8059/J XXIV. GP
Eingelangt am 24.03.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
betreffend die mögliche De-Industrialisierung Österreichs durch Klimaziele der Europäischen Kommission
Das Kyoto-Abkommen wird nächstes Jahr auslaufen. Sowohl in Kopenhagen als auch in Cancun ist die Ratifizierung eines verbindlichen und konkreten Nachfolgeabkommens gescheitert. Klimaschutz hat sich zusehends in ein innereuropäisches Steckenpferd verwandelt. Die USA, China und bedeutende Schwellenstaaten messen dem Thema in ihrer Realpolitik keinen allzu großen Stellenwert bei.
Die zuständige EU-Kommissarin Connie Hedegaard wurde durch diesen klimapolitischen Misserfolg angespornt. Als Reaktion auf das Auslaufen des Kyoto-Abkommens will sie am 8. März die „Road Map 2050“ vorstellen. Das angepeilte Ziel ist eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes der Mitgliedsländer der EU um 80 bis 95 Prozent in den nächsten 39 Jahren. Dieses Vorhaben würde Kosten von insgesamt 10,8 Billionen Euro verursachen. Als Etappenziel wurde bis zum Jahr 2020 eine Verminderung um ein Fünftel festgesetzt. Dieses soll jetzt auf ein Viertel angehoben werden. Unternehmen werden CO2-Kontingente zugeteilt, sollten diese überschritten werden, drohen Strafzahlungen in Millionenhöhe. Besonders betroffen von den Zielvorgaben der „Road Map 2050“ wäre im Fall ihrer Umsetzung die besonders energieintensive Grundstoffindustrie: Derzeit entstehen bei der Erzeugung einer Tonne VOEST-Stahl 1,6 Tonnen CO2 – ein im internationalen Vergleich niedriger Wert. Künftig sollen nur mehr 1,4 „erlaubt“ sein. Technisch ist dieses Ziel jedoch mit den derzeitigen Methoden der Stahlerzeugung gar nicht erreichbar. Strafzahlungen sind deshalb völlig ungerechtfertigt, aber unausweichlich. Im Fall der Voestalpine würden diese mit 100 Millionen Euro ein Fünftel des vorveranschlagten Unternehmensgewinnes für sich beanspruchen. Geld, das für Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen fehlen wird.
Unsere Grundstoff- und insbesondere Stahlindustrie zählen zu den wettbewerbsfähigsten der Welt. Regelungen, wie die in der „Road Map 2050“ vorgesehenen, würden diese Wettbewerbsfähigkeit gefährden. 170.000 Arbeitsplätze und der Wirtschaftsstandort Österreich wären in akuter Gefahr. Wirtschafts- und Umweltministerium sollen beim Wirtschaftsforschungsinstitut eine Studie über mögliche ökonomische Auswirkungen einer Reduktion des CO2-Ausstoßes um 30 Prozent bis zum Jahr 2020 in Auftrag gegeben haben. Die Ergebnisse sollen bereits vorliegen. Veröffentlicht wurden sie bisher nicht.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigenden Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend folgende
ANFRAGE
1. Wurde eine diesbezügliche Studie, unter anderem im Auftrag des BMWFJ erarbeitet (bitte diese allenfalls in der Beantwortung als Anlage zu übermitteln)?
2. Wenn ja, weshalb wurde diese bisher nicht veröffentlicht?
3. Wenn nein, weshalb hält es das BMWFJ nicht für erforderlich, sich mit der Problematik einer möglichen De-Industrialisierung Österreichs zu befassen?
4. Welche Folgen hätte eine 25prozentige Reduktion des CO2-Ausstoßes bis zum Jahr 2020 in makroökonomischer Hinsicht?
5. Wie hoch wären die Kosten, die für unsere gesamte Volkswirtschaft anfallen würden, um dieses Ziel zu erreichen?
6. Wie können Angesichts dieser Belastungen negative Einflüsse auf die Konjunktur ausgeschlossen bzw. verhindert werden?
7. Wie viele inländische Arbeitsplätze hängen derzeit von Österreichs Grundstoffindustrie ab?
8. Wie hat sich deren Anzahl in den letzten 15 Jahren entwickelt?
9. Welchen Anteil tragen Industrieprodukte zu Österreichs Bruttoinlandsprodukt bei (relativ und absolut)?
10. Wie hat sich dieser Anteil in den letzten 15 Jahren entwickelt?
11. Welchen Anteil tragen Industrieprodukte zu Österreichs Exporten bei (relativ und absolut)?
12. Wie hat sich deren Anteil in den letzten 15 Jahren entwickelt?
13. Im Fall der Umsetzung der "Road Map 2050" drohen heimischen Unternehmen Mehrkosten in Höhe einer Milliarde Euro pro Jahr, wie haben Sie vor diese Belastung abzufedern?
14. Wie definiert das BMWFJ den Terminus "Green-Job" exakt?
15. Wie hat sich die Anzahl inländischer Green-Jobs nach Definition des BMWFJ in den letzten zehn Jahren entwickelt?
16. Wie viele "Green-Jobs" würden durch die Umsetzung der "Road Map 2050" geschaffen werden und auf welchen Annahmen beruht diese Angabe (Studien etc.)?
17. Welche Schritte haben Sie und das BMWFJ auf europäischer und internationaler Ebene gesetzt, um die Umsetzung der "Road Map 2050" zu verhindern?