7867/J XXIV. GP
Eingelangt am 04.03.2011
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Anfrage
der Abgeordneten Grünewald, Öllinger, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in den Bundesländern
Ein Sterben in Würde mit kompetenter Betreuung und Begleitung ist das Hauptanliegen der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung. Eine gute Grundversorgung und spezialisierte Hospiz- und Palliativeinrichtungen müssen für alle, die sie brauchen, in ganz Österreich flächendeckend verfügbar sein. Dazu bekennt sich die Regierung auch im aktuellen Regierungsprogramm[1].
Seit den 90iger Jahren des 20. Jahrhunderts wuchsen in Österreichs Bundesländern[2] zahlreiche Hospizinitiativen, meist aus dem Engagement Einzelner, die sich - je nach Mentalität und vorhandenen Strukturen - mehr zentral oder dezentral organisierten. Mit Ende des 20. Jahrhunderts begannen sich die lokalen Initiativen in Landesverbänden zusammenzuschließen.
Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte bzw. den Ausbau in den einzelnen Bundesländern.
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Geschichte |
Aktueller Stand[3] |
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In Vorarlberg begann 1994 der landesweite strukturelle Aufbau der Hospizbewegung. Trägerin ist die Caritas mit Unterstützung des Landes Vorarlberg. Zeitgleich beginnt das Bildungshaus Batschuns mit dem ersten Lehrgang „Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung“. Bereits 10 Jahre zuvor wurden zusammen mit der Kath. Kirche Strukturen für Kranken- und Sterbebegleitung in Krankenhäusern geschaffen.
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In Tirol wurde 1992 die „Tiroler Hospiz-Gemeinschaft/Verein der Caritas für Sterbebegleitung und Lebensbeistand“ gegründet. 1993 wurde mit einem ambulanten Team begonnen, PatientInnen zu Hause zu betreuen. 1998 wurde ein Stationäres Hospiz im KH der Barmherzigen Schwestern in Innsbruck eingerichtet.
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In Salzburg wurde die Gründung der Hospizbewegung von der Caritas initiiert, um 1994 als eigenständiger überkonfessioneller „Verein für Lebensbegleitung und Sterbebeistand“ etabliert zu werden. Zunächst waren die HospizmitarbeiterInnen ausschließlich ambulant tätig. 2000 wurde das österreichweit 1. Modell eines Tageshospizes im Kleingmainerhof eröffnet.
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In Oberösterreich wurde in einer Kirchenzeitung bereits 1977 ein Artikel anlässlich des 10-jährigen internationalen Hospiztages veröffentlicht. 1994 wurde der Verein „Hospizbewegung OÖ“ gegründet. Mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit wurde der Hospizgedanke verbreitet, 1996 ein ambulanter Hospizdienst begonnen. Ab1996 gab es im KH der Elisabethinen „Integrierte Hospizbetreuung -Multidisziplinäre Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen“. |
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In Kärnten wurde im Rahmen der Caritas und des Diakoniewerkes seit den 80iger Jahren Basis-Bildungsarbeit geleistet. 1997 wurde die „Hospizbewegung Kärnten“ als überparteilicher und überkonfessioneller Verein gegründet. Autonome ambulante Hospizteams standen als Ergänzung zu den bereits vorhandenen medizinischen und sozialen Diensten in mehreren Bezirken zur Verfügung.
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In der Steiermark ist über die Erwachsenenbildung und innerbetriebliche Fortbildungen in Krankenhäusern seit den 70iger Jahren der Hospizgedanke verbreitet worden. 1993 wurde der „Hospizverein Steiermark“ gegründet. Kennzeichnend ist die enge Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien im Land. Durch die langjährige Aufbauarbeit und gezielte Öffentlichkeitsarbeit konnten Entscheidungsträger aus verschiedenen Tätigkeits- und Berufsfeldern, im Besonderen im Gesundheitswesen, von der Hospizidee überzeugt werden.
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Die Hospizlandschaft in Niederösterreich ist geprägt von zahlreichen autonomen Hospizinitiativen und –vereinen. Die ersten Initiativen wurden in Baden (1993), Mödling und St. Pölten begründet. Verschiedene Organisationen bildeten eine „Plattform Hospiz“, um den Aufbau eines mobilen Hospizdienstes in enger Kooperation mit stationärer Sterbebegleitung in KH und Pflegeeinrichtungen zu unterstützen. |
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Bereits 1985 wurden in Wien in der Krankenanstalt des Göttlichen Heilands zehn Betten für Schmerztherapiezwecke (v.a. KrebspatientInnen) gewidmet. 1992 wurde dort die erste Hospizstation Österreichs als Teil der Abteilung für Anästhesie eröffnet. 1995 wurde im Rahmen eines Modellversuchs am Geriatriezentrum Wienerwald (GZW) ein stationäres Hospiz mit 20 Betten eröffnet, die Caritas Socialis eröffnete bald darauf das CS-Hospiz Rennweg.
