7980/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.03.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Neubauer, Herbert

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend fragwürdige Aussagen von Herrn Sailer im Zeitungsinterview

 

„Der Standard“ vom 23.02.2011 berichtete folgendes:

„"Man kann diese Leute dingfest machen"
Der von der FPÖ bekämpfte Polizist Uwe Sailer sagt, dass die Neonazi-Seite Alpen-Donau.Info längst abgeschaltet werden könnte. Von politischen Einflussnahmen und rechten Bedrohungen erzählte er Colette M. Schmidt.
Standard: Sie haben die Neonazi-Homepage Alpen-Donau.Info von Anfang an, als   sie im März 2009 online ging, beobachtet?
Sailer: Ich habe im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den neonazistischen  Bund Freier Jugend (BFJ) eine Assistenzdienstleistung für das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) erbracht. Durch den BFJ wurde ich bedroht, sodass ich auch aus Gründen der Eigensicherung die Szene beobachten musste. Alle meine Ermittlungen waren mit dem Leiter des LVT Oberösterreich abgesprochen: Sollte ich auf etwas stoßen, sollte ich das   weitergeben.
Standard: Worauf stießen Sie?
Sailer: Es gab zwar seit 2007 eine massive Zunahme an Neonazi-Aktivitäten im Netz, aber eher auf dem Niveau von Ehrenbeleidigungen. Aber diese Seite fiel uns gleich durch extreme Aggression und Hetze auf, sodass wir bald wussten: Das kommt aus dem Hardcore-Bereich der Neonazis.
Standard: Konnten Sie als Datenforensiker auch Spuren zu einzelnen Personen sichern?
Sailer: Ja, da stecken ehemalige Aktivisten der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) und der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP) dahinter. Und in einem einschlägigen Forum wurde der unter dem Pseudonym Dr. Brandt schreibende Funktionär der NPD Chemnitz identifiziert.
Standard: Der Verfassungsschutz sagt seit 2009, nichts gegen die Neonazi-Seite, die Einzelpersonen öffentlich bedroht, tun zu können, weil der Server in den USA liegt.
Sailer: Es ist ziemlich unerheblich, wo Server liegen. Behörden greifen oft - etwa in Fällen von Kinderpornografie - auf sie zu.
Standard: Es heißt auch, man sei machtlos, weil es in den USA kein NS-Verbotsgesetz gibt.
Sailer: Für die beteiligten Österreicher gilt im In- und Ausland das österreichische Strafrecht. Man kann diese Leute mit ihren Zugangsdaten dingfest machen.


Standard: Die kriegt man leicht?
Sailer: Wenn man ernsthaft ermittelt, relativ leicht.
Standard: NS-Opferverbände und die Israelitische Kultusgemeinde kritisieren "Laxheit" bei der Aufklärung rechtsextremer Straftaten. Ist die Polizei am rechten Auge blind?
Sailer: So etwas kann politische oder geheimdienstliche Gründe haben. Oder man will einen zusammenhängenden Fall, der strafrechtlich schwerer wiegt, zuerst aufklären. Aber ich kann nicht leugnen, dass es bei der Polizei Leute gibt, die sympathisierende Kontakte zu neonazistischem Gedankengut haben. Und es gibt massive politische Einflussnahme. In den letzten Jahren verschärfte man die Gangart: Früher kam man mit guter Arbeit weiter, nun gibt es politische Besetzungen bis hinunter zum Torposten.
Standard: Ist es wahr, dass Größen aus der Neonazi-Szene als Informanten arbeiten?
Sailer: Ja, in der Szene pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Rechte ermitteln gegen Rechte.
Standard: Gibt es in Österreich linksextremistische Bedrohungen?
Sailer: Abgesehen vom Anzünden von Mülltonnen, nein. Das wird, aus meiner Sicht, herbeirezitiert.
Standard: Die FPÖ hat per Aussendung bestätigt, dass sie Ihre - vor wenigen Tagen aufgehobene - Suspendierung betrieben hatte. Wie waren die 18 Monate, in denen Sie nicht arbeiten durften?
Sailer: Als Kripobeamter muss man immer damit rechnen, dass etwas passiert. Da ich mit Daten arbeite, habe ich mich immer gut abgesichert. Aber dann fällt man in ein riesengroßes Loch, und das ist mit Jauche gefüllt. Selbst schriftlich beweisbare Abkommen mit dem LVT waren nichts mehr wert, meine Ansprechpartner nicht mehr erreichbar.
Standard: FPÖ-Chef Strache und der FPÖ-Abgeordnete Neubauer haben Sie wegen Amtsmissbrauchs, Datenfälschung und Urkundenunterdrückung angezeigt, weil Sie mit dem Grünen-Politiker Karl Öllinger Informationen in Sachen Alpen-Donau.Info austauschten. Werden Sie weiter ermitteln?
Sailer: Nein, nie wieder. Das hält man psychisch nicht durch.“

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

 

Anfrage:

 

 

  1. Ist es richtig, dass die Neonazi-Seite Alpen-Donau.Info längst abgeschaltet hätte werden können?
  2. Welche Gründe stehen einer Abschaltung entgegen?
  3. Ist es richtig, dass ehemalige VAPO-Aktivisten diese Homepage betreiben?
  4. Warum wurden sie noch nicht dingfest gemacht?
  5. Welche konkreten Schritte wurden wider „Dr. Brandt“ gesetzt?
  6. Wurden die Zugangsdaten der Homepagebetreiber ermittelt?
  7. Ist es richtig, dass die Laxheit der Sicherheitsbehörden gegen die Betreiber der Homepage politische bzw. geheimdienstliche Gründe hat?
  8. Wenn ja, welche?

  1. Ist es richtig, dass die Sicherheitsbehörden mit „Größen aus der Neonaziszene“ zusammenarbeiten?
  2. Wenn ja, mit wem?
  3. Wie stehen Sie zu diesen öffentlichen Aussagen von Herrn Sailer über Exekutivbeamte und deren Ermittlungsweisen?
  4. Ist es üblich, dass Mitarbeiter ihres Ressorts derartige Beschuldigungen in den Medien vorbringen?
  5. War das Interview mit den Vorgesetzten von Herrn Sailer akkordiert?
  6. Wie bewerten Sie die Aussagen dienstrechtlich?
  7. Wie haben Sie auf diese Beschuldigungen reagiert?
  8. Wurde den Vorwürfen nachgegangen?
  9. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
  10. Sind dienstrechtliche Konsequenzen geplant?
  11. Wenn ja, welche?
  12. Sind darüber hinaus andere dienstrechtliche bzw. disziplinäre Verfahren gegen Herrn Sailer anhängig?
  13. Wenn ja, welche?
  14. Befindet sich Polizeieigentum (Computer Hard- und Software) im Privatbesitz von Uwe Sailer?
  15. Wenn ja, warum?
  16. Können Sie ausschließen, dass diese Sachen für nicht dienstliche Zwecke missbraucht werden?