dies, obwohl der Konkurs noch gar nicht abgeschlossen ist!

 

Die aws – und somit die Republik Österreich und die SteuerzahlerInnen - haben durch den Besson-Konkurs einen sehr großen finanziellen Schaden erlitten.

 

Es stellt sich die Frage, warum dieser Akt in der aws dennoch so extrem schnell nieder gelegt worden ist, wer hierfür die Verantwortung trägt und wieso die Eigentümer der aws – BMVIT und BMWFJ – hier bislang offenkundig untätig geblieben sind.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Wie lief die unter der Verantwortung des damaligen Chefs der aws - vormals Mitarbeiter von zwei ÖVP-Ministern und einem ÖVP-(Finanz)-Staatssekretär zustandegekommene Fördervergabe der Austria Wirtschafts Service GmbH an das Unternehmen Besson GmbH von Hr. Christian Jagerhofer im einzelnen zeitlich und finanziell von der ersten Anbahnung bis heute ab?

 

  1. Welche Rolle spielte Wolfgang Krainz, in die Grasser-Homepage-Affäre verwickelt und nun in der Geschäftsführung des Hochegger.com Nachfolgekonglomerats Martrix tätig, im einzelnen bei der Anbahnung dieser „Geschäftsbeziehung“ aws/Besson?

 

  1. Welche Rolle spielte Matthias Winkler, ehemaliger Kabinettschef Grassers und federführender Akteur in der Grasser-Homepage-Affäre, im einzelnen bei der Anbahnung dieser „Geschäftsbeziehung“ aws/Besson?

 

  1. In welchem Umfang wurden insgesamt Förderungen und /oder Haftungen a) bewilligt/zugesprochen, b) ausgezahlt?

 

  1. Wann wurde der Akt „Besson“ in der aws Austria Wirtschafts Service GmbH nieder- bzw. abgelegt?

 

  1. Wie erklären Sie, dass der Akt „Besson“ in der aws Austria Wirtschafts Service GmbH bereits nieder- bzw. abgelegt wurde, bevor der 2009 eröffnete Konkurs der Besson GmbH beim Handelsgericht Wien abgeschlossen wurde?

 

  1. Auf wessen Veranlassung und in wessen Verantwortung ist dieser merkwürdig übereilte aws-interne Schlussstrich in dieser Form erfolgt?

 

  1. Wie groß ist der Schaden, der der aws und damit der Republik Österreich und den SteuerzahlerInnen beim Förder-/Haftungsfall „Besson GmbH“ bisher insgesamt entstanden ist?

 

  1. Wer ist dafür politisch verantwortlich?

 

  1. Wie werden Sie dafür Sorge tragen, dass dieser Schaden noch soweit irgend möglich minimiert wird?

 

  1. Falls Sie nichts im Sinne einer Schadensreduzierung für die österreichischen SteuerzahlerInnen unternehmen wollen: Warum nicht?

 

  1. Können Sie im gegenständlichen Fall Aspekte hinsichtlich §133 StGB (Veruntreuung) ausschließen, wenn ja auf welcher Grundlage?

 

  1. Können Sie im gegenständlichen Fall Aspekte hinsichtlich §156 StGB (Betrügerische Krida) ausschließen, wenn ja auf welcher Grundlage?

 

  1. Können Sie im gegenständlichen Fall Aspekte hinsichtlich §159 StGB (Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen) ausschließen, wenn ja auf welcher Grundlage?