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Der Verein „Hospizbewegung Burgenland“ wurde 1996 gegründet. Die Hospizansprechstelle befindet sich im Altenheim der Evangelischen Diakonie in Oberwart. Neben Bildungsmaßnahmen (Vorträge, Seminare, etc.) ist die ambulante Tätigkeit Hauptaufgabengebiet.
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Die Zeit bis 1999 kann als „Pionierphase“, in welcher Einzelinitiativen stattfanden, bezeichnet werden, dieser folgte eine „Aufbauphase“ zwischen 2000 und 2004, in welcher Palliativstationen erstmals im Krankenanstalten- und Großgeräteplan (ÖKAP/GGP) verankert wurden. Seit 2005 erfolgt die Integration der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung ins Gesundheitswesen.
In der seit 2005 gültigen Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens haben der Bund und alle Bundesländer Einvernehmen darüber erzielt, dass "eine österreichweit gleichwertige, flächendeckende abgestufte Versorgung im Palliativ- und Hospizbereich einheitlich zu planen sowie prioritär umzusetzen" ist. Weiter heißt es: "Im Sinne eines bedarfsgerechten Angebotes ist die Realisierung der übergreifenden Planung der Palliativ- und Hospizversorgung in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Gesundheitsversorgung, d.h. im stationären Akut- und Langzeitbereich, im ambulanten Bereich sowie an den Nahtstellen zum Pflegebereich sicherzustellen."
In diesem Zusammenhang wurde, nicht zuletzt aufgrund einer parlamentarischen Initiative der Grünen und koordiniert durch das BMG, ein Konzept der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung von einer ExpertInnengruppe erarbeitet. In dieser ExpertInnengruppe waren alle Bundesländer sowie die Organisationen Dachverband Hospiz Österreich und Österreichische Palliativgesellschaft vertreten. Dieses Konzept, bestehend aus einem Versorgungssystem mit sechs „Bausteinen", wurde im Jahr 2006 von einer Arbeitsgruppe, in der Bund, Länder, Sozialversicherung und Ärztekammer vertreten waren, bestätigt.
Grafische Darstellung des Konzepts der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung (ÖBIG 2006):

Die „Arbeitsgruppe Hospiz- und Palliativversorgung“ hat 2006 das fertige Konzept für den Auf- und Ausbau sowie die Finanzierung veröffentlicht. Das Ziel, eine bundesweite flächendeckende, bedarfsgerechte und einheitliche Versorgung bis 2012 sicher zu stellen, wurde detailliert in einem Stufenplan dargelegt. Es war vorgesehen, dass die Umsetzung bis 2012 abgeschlossen ist.
Stand der Umsetzung im gesamten Bundesgebiet Ende 2009 (Zwischenstand) sowie Bedarf laut Plan (Ziel) 2012:
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HOSPIZ- UND PALLIATIVEINRICHTUNGEN |
Bedarf 2012 |
Stand |
Umsetzung |
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Palliativstationen (n Betten) |
337 |
244 |
72 % |
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Stationäre Hospize (n Betten) |
168 |
63 |
37 % |
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Tageshospize (n) |
9 |
3 |
33 % |
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Palliativkonsiliardienste (n) |
124 |
35 |
28 % |
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Mobile Palliativteams (n) (VZÄ) |
59 270 |
35 144 |
59 % 53 % |
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Hospizteams (n) |
210 |
140 |
65% |
Vor fast genau 10 Jahren, im Mai 2001, fand im Parlament die Enquete „Solidarität mit unseren Sterbenden – Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich“ statt. Seit damals ist viel geschehen – und vieles nicht. Viele offene Punkte von damals sind noch nicht abgearbeitet, so zum Beispiel die Umsetzung eines österreichweiten Hospizplans, die Schaffung von Professuren für Palliativmedizin, Schmerztherapie und Geriatrie sowie die Schaffung von existenzsichernden Rahmenbedingungen als gesetzlichen Anspruch für jene Angehörigen von Sterbenden, die Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen.
Es gibt glücklicherweise zumindest ein Bundesland, welches sich positiv vom Durchschnitt abhebt: Die Steiermark zeigt hier eine Vorreiterrolle, indem es 2008 gelang, die Hospiz- und Palliativeinrichtungen im Regionalen Strukturplan Gesundheit Steiermark zu verankern[4]. Mit 2009 wurden die steirischen Hospiz- und Palliativeinrichtungen sogar in die Regelfinanzierung überführt.
10 Jahre nach der parlamentarischen Enquete ist es höchst an der Zeit, die bekannten Probleme[5] zu lösen, einheitliche und koordinierte Konzepte und konkrete Pläne, etwa nach dem Beispiel der Steiermark, vorzulegen und bundesweit umzusetzen. Die Entwicklung der Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich 1989 – 2009[6] zeigt: In keinem Bereich der abgestuften Versorgung existieren nachhaltige und verlässliche Finanzierungskonzepte. Vom Ziel eines geplanten Sollzustandes sind wir weit entfernt.
Es gab zwar eine deutliche Zunahme in den Bereichen Ehrenamtliche, Mobile Palliativteams, Palliativstationen und den häufig damit verbundenen Palliativkonsiliardiensten. Die Erklärung dafür ist in der gesicherten Finanzierung zu sehen: Palliativstationen sind die einzigen Einrichtungen mit einer bundesweiten Regelfinanzierung, da sie integrierter Teil von Krankenanstalten sind.
Mit Stand Ende 2009 gab es in den Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich insgesamt 785 Beschäftige, ausgedrückt in Vollzeitäquivalenten (Vollzeit: Beschäftigungsausmaß von 40 Stunden pro Woche. Auf Grund des Anteils an Teilzeitbeschäftigten liegt die Anzahl der tatsächlich in diesem Bereich tätigen Personen deutlich höher). 3.011 ehrenamtliche MitarbeiterInnen haben im Jahr 2009 insgesamt 316.521 Stunden unbezahlte Arbeit geleistet. Diese ehrenamtlichen Teams profitieren in fast allen Bundesländern seit 2007 vom Projekt des Österreichischen Sparkassenverbandes/ERSTE Stiftung „Förderung der ehrenamtlichen Hospizbegleitung in Österreich.“
Humane und qualitativ gute Sterbebegleitung kann in einem modernen Sozialstaat allerdings nicht vorwiegend Agenda von Banken, Mäzenen und karitativen Organisationen sein. Eine Verantwortung der Länder ist gegeben.

Der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG), erstmals 2006 als Rahmenplan für eine integrierte Gesundheitsversorgungsstruktur vereinbart, setzt mit seiner dritten, erweiterten Version ÖSG 2010[7] mit Planungshorizont 2020 einen weiteren großen Schritt in Richtung einer umfassenden Planung des gesamten Gesundheitswesens.
Er ist verbindliche Grundlage für die integrierte Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsstruktur entsprechend der zwischen Bund und Bundesländern getroffenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (BGBl. I Nr. 105/2008). Er spiegelt den Rahmen für Detailplanungen auf regionaler Ebene, insbesondere für die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG). Der ÖSG 2010[8] wurde am 26.11.2010 von der Bundesgesundheitskommission beschlossen und enthält alle "Bausteine" der abgestuften Hospiz und Palliativversorgung.
Wir brauchen einen bundesweit abgestimmten, koordinierten Prozess mit einheitlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen. Sämtliche Konzepte und Pläne müssen an regionale/geographische Gegebenheiten/Besonderheiten angepasst sein. Der Aufbau der Hospiz- und Palliativversorgung kann nur schrittweise erfolgen und sollte einen konkreten Stufenplan mit Etappenzielen enthalten. Der regionale „Wildwuchs“ mit heterogener Finanzierung (fast) ohne Vorgaben des Bundes muss aufgearbeitet werden, vorhandene (gewachsene) Strukturen sind in jeden Fall mit einzubeziehen. Eine bundesweite Koordinationsstelle, die eng mit den LandeskoordinatorInnen kooperiert, sowie begleitendes Monitoring sichern Qualität und Fortschritt. Nur mit einem „Motor auf Bundesebene“ können die Probleme, die sich auch aufgrund der demographischen und epidemiologischen Entwicklungen ergeben, in den Griff bekommen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
[1]
Quelle: Kapitel: Soziales - Optimale Infrastruktur nach den
Wünschen der Betroffenen,
S. 104, www.austria.gv.at/DocView.axd?CobId=19542
[2] http://www.hospiz.at/pdf_dl/broschuere_hospizgeschichte.pdf: Hospizgeschichte in Österreich
[3] http://www.hospiz.at/
[4] www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/10033672_2710512/84ca4d57/RSG-Steiermark_2008.pdf
[5] nach Bericht Arbeitsgruppe Hospiz- und Palliativversorgung 2006: http://www.bmg.gv.at/cms/home/attachments/3/6/7/CH1071/CMS1103710970340/bericht_abgestufte_hospiz-_und_palliativversorgung.pdf
[6] http://www.hospiz.at/pdf_dl/Ergebnisse_Datenerhebung_2009.pdf
[7]http://www.bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Gesundheitssystem_Qualitaetssicherung/Planung/Oesterreichischer_Strukturplan_Gesundheit_OeSG_2010
[8] http://www.bmg.gv.at/cms/site/attachments/1/0/1/CH0716/CMS1136983382893/oesg_2010_-_gesamt,_stand_26.11.2010.pdf, Seiten 88-91
[9] www.ots.at/presseaussendung/OTS_20080812_OTS0166/kdolsky-leistbare-hospizversorgung-in-ganz-oesterreich-ausbauen
[10]http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/3/6/7/CH1071/CMS1103710970340/hos_pal_broschuere_2007.pdf, Seite 13
[11]http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/3/7/2/CH1072/CMS1219052161632/liste_reformpoolprojekte_stand_11._jaenner_2011_korrigiert.pdf