7898/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.03.2011
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch Schweinemastprojekt in Lichtenwörth, NÖ

 

 

Ein Schweinemast-Betreiber (Tösch) im niederösterreichischen Lichtenwörth sorgt auch im Burgenland seit Jahren für Schlagzeilen. Noch vor kurzem wollte er knapp 2500 Schweine (2490) mästen. Dieses Projekt zog er zurück, weil der Umweltsenat eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) forderte (der KURIER berichtete). Nun will der Betreiber am Ortsrand von Lichtenwörth einen Stall für 1990 Schweine errichten. Die geplante Schweinefabrik liegt in der niederösterreichisch-burgenländischen Grenzregion direkt im Zustrombereich der Neufelder Brunnen, die für die Trinkwasserversorgung des gesamten Nordburgenlandes von zentraler Bedeutung sind.

Befürchtungen seitens des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgenland gehen dahin, dass die angrenzenden Brunnen durch den Schweinemast-Betrieb mit Nitrat verseucht werden. Besonders beunruhigt ist man von Seiten der Wasserversorger aufgrund der Tatsache, dass der Grundwasserspiegel im betroffenen Gebiet lediglich 1,5 m unter dem Bodenniveau liegt. Somit ist diese Region aus Sicht der Grundwasserverhältnisse als besonders sensibel einzustufen. In weiterer Folge ist auch eine Verunreinigung im Bereich der angrenzenden Mitterndorfer Senke, dem größten Grundwasservorkommen Mitteleuropas, zu befürchten. Wird dieser konzentrierten Ansiedlung der Massentierzucht nicht Einhalt geboten, muss das Trinkwasser für die Bevölkerung aufbereitet werden, was immense Kosten verursachen würde.

Die Projekte wurde absichtlich knapp unter der IPPC Grenze von 2000 bzw. unter der UVP-Grenze von 2500 Mastschweinen pro Einzelprojekt eingereicht, um eine Prüfung der Umweltauswirkungen zu verhindern. Da es in Lichtenwörth bereits mehrere Schweinefabriken mit dem derzeitigen Bestand von mehr als 30.000 Mastweinen (sh. Kurierartikel vom 23.01.11) gibt, ist jedenfalls eine Zusammenrechnung der Einzelprojekte und dem gleich daneben liegenden (bereits verwirklichten Schweinemaststall Müllner) geboten (sh. UVP-Gesetz § 3 Abs. 2: „Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist.“)


Aktuelle Untersuchungen belegen, dass das Grundwasser im Raum Lichtenwörth/Zillingdorf bis hin nach Neufeld bereits derzeit eine hohe Nitratbelastung aufweist, welche in weiten Bereichen deutlich über dem Schwellenwert für Nitrat von 45 mg pro Liter liegt. Als Umweltminister und oberstes Aufsichtsorgan für das Wasserrecht sind Sie verpflichtet, bei Gefahr im Verzug einzuschreiten.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.    Wie beurteilen Sie die Errichtung der Schweinefabrik angesichts der Tatsache, dass sie sich in unmittelbarer Nähe von Wasserschongebieten und Trinkwasserbrunnen befinden würde?

 

2.    In welcher Phase befindet sich das o.a. beantragte Projekt derzeit?

 

3.    Ist Ihres Erachtens eine relevante Kumulierung der Tierbestände gemäß § 3 Abs.2 UVP-Gesetz im vorliegenden Fall gegeben und bedürfte es daher eines UVP-Feststellungsverfahrens, um festzustellen, dass eine UVP notwendig ist? Wenn nein, wie begründen Sie das?

 

4.    Durch welche konkreten Maßnahmen werden Sie das Trinkwasser-Einzugsgebiet vor den Kontaminationen durch die Schweinemastbetriebe schützen?

 

5.    Durch welche Maßnahmen werden Sie die Grundwasservorkommen im nördlichen Burgenland und südlichen Wiener Becken schützen, um so die Trinkwassergewinnung in qualitativer Hinsicht sicherzustellen? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zum Schutz des Grundwassers ergreifen?

6.    Wie hoch liegen die Nitrat-Werte des Grundwassers im Einzugsbereich der Brunnen? In wie vielen Fällen kam es in den letzten 5 Jahren zu Schwellenwertüberschreitungen?

7.    Stimmt es, dass es – wie Gutachten zeigen - auch bei Einhaltung der landwirtschaftlichen Richtlinien für sachgerechte Düngung wegen der sehr geringen Niederschlagsraten und der damit verbundenen geringen Grundwasser-Neubildung von vornherein zu einer Überschreitung der Grundwasser-Grenzwerte kommt? Was sind die diesbezüglichen Mess-Ergebnisse?

8.    Welche Maßnahmen zur Extensivierung der landwirtschaftlichen Produktion werden Sie im genannten Gebiet treffen, damit es speziell in dem Trinkwassereinzugsbereich zu einer Verringerung der Grundwasserbelastung kommen kann?

9.    Kann der Betreiber nach Errichtung der geplanten Agrarfabrik mit Agrarförderungen rechnen und wie ist das angesichts der absehbaren Umwelt- und Wasserverschmutzung zu rechtfertigen?

10.  Angesichts der Tatsache, dass die bestehenden Schwellenwerte durch die eingereichten Projekte nur knapp unterschritten werden, erweist sich das UVP-Gesetz als nicht ausreichend, um Umweltschäden zu verhindern. Werden Sie daher einen Novellierungsvorschlag mit entsprechend gesenkten Schwellenwerten vorlegen? Wenn nein, warum nicht?

11.  Bedauerlicherweise haben die betroffenen Wasserversorger nach derzeitiger österreichischer Rechtslage selbst keine rechtliche Möglichkeit, ein derartiges Umweltverträglichkeitsverfahren zu beantragen. Ist eine dahingehende Novellierung des UVP-Gesetzes geplant und wenn nein, inwiefern halten Sie die derzeitige Gesetzeslage für ausreichend?