7991/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.03.2011
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Anfrage

 

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

 

betreffend Lärmbelastung durch den Industriepark Güssing im Ortsteil Ludwigshof

 

 

 

 

 

Gemäß der Gewerbeordnung sind Betriebsanlagen u.a. nur dann zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen der Gesundheit der Nachbarn vermieden und Belästigungen durch Lärm auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Ob Belästigungen der Nachbarn zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken (§§ 74 Abs 2, 77 Abs 1 und 2 GewO).

 

Erste Instanz des Genehmigungsverfahrens ist die Bezirkshauptmannschaft, über Berufungen entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat. Oberste Behörde mit Weisungsrecht gegenüber dem Landeshauptmann ist der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend.

 

Die Betriebsanlage der Blue Chip Energy in Güssing wurde am 16.4.2008 von der BH Güssing gewerberechtlich genehmigt, allerdings wurde dieser Bescheid aufgrund der Berufungen der Nachbarn vom Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland am 25. 7. 2009 behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die BH zurückverwiesen. Die dem BH-Bescheid vorangegangen Sachverhaltsermittlungen im Bereich Lärm waren unvollständig gewesen. Insbesondere rügte der UVS Burgenland:


 

a)        Zur Istsituation

 

-           Die fehlenden Lärmmessungen am Wochenende.

-           Die fehlenden Lärmmessungen zur Nachkernzeit (00.00 Uhr bis 05.00).

-           Die fehlenden Lärmmessungen im Abendzeitraum (19.00 Uhr und 22.00 Uhr).

-           Die Messungen waren mit einer halben Stunde zu kurz.

-           Fälschlicherweise wurden bei der Erhebung des Ist-Zustandes die Lärmimmissionen konsenswidrig betriebener Betriebsanlagen (fehlende Lärmwand bei Biostrom) einbezogen.

 

b)        Zu den aufgrund der  geplanten Anlage erwartbaren Lärmimmissionen:

 

-       Die Betriebsbeschreibung war so unzureichend, dass relevante Aussagen zur Lärmimmission nicht ableitbar sind.

-       Andere in Genehmigung befindliche Projekte (Vulvolor, Pyrotherm) wurden nicht berücksichtigt.

-       Die medizinische Beurteilung der Änderung der Ist-Situation ist mangelhaft, „weil die Behauptung, eine Erhöhung der Lärmimmissionen um 1 dB sei an der Grenze des Wahrnehmbaren, nicht nachvollziehbar auf entsprechende Erfahrungsquellen (..) gestützt wurde.“

 

Blue Chip Energy wurde mit Bescheid vom 30. 11. 2009 ein Versuchsbetrieb genehmigt. Dh die Anlage wurde trotz gravierender Erhebungsmängel des Erstbescheids  gebaut und betrieben.

 

Am 7. 1. 2011 wurde nun von der BH Güssing ein neuerlicher Bescheid erlassen. Soweit ersichtlich wurden die Sachverhaltsermittlungen nur durch einmalige Lärmmessungen über 24 Stunden am Wochenende ergänzt. Die dauerhaften schalltechnischen Auflagen des ersten und zweiten Bescheids unterscheiden sich denn auch nicht wirklich (siehe Bescheid 2008 S 20 f und Bescheid 2011 S 20). Die Nachbarn sind so neuerlich gezwungen, ein Rechtsmittel zu ergreifen.

 

Es ist nicht akzeptabel, dass die BH Güssing die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats derart missachtet. Dies widerspricht dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und dem Prinzip der effizienten Verwaltung.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.         In welcher Weise wurden in der neuerlichen Verhandlung und Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Blue Chip Energie auf BH-Ebene dem Erkenntnis des UVS Burgenland vom 25. 7. 2009, insbesondere den aufgezählten Rechtswidrigkeiten des Erstbescheids –


 

a)        Die fehlenden Lärmmessungen am Wochenende.

b)        Die fehlenden Lärmmessungen zur Nachkernzeit (00.00 Uhr bis 05.00).

c)         Die fehlenden Lärmmessungen im Abendzeitraum (19.00 Uhr und 22.00 Uhr).

d)        Die Messungen waren mit einer halben Stunde zu kurz.

e)        Fälschlicherweise wurden bei der Erhebung des Ist-Zustandes die Lärmimmissionen konsenswidrig betriebener Betriebsanlagen (fehlende Lärmwand bei Biostrom) einbezogen.

f)          Die Betriebsbeschreibung war so unzureichend, dass relevante Aussagen zur Lärmimmission nicht ableitbar sind.

g)        Andere in Genehmigung befindliche Projekte (Vulvolor, Pyrotherm) wurden nicht berücksichtigt.

h)        Die medizinische Beurteilung der Änderung der Ist-Situation ist mangelhaft, „weil die Behauptung, eine Erhöhung der Lärmimmissionen um 1 dB sei an der Grenze des Wahrnehmbaren, nicht nachvollziehbar auf entsprechende Erfahrungsquellen (...) gestützt wurde.“ –

 

Rechnung getragen?

 

2.         Wie werden Sie Sorge tragen, dass die Bezirkshauptmannschaft Güssing in Zukunft den Erkenntnissen des UVS Burgenland Rechnung trägt und die Nachbarinteressen in Zusammenhang mit dem Industriepark Güssing ausreichend beachtet?

 

3.         Wie wird die Gewerbebehörde zur Minderung der Lärmemissionen des Industrieparks Güssing sonst beitragen?