8178/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.03.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sonja Ablinger, Kurt Gassner und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Umgang des BMI mit Vorfällen rechtsextremen Hintergrundes und deren Verfolgung

OÖ Nachrichten 13.2.2009: Gedenkstätte des ehemaligen KZ Mautahusen beschmiert“ news.at 5.3.2010: „"Türk' und Jud', giftig's Blut“: Neonazis beschmieren KZ-Gedenkstätte Mauthausen“

Kurier 26.2.2011: Rechte Hetze war kein Fall für Polizei“

Kurier 6.3.2011: Nach zwei Vorfällen, bei denen die Polizei Meldungen über rechtsextreme

Hetze wenig Ernst nahm, ist der Frust groß."

derStandard 20.1.2011: Gedenken an NS-Opfer geschändet. Stolpersteine ausgegraben – Verfassungschutz ermittelt“

ZeitOnline 28.2.2011: Politposse um eine Neonazi-Webseite“

derStandard 22.3.2011: Neonazi-Homepage alpen-donau.info wird abgedreht“

Die umfassende mediale Berichterstattung der letzten Monate untermauert den massiven Anstieg rechtsextremer Straftaten in Österreich (siehe Anfragebantwortung BMI, 7372/AB). Gründe für den negativen Trend könnten mitunter der lasche Umgang und die langsamen Ermittlungen von Seiten des BMI gegen die Hintermänner solcher Aktionen sein. Immer wieder fallen die mit den Ermittlungen beauftragten Beamten des BMI durch ihr Benehmen oder ihre Aussagen zu rechtsextremen Straftaten auf.

In der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, die große internationale Bedeutung hat, kam es innerhalb kurzer Zeit zu zwei nahezu identischen Schmieraktionen. Wo im März 2009 die Aufschrift Was unseren Vätern der Jud, ist für uns die Moslembrut, seid auf der Hut! 3. Weltkrieg – 8. Kreuzzug“ zu lesen war, wurde im Februar 2011 laut Michael Tischlinger, dem Leiter der Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Oberösterreich, an nahezu gleicher Stelle“ der Schirftzug Türk' und Jud', giftig's Blut“ angebracht, bei welchem auch die Größe und die verwendete Farbe ähnlich seien.“ Weiters gibt der Leiter des LVT an, dass es sich um dieselben Täter handeln“ könnte und dass es schon bei der ersten Tat mehrere Hinweise gegeben“ hat (news.at 5.3.2011). Verdächtige wurden trotz zusätzlicher Drohungen in einem deutschen Nazi-Forum aber nie gefasst.

Weiters untermauern zwei Vorfälle rechter Hetze in Oberösterreich den gleichgültigen Umgang von Beamten des BMI mit Delikten rechtsextremen Hintergrundes. Zum einen wandte sich ein Oberösterreicher schon am 9. November (2010) in einem Schreiben an die Sicherheitsdirektion“. In diesem Schreiben bat der Mann die Beamten, die Facebook-Seite „Österreich-hat schon-genug-Ausländer-Stoppt-die-regelrechte-Überflutung“ (die mittlerweile 15.400 UnterstützerInnen hat und ein Sammelbecken für nationalsozialistische Wiederbetätigung, Menschenhatz und schlimmer Fremdenfeindlichkeit“ ist) auf mögliche strafrechtlich relevante Tatbestände zu überprüfen (Kurier 6.3.2010). Bis heute gab es keine Reaktion der Beamten auf diese Bitte, die Seite ist nach wie vor auf Facebook aufrufbar.

Ein weiterer Vorfall ereignete sich am 10.2.2011. Unbekannte Täter hinterließen Hetzflugblätter und -Aufkleber mit der Aufschrift Bald sind wir eine Minderheit im eigenen Land. Keine Integration, keine Polizeistreife, kein Asylgesetz kann uns davor retten. Was tust du dagegen?“ auf Autos und Verkehrszeichen in Linz-Urfahr. Ein Akademiker wählte um 21:45 Uhr den Polizei-Notruf, doch anstatt dem Mann zu helfen und ihn über andere mögliche Schritte aufzuklären, winkten die Polizisten ab, da sie für solch einen Vorfall nicht zuständig seien und wegen einer solchen Sache sicher keinen Streifenwagen losschicken – das wäre es einfach nicht wert“ (Kurier 26.2.2011).

Auch in Salzburg sorgt die Aussage eines Beamten des BMI zur Schändung der zum Gedenken an jüdische NS-Opfer verlegten Stolpersteine“ (Kleindenkmäler) für Verwunderung. Nachdem unbekannte Täter drei Stolpersteine“ fachgerecht aus dem Kopfsteinpflaster gestemmt hatten und die so entstandenen Löcher mit Beton aufgefüllt worden sind, meinte Burghard Vouk, Leiter des Landesamtes für Verfassungschutz: Theoretisch wäre freilich auch ein reiner Messingdiebstahl denkbar“ (derStandard 20.1.2011).

Zuletzt erfolgte eine Erfolgsmeldung aus dem BMI über einen von der Republik Österreich geschlossenen Vergleich mit dem Server der alpen-donau.info“-Homepage in den USA. Ob, wie von Seiten des BMI behauptet, der Geldfluss an den US-Server sinngemäß als erfundene Geschichte aus dem Reich der braunen Legenden“ bezeichnet werden darf (derStandard 22.3.2011) und ob die Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz der Staatsanwaltschaft Wien zügig voranschreiten werden, wird sich zeigen.

Um zu dieser kleinen Auswahl an Vorfällen eine Erklärung zum Verhalten des BMI und seiner MitarbeiterInnen zu erhalten, richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres daher nachstehende

ANFRAGE:

1.       Welche Ermittlungsschritte wurden von Seiten des BMI nach der ersten bzw. zweiten Schmieraktion an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen gesetzt?

2.       Wurden nach der ersten Schmieraktion von Seiten des BMI Maßnahmen zum Schutz der Gedenkstätte getroffen?

 

a)         Wenn ja, welche Maßnahmen wurden ergriffen, um weitere Schändungen zu verhindern?

b)         Wenn nein, warum wurden keine zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz der Gedenkstätte getroffen?

3.   Wurden nach der zweiten Schmieraktion von Seiten des BMI Maßnahmen zum Schutz der Gedenkstätte getroffen?

c)       Wenn ja, welche Maßnahmen wurden ergriffen, um weitere Schmieraktionen zu verhindern?

d)       Wenn nein, warum wurden keine zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz der Gedenkstätte getroffen?

4.   Wurde der Bitte um Überprüfung der Facebook-Seite „Österreich hat schon genug Ausländer Stoppt die regelrechte Überflutung“ von Seiten der Sicherheitdirektion nachgegangen?

a)         Wenn ja, welche Ermittlungsschritte wurden bisher gesetzt?

b)         Wenn nein, warum wurde diesem Hinweis bzw. dieser Aufforderung nicht nachgegangen?

 

5.       Welche Maßnahmen haben Sie bzw. hat das BMI gesetzt, um Beamte künftig für Situationen, wie die Hetzflugblätter-Beschwerde vom 10.2.2011 in Linz, zu sensibilisieren?

6.       Warum wurde die Anzahl jener Beamten, die sich mit rechtsextremen Verbrechen beschäftigen, in Oberösterreich im Widerspruch zur Zunahme dieser Delikte verringert?

7.       Welche Ermittlungsschritte wurden bisher vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrirismusbekämpfung Salzburg zum Verschwinden der Stolpersteine“ gesetzt?

8.       Wie erklären Sie bzw. erklärt das BMI sich die Aussage des Herrn Vouk, dass es sich bei der offenkundig gezielten Schändung um einen reinen Messingdiebstahl“ handeln könnte?

9.       Welche Ermittlungsschritte wurden von Seiten des BMI bei der Verfolgung der 50 verdächtigen alpen-donau.info“-Nutzer gesetzt? Welche Ergebnisse wurden erzielt?

10.   Wie sieht der vom BMI und dem US-Server geschlossene Vergleich zu alpen- donau.info aus?