8164/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.03.2011
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend „Vollziehung des LMSVG im Jahr 2010“

 

Mit der AB 5806/XXIII.GP vom 23.08.2010 wurden die Fragen des Fragestellers Abg. Mag. Johann Maier zur gleichlautenden Anfrage beantwortet. Aufgrund des deutschen Dioxinskandals bei Futtermittel ergeben sich nun auch neue Fragen.

 

Nach vorliegenden Erkenntnissen wurden durch den Futterfetthersteller „Harles & Jentzsch“ – vermutlich vorsätzlich – dioxinverseuchte Industriefette den Futterfetten beigefügt, welche wiederum an Mischfutterhersteller verkauft wurden, die diese kontaminierten Fette in Mischfuttermittel einbrachten. Dieser Skandal mit dioxinverseuchten Futtermitteln in Deutschland hatte natürlich auch Auswirkungen auf die Qualität von Lebensmitteln.

 

Dioxinverseuchtes Fett wurde von Harles & Jentzsch an verschiedene Futtermittelhersteller geliefert und dort weiterverarbeitet, wodurch eine breite Verteilung der Kontamination erfolgte und sich der „Schaden“ erheblich vermehrte. In diesem Unternehmen wurde vermutlich systematisch und vorsätzlich betrogen und gepanscht. Ein Fall für die Justiz.

Der Schaden für Futtermittelhersteller, Bauern, Schlachthöfe und Lebensmittelhandel wurde im Jänner 2011 auf über 100 Mio. Euro geschätzt. Das dafür verantwortliche Unternehmen „Harles & Jentzsch“ hat aber bereits am 13. Jänner einen Insolvenzantrag gestellt. Versichert ist dieses Unternehmen allerdings nur gegen Schäden von maximal 27 Mio. Euro. Viele Bauern, Futtermittelhersteller etc. werden daher vermutlich auf ihren Kosten sitzen bleiben und keine Entschädigung bekommen.

 

Bereits am 19. März 2010 hatte ein privates Labor im Rahmen der Eigenkontrolle eine Probe des Futtermittellieferanten „Harles & Jentzsch“ positiv auf zu viel Dioxin getestet. Diese Information wurde den zuständigen Behörden vorenthalten. Dem folgten weitere positive Testergebnisse. So sind bis zu 150.000 Tonnen Futtermittel mit krebserregendem Dioxin in den Kreislauf gelangt, wodurch u.a. auch Legehennen und Schweine mit Dioxin belastet wurden.

 

Dioxin konnte so auch in Untersuchungen in Schweinefleisch und Geflügelfleisch – sowie in weiteren Verarbeitungsprodukten – nachgewiesen werden. Über 4.700 Betriebe (Geflügelzucht- und Schweinemastbetriebe) wurden in Deutschland vorsorglich kurzfristig gesperrt. Deutsche Behörden haben überdies auch in Betrieben Tiere vorsorglich töten lassen oder den Verkauf von Eiern, Geflügel oder Schweinefleisch untersagt. In vielen Ländern – so auch in Österreich – kam es kurzfristig zu einem Preisverfall bei Schweinefleisch. Britische Supermärkte haben überdies Produkte, die von deutschen Dioxin-Eiern verseucht hätten sein können, aus dem Verkehr gezogen. Viele EU-Länder haben zusätzliche verschärfte – und kostenintensive – Kontrollen von deutschen Produkten angeordnet. Drittstaaten wie China und Südkorea haben Medienberichten zufolge Importverbote für deutsche Lebensmittel erlassen. Russland und Canada verschärften wiederum die Einfuhrkontrollen. Entwarnung nach dem Dioxinskandal gab es am 25.01.2011 durch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung. Eine Gesundheitsgefahr für VerbraucherInnen wurde nicht gesehen.

 

Insgesamt ein Desaster für das deutsche Kontrollsystem und die deutsche Lebensmittel-Exportpolitik. Dieses zu bereinigen kostet – zusätzlich – viel Geld. Es wird die deutschen bzw. auch die EU-Behörden einiges an Bemühungen kosten, diese zit. Restriktionen wieder zu beseitigen.

 

Das grundsätzliche Problem in Deutschland: Trotz eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen, jedoch einer komplizierten Kompetenzlage, fehlen in Deutschland nach Presseberichten bis zu 1500 staatliche Prüfer, um die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen effektiv zu überwachen. Zudem wird ein wie in Deutschland (und übrigens auch in Ö) föderal aufgebauter Kontrollstaat mit seinen vielen Schnittstellen den global aufgebauten Produktströmen nicht mehr ausreichend gerecht.

Lebensmittelsicherheit sei – so der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure - in Deutschland deshalb eine Mogelpackung. Bundesweit sind 2500 Kontrolleure für 1,1 Millionen Betriebe in der Lebensmittelindustrie zuständig. In manchen Regionen steht nur ein Kontrollor für 1200 Firmen zur Verfügung. Dazu kommt noch, dass durch den aggressiven Wettbewerb der Preisdruck in den Futtermittel- und Lebensmittelunternehmen steigt. Damit wird in der Futtermittel- und Lebensmittelproduktion auf allen Ebenen gespart.

 

In Deutschland einigten sich nun aufgrund dieses Skandals Bund und Länder auf die Umsetzung eines 14 Punkteprogramms. Auflagen für Futtermittelhersteller sollen normiert werden. Auch auf europäischer Ebene kam es zu einer Einigung im Rat, Verschärfungen bei den Kontrollen wurden vereinbart (inkl. Einlagerungsaktion).

 

Aus systematischen Gründen werden ähnliche und zusätzliche Fragen gestellt, um die aktuellen Zahlen und Informationen für das Jahr 2010 zu erhalten.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Gesundheit nachstehende

Anfrage:

 

1.      Wie viele Lebensmittelunternehmen (Erzeuger, Handel und Importeure) sollten im Jahr 2010 durch die Lebensmittelaufsichtsorgane der Bundesländer aufgrund des Revisions- und Probenplanes in Österreich überprüft werden (Ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

2.      Wie viele Lebensmittelunternehmen wurden 2010 tatsächlich durch die Lebensmittelaufsichtsorgane der Länder kontrolliert (Ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

3.      Wie hoch war das von Ihrem Ressort im Jahr 2010 vorgegebene Plansoll bei der Ziehung Lebensmittelproben in Österreich (Ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

4.      Wie viele Lebensmittelproben wurden nach diesen Vorgaben des Ressorts im Jahr 2010 tatsächlich von den Lebensmittelaufsichtsorganen der Länder gezogen und in Folge untersucht (Ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

5.      Wie viele dieser Lebensmittelproben wurden an die AGES Institute und die Lebensmitteluntersuchungsanstalten für Kärnten, Vorarlberg und Wien zur Analyse weitergeleitet?
Was waren die Ergebnisse dieser Analysen (Befund)?
Wie wurden die Analysenergebnisse durch die Sachverständigen der AGES bzw. der Landesanstalten beurteilt (Ersuche jeweils um Aufschlüsselung auf die einzelnen Branchen und die einzelnen Bundesländer)?

 

6.      In wie vielen Fällen wurde bei diesen Untersuchungen Dioxin in Lebensmitteln nachgewiesen (Ersuche jeweils um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

7.      Welche Schwerpunktuntersuchungen „Dioxin“ in Lebensmitteln wurden vom Ressort in den letzten 3 Jahren in Auftrag gegeben?
Welche Ergebnisse wurden erzielt?

 

8.      Wie viele Proben wurden im Jahr 2010 auf Bauernhöfen und im Rahmen der Direktvermarktung durch die LM-Aufsichtsorgane der Länder gezogen?
Wie viele davon wurden an die AGES Institute und die Untersuchungsanstalten der Bundesländer weitergeleitet?
Was waren die Ergebnisse dieser Analysen (Befund)?
Wie wurden die Analysenergebnisse durch die Sachverständigen der AGES bzw. der Landesuntersuchungsanstalten beurteilt (Ersuche jeweils um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

9.      In wie vielen Fällen wurde bei diesen Untersuchungen Dioxin in Lebensmitteln nachgewiesen (Ersuche jeweils um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

10.  Wie viele und welche Maßnahmenbescheide nach dem LMSVG bzw. sonstige Sanktionen wurden im Jahr 2010 in Österreich durch die Lebensmittelaufsichtsorgane nach Kontrollen und Gutachten verhängt (Ersuche um Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

 

11.  Welche und wie viele Lebensmittel mussten dabei in diesem Jahr beschlagnahmt werden (Ersuche um Mengenangaben und Aufschlüsselung auf die Bundesländer)?

 

12.  Wie viele Organstrafmandate wurden wegen Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften im Jahr 2010 in Österreich verhängt (Ersuche um Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

 

13.  In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2010 wegen Verstoßes gegen geltende lebensmittelrechtliche Bestimmungen Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet (Ersuche um Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

 

14.  .In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2010 ein Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz rechtskräftig abgeschlossen (Ersuche um Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

 

15.  In wie vielen Fällen erfolgte im Jahr 2010 eine Einstellung vom Verfahren durch einen UVS (Aufschlüsselung auf UVS)?
In wie vielen Fällen kam es zu einer rechtskräftigen Entscheidung?
Welche Entscheidungen wurden getroffen (Aufschlüsselung auf
UVS)?

16.  In wie vielen Fällen erfolgte im Jahr 2010 eine rechtskräftige Entscheidung erst durch den VwGH?
Welche Entscheidungen wurden dabei getroffen?

 

17.  Zu wie vielen gerichtlichen Anzeigen nach dem StGB (z.B. Körperverletzung, Gemeingefährdung) kam es im Rahmen von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen durch die zuständigen Behörden etc. im Jahr 2010?
Welche Delikte wurden konkret angezeigt (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

 

18.  Wie viele gerichtliche Strafanzeigen nach dem LMSVG wurden durch die zuständigen Behörden etc. im Jahr 2010 erstattet?
Welche konkreten Delikte wurden angezeigt (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

 

19.  Wie hoch waren im Jahr 2010 in der AGES die durchschnittlichen Probenkosten einer Lebensmitteluntersuchung (Gesamtkosten pro bearbeitete Probe)?

 

20.  Wie viele Personen waren im Jahr 2010 als Aufsichtsorgane zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes in den Bundesländern tätig (Ersuche um detaillierte Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

 

21.  Wie viele amtliche Proben wurden 2010 in Österreich im internationalen Vergleich (pro 1.000 Einwohner) gezogen (Ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen
EU- Mitgliedsstaaten)?

22.  Wie viele amtliche Proben werden voraussichtlich 2011 pro 1.000 Einwohner gezogen?
Wie sieht konkret der Proben- und Revisionsplan für dieses Jahr aus?

 

23.  In welcher Form und in welchem Umfang wurden im Jahr 2010 Lebensmittelimporte aus Drittstaaten kontrolliert (z.B. an den Grenzkontrollstellen)?

 

24.  Wie viele Kontrollen und wie viele Probenziehungen fanden dazu im Jahr 2010 statt (Ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?
Welche Ergebnisse erbrachten die Analysen und Gutachten?
Welche Maßnahmen mussten durch die Behörden ergriffen werden?

 

25.  Welche Verfügungen und Weisungen (Erlässe) wurden durch das Ressort im Jahr 2010 erlassen um eine bessere Koordinierung zwischen der AGES (bzw. BAES) und der Vollziehung – insbesondere bei den Überwachungstätigkeiten (Kontrollen) in den
Bundesländern – zu erreichen?
Hat sich das „Portal KVG Verbrauchergesundheit“ bewährt?

26.  Welche derartiger Verfügungen und Weisungen wurden 2011 bereits erlassen?

 

27.  Welche konkreten EU-Rechtsakte müssen zum europäischen Lebensmittel- und Veterinärrecht in Österreich im Jahr 2011 umgesetzt werden?

 

28.  An welchen internationalen bzw. EU-Überwachungs- und Kontrollprojekten hat Österreich im Jahr 2010 mitgearbeitet?
Um welche Zielsetzung ging es?
Welche konkreten Ergebnisse wurden bei diesen Projekten jeweils erzielt?

 

29.  An welchen Überwachungs- und Kontrollprojekten nimmt Österreich im Jahr 2011 teil?

 

30.  Wann fanden in Österreich die letzen EU-Inspektionsbesuche zur Kontrolle der Vollziehung lebensmittelrechtlicher und veterinärrechtlicher Bestimmungen statt?

 

31.  Was waren die konkreten Ergebnisse der letzten Inspektionen?
Welche Empfehlungen wurden durch die EU-Kommission ausgesprochen?

 

32.  Was ist Inhalt des EU-Berichts zum „General Audit“?

33.  Wie lautet der diesbezügliche Arbeitsplan der Europäischen Kommission über beabsichtigte Kontrollvorhaben der Generaldirektion SANCO?
Wann werden dazu die nächsten EU-Inspektionen in Österreich stattfinden?

 

34.  Wie viele behördliche LM-Proben befanden sich mit Stichtag 31.12.2010 zur lebensmittelrechtlichen Untersuchung, Analyse und Risikobewertung in den
AGES-Instituten (Aufschlüsselung der offenen Proben auf Institute)?

 

35.  Wie viele dieser behördlichen LM-Proben wurden vor dem Stichtag 01.01.2010 gezogen und der AGES zur Analyse übergeben (Aufschlüsselung der offenen Proben auf Institute)?

 

36.  Bei wie vielen behördlichen LM-Proben dauerten die lebensmittelrechtliche Analyse und Risikobewertung durch die AGES im Jahr 2010 länger als 6 Monate ab Einlangen im jeweiligen Institut (Aufschlüsselung auf LM-Probe)?