8180/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.03.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Keck, Dr. Jarolim

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Sachwalterschaftsmissbrauch und Sachwaltergeschädigte

Nachdem die parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Keck und Genossen vom
22. September 2010 betreffend Sachwalterschaft Anna Probst bedauerlicherweise
unbefriedigend beantwortet wurde, werden weitere Darlegungen und Fragen sowohl zu
diesem konkreten Fall, als auch zu der Problematik Sachwalterschaft in
Österreich im
Allgemeinen nochmals und damit ausführlicher angesprochen.

Probleme rund um Missstände im Zusammenhang mit Sachwalterschaften in Österreich
waren in den letzten Jahren mehrfach den Berichten öffentlicher Medien zu entnehmen.
Jüngster Fall waren die Testamentsfälschungen um eine Affäre im Vorarlberger
Landesgericht, wobei dabei moralisch besonders verwerflich war, da es sich hauptsächlich um
Fälle mit Sachwalterschaft gehandelt haben soll.

Rund 80.000 Menschen in unserem Land werden zur Besorgung aller Angelegenheiten ein
Sachwalterschaft bestellt und die Zahl derer, die aus Altersgr
ünden oder wegen Krankheit, so
„beschützt werden, steigt enorm. Nicht nur die Volksanwaltschaft wird zunehmend mit
Problemfällen auf diesem Gebiet konfrontiert, immer öfter wenden sich auch Bürger an
öffentliche Stellen, Medien, Caritative Einrichtungen oder Politiker. So tauchen im
Zusammenhang mit Sachwaltermissbräuchen immer wieder Informationen auf, wonach
Anwaltskanzleien mehrere hundert Sachwalterschaften gleichzeitig betreuen sollen und die
Kritik, wonach Bereicherungen auf Kosten der Opfer der Sachwalterschaft publik werden.
Gravierende Missstände bzw. missbräuchliche Anwendung der Sachwalterschaft werden auch
zunehmend öffentlich diskutiert.


Im Rahmen der Kritik wird u.a. von regelrechten Seilschaften unter Sachwaltern, Anwälten,
Notaren, Ärzten, Psychologen und anderen Gutachtern gesprochen. Eine schwerwiegende
Problematik bedenkt man, dass laut Statistik Austria mittlerweile rund 2% der
österreichischen Gesamtbevölkerung besachwaltet wird. Nicht überraschend daher, dass sich
Initiativen „Sachwaltergeschädigter
gründen und unter anderem auch über das Internet ihre
negativen Erfahrungen mit Sachwalterschaften einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis
bringen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz
nachstehende

Anfrage

1.                  Wie viele aufrechte Sachwalterschaften gab es in den Jahren 2006 bis aktuell (bitte um
Aufstellung nach Jahren und Bundesländern)?

2.                  A. Wer überprüft die Rechtmäßigkeit und Billigkeit sowie jeweilige Notwendigkeit der
Richterentscheidungen bei Sachwalterschaften (insbesondere: Sachwalterwahl und -
bestellung, Sachverständigen-Wahl und -Bestellung, Kontrolle der Kostennote der
Sachwalter/Sachverständigen)?

B. Wie viele Sachwalterschaftscausen wurden an ein anderes Bezirksgericht zur
Überprüfung seit 2006 übersandt (bitte um Aufstellung nach Jahren und Bundesländer)?

3.     A. Welche Maßnahmen zur Qualitätskontrolle bei den Sachwalterschaften hat das BMJ
bisher aus Eigenem gesetzt, wie sahen/sehen diese aus und wann wurden/werden diese
gesetzt?

B. Wie lauten die diesbezüglichen Ergebnisse?

4.                  Wie viele „negative Zwischenