8136/J XXIV. GP
Eingelangt am
30.03.2011
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ANFRAGE
des Abgeordneten Dr. Karlsböck
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend riskante Medizinprodukte – insbesondere Implantate
In der parlamentarischen Anfrage 5156/J (XXIV. GP) betreffend fehlerhafte Silikonimplantate - weitere negative Auswirkungen des "Gesundheitstourismus"- wurde bereits auf die Problematik fehlerhafter Medizinprodukte und deren schwerwiegenden Folgen hingewiesen.
Ein diesbezüglicher Bericht des ARD-Magazins Kontraste vom 17.03.2011 widmete sich ebenfalls dieser Problematik. Unter anderem kommt in diesem Bericht eine Betroffene zu Wort, die eine künstliche Bandscheibenprothese erhielt. Dieses Medizinprodukt wurde jedoch aufgrund des Risikos einer Querschnittlähmung zurückgerufen. Sie musste sich erneut einer riskanten Operation unterziehen, um das fehlerhafte Implantat wieder loszuwerden. Durch den erneuten Eingriff kann sie sich kaum bewegen und hat massive Schluckbeschwerden. Darüber hinaus hat sie extrem abgenommen, weil sie nur Nahrung in Breiform essen kann. Die Betroffene schildert ihre Situation wie folgt:„...Ich kann mir wirklich wie ein Versuchskaninchen vor. So nach dem Motto: Wir bauen mal ein und gucken mal, was passiert. (…) Ich bin wirklich davon ausgegangen, dass ein Produkt, ein medizinisches Produkt, das in einen Menschen implantiert wird, auch das hält, was es verspricht...“
Laut dem ARD Bericht sind Rückrufe von gefährlichen Implantaten keine Seltenheit. Obwohl zertifiziert und zugelassen, brechen Hüftprothesen, versagen Herzschrittmacher, oder klemmen Herzkatheter. Die mangelnde Produktsicherheit liegt daran, dass in Deutschland lediglich die Unterlagen begutachtet werden, die der Hersteller einreicht. Eigene Material- oder Belastungstests finden in Deutschland meist nicht statt. Darüber hinaus kann ein Hersteller von Medizinprodukten innerhalb der EU frei wählen, wo er sein neues Produkt zertifizieren lässt. Jedoch hat die EU-Kommission in der öffentlichen Konsultation der Neufassung der Richtlinien über Medizinprodukte und medizinische Geräte problematische Schwachstellen in diesem Bereich festgestellt.
Diese lauten in entsprechenden Auszügen wie folgt:
„…Medizinprodukte, die mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind, dürfen in allen Mitgliedstaaten frei verkehren. Allerdings verfügen nicht alle Mitgliedstaaten über die erforderlichen Mittel zur Überwachung ihres Marktes (…) Da die Prioritäten der Mitgliedstaaten kollidieren, kommt es außerdem meist nicht zu einer optimalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten (…) Es fehlt generell an grundlegenden Informationen, etwa dazu, welche Medizinprodukte auf dem Markt sind und inwieweit sie geprüft wurden. Außerdem gibt es keinen ausreichenden Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden. Ein transparentes System ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Bürger darauf vertrauen können, dass Medizinprodukte sicher sind. (…) Diese Situation wird noch dadurch verschlimmert, dass es Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt, beispielsweise bei der Einstufung eines Produkts als Arzneimittel oder als Medizinprodukt, bei der Klassifizierung derselben Medizinprodukttypen und bei den Registrierungsanforderungen. Diese Abweichungen bedrohen nicht nur das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes, sondern könnten auch eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Gesundheitspersonal und anderen Menschen darstellen…“
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende
ANFRAGE
1. Wie viele Medizinprodukte wurden in den Jahren 2008, 2009 und 2010 zurückgerufen?
2. Wie viele Patienten hatten diese zurückgerufenen Medizinprodukte bereits in Verwendung bzw. implantiert?
3. Wie viele Todesfälle kann man in den Jahren 2008, 2009 und 2010 auf fehlerhafte Medizinprodukte zurückführen?
4. Welche verpflichtenden, standardisierten und vereinheitlichten Tests gibt es für Medizinprodukte auf österreichischer Ebene?
5. Welche verpflichtenden, standardisierten und vereinheitlichten Tests gibt es für Medizinprodukte auf europäischer Ebene?
6. Wie beurteilen Sie den „Zulassungstourismus der Hersteller“ mit dem Ziel eine möglichst rasche Zertifizierung zu erhalten?
7. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang den Stellenwert der Eigenverantwortung der Hersteller?
8. Wie beurteilen Sie die Kritik, dass nicht alle Mitgliedstaaten über die erforderlichen Mittel zur Überwachung der Medizinprodukte verfügen?
9. Wie beurteilen Sie die Kritik, dass es an Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten fehlt?
10. Welche Maßnahmen werden auf österreichischer Ebene getroffen, um die Produktsicherheit von Medizinprodukten zu erhöhen?
11. Welche Maßnahmen werden auf europäischer Ebene getroffen, um die Produktsicherheit von Medizinprodukten zu erhöhen?