7996/J XXIV. GP
Eingelangt am 22.03.2011
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Anfrage
des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend Überwachung der Radioaktivität in Lebensmitteln
Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) untersucht seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 25 Jahren routinemäßig Lebensmittel auf radioaktive Kontamination, wobei hauptsächlich dem Cäsium 137 eine Bedeutung zukommt. Bei Lebensmitteln werden vor allem Milch, Fleisch und Gemüse sowie Trinkwasser sowie Menüs aus der Gemeinschaftsverpflegung untersucht.
Gemessen wird die Radioaktivität in der Einheit Becquerel (Bq), d. i. 1 Zerfall/Sekunde. Der aktuelle Cäsium-Grenzwert beträgt für Milch und Kindernahrung 370 Bq/kg, für andere Lebensmittel 600 Bq/kg. Bis Oktober 1987 ging man davon aus, dass die Rechtfertigung der vorübergehenden höchstzulässigen Grenzwerte aufgrund von möglichst vollständigen wissenschaftlichen Daten überprüft werden müsse. Davon war später nicht mehr die Rede. Die Grenzwerte blieben bis heute unverändert. Unabhängige ExpertInnen raten jedoch, dass die Nahrung von Erwachsenen nur höchstens 30 bis 50 Bq/kg Cäsium-Gesamtaktivität und von Kindern, stillenden und schwangeren Frauen nur 10 bis 20 Bq/kg betragen sollte.
Die radioaktive Belastung von Lebensmitteln in Folge des Unfalls von Tschernobyl ist kein kurzfristiges, sondern ein langfristiges Problem und spielt insbesondere in Wald- und Forstgebieten immer noch eine Rolle, wobei auch in den nächsten Jahren keine Änderung zu erwarten ist. Insbesondere wild wachsende Beeren und Speisepilze und Wildfleisch in Gebieten der EU weisen nach wie vor radioaktive Cäsiumwerte von über 600 Bq/kg auf.
Den Medien ist zu entnehmen, dass die radioaktiven Wolken, die bei der Atomkatastrophe in Fukushima I entwichen sind, sich über den Pazifik bis in die USA und sogar Nord-Europa verbreiten könnten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie begründen Sie den aktuellen, relativ hohen Cäsium-Grenzwert für Kindernahrung von 370 Bq/kg bei einer Nachweisgrenze von 0,2 Bq/kg?
2. Wie ist zu begründen, dass die hohen Grenzwerte bis heute unverändert geblieben sind? Gab oder gibt es darüber einschlägige Forschungen und wenn ja, welche?
3. Wie viele Milchuntersuchungen wurden in den letzten 25 Jahre gemacht? Wie hoch lag der Cäsiumgehalt bei der untersuchten Milch? In wie vielen Fällen wurde die Nachweisgrenze überschritten? In wie vielen Fällen wurde der Grenzwert überschritten? Welche Maßnahmen hatten Überschreitungen zur Folge?
4. Wie viele Fleischuntersuchungen wurden in den letzten 25 Jahren gemacht? Was ergaben die Untersuchungen? Wie hoch lag der Cäsiumgehalt im untersuchten Fleisch? In wie vielen Fällen wurde die Nachweisgrenze überschritten? In wie vielen Fällen wurde der Grenzwert überschritten? Welche Maßnahmen hatten Überschreitungen zur Folge?
5. Wie viele Untersuchungen bei Gemüse wurden in den letzten 25 Jahren durchgeführt? Was ergaben die Untersuchungen? Wie hoch lag der Cäsiumgehalt bei den untersuchten Produkten? In wie vielen Fällen wurde die Nachweisgrenze überschritten? In wie vielen Fällen wurde der Grenzwert überschritten? Welche Maßnahmen hatten Überschreitungen zur Folge?
6. Wie viele Untersuchungen bei Trinkwasser wurden in den letzten 25 Jahren durchgeführt? Was ergaben die Untersuchungen? Wie hoch lag der Cäsiumgehalt? In wie vielen Fällen wurde die Nachweisgrenze überschritten? In wie vielen Fällen wurde der Grenzwert überschritten? Welche Maßnahmen hatten Überschreitungen zur Folge?
7. Wie viele Untersuchungen bei Gesamtnahrungen (Menüs aus Gemeinschaftsverpflegungen) wurden in den letzten 25 Jahren gemacht? Was war das Ergebnis der Untersuchungen? In wie vielen Fällen wurde die Nachweisgrenze überschritten? In wie vielen Fällen gab es Grenzwertüberschreitungen? Welche Maßnahmen hatten die Überschreitungen zur Folge?
8. Bei Wildpilzen und wildwachsenden Beeren treten immer wieder erhöhte Werte auf. Wie viele diesbezügliche Untersuchungen wurden in den letzten 25 Jahren gemacht? Was war das Ergebnis der Untersuchungen? In wie vielen Fällen wurden die Grenzwerte überschritten?
9. Wildfleisch, insbesondere Wildschweinfleisch und Maronenröhrlinge weisen generell höhere Werte auf. Wie viele Untersuchungen wurden diesbezüglich in den letzten 25 Jahren durchgeführt? Was war das Ergebnis der Untersuchungen? In wie vielen Fällen wurden die Grenzwerte überschritten?
10. Werden bei importierten Produkten (insbesondere aus Regionen der zur Zeit des Reaktorunfalls besonders belasteten Gebiete) routinemäßige Untersuchungen auf Radioaktivität durchgeführt? Wenn ja, welche was ist das Ergebnis dieser Untersuchungen? Wenn nein, wie begründen Sie das?
11. Welche Untersuchungen auf radioaktive Kontamination sind künftig EU-weit und in Österreich für Lebensmittel, die aus Japan kommen, vorgesehen und durch welche Maßnahmen sollen die KonsumentInnen geschützt werden?
12. Ist es völlig auszuschließen, dass in den nächsten Monaten auch in Österreich eine erhöhte Radioaktivität durch eine globale Verbreitung größerer Mengen radioaktiver Substanzen aus dem Japanischen Katastrophenreaktor gemessen werden kann? Wenn nein, welche Vorsorgemaßnahmen für die Gesundheit der Menschen und die Lebensmittelproduktion in Österreich werden Sie vorschlagen?