8112/J XXIV. GP
Eingelangt am 30.03.2011
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Anfrage
des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Nicht beglichene Verkehrsstrafen durch Diplomaten
Am 16. Februar 2011 war in der Tageszeitung "Heute" unter dem Titel "Nur jeder dritte Diplomat zahlt Verkehrsstrafe!" folgendes zu lesen:
Manche sind gleicher: Mehr als 2000 Verkehrsstrafen kassieren die in Österreich arbeitenden Diplomaten jährlich. Doch der allergrößte Teil davon landet einfach im Mistkübel, weil die ausländischen Vertreter sich auf die Immunität berufen, wie Zahlen aus dem Außenministerium von Michael Spindelegger zeigen.
Einen Diplomatenpass müsste man haben – dann kümmern einen weder Strafen wegen Rasens noch wegen anderer Delikte. 2.400 Verkehrsstrafen von Botschaftern und Personen mit diplomatischer Immunität wurden 2010 an das Außenministerium gemeldet, heißt es in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung an den FPÖ-Abgeordneten Martin Graf.
Der Skandal: Nur ein Drittel davon wurde überhaupt beglichen, den Rest warfen die Diplomaten einfach weg! Behelligt werden können sie dafür nicht - sie sind ja durch ihre Immunität geschützt.
Das gilt übrigens auch für Parksünden: Pro Jahr muss die Stadt Wien mehr als 10.000 Strafzettel abschreiben, weil der oder die Bestrafte mit "WD"-Kennzeichen die Buße einfach ignoriert. Zum Ärger und auf Kosten der Normalbürger.
Die Zahl der Privilegienritter mit Diplomatenpass ist groß: 3.095 Botschafter und Botschaftsangehörige, deren 1.678 Ehepartner sowie 2.447 Kinder genießen heute Diplomatenstatus. Den haben auch die leitenden Angestellten so bedeutender Organisationen wie des "Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage" und der "Weltorganisation für geistiges Eigentum".
In diesem Zusammenhang richten die nachstehend unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende
ANFRAGE:
1. Welche Länder mit diplomatischer Vertretung in Österreich haben 2010 die meisten, die zweitmeisten, beziehungsweise die drittmeisten von ihren Diplomaten nicht bezahlten Verkehrsstrafen?
2. Wie viele sind das jeweils pro Land ?
3. Wieviel ist das in Euro pro Land?
4. Wieviele Verkehrsstrafen haben österreichische Diplomaten 2010 im EU-Ausland nicht beglichen?
5. Besteht Ihrer Meinung nach in den genannten Fällen Handlungsbedarf, um das Ansehen der Diplomatie in der österreichischen Gesellschaft nicht zu beschädigen?
6. Welchen völkerrechtskonformen Weg zur zeitgemäßen Adaptierung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) können Sie sich vorstellen, um die mißbräuchliche Berufung auf die diplomatische Immunität bei Bagatelldelikten hintanzuhalten?
7. Wie könnte eine europäische Lösung des wechselseitigen Verzichts auf bilateraler Ebene aussehen?
8. Halten Sie – in diesem Zusammenhang – die Erweiterung der Privilegien des Europarates in Bezug auf das Verbindungsbüro in Wien laut Beschluss der Bundesregierung vom 1. Februar 2011 für zweckmäßig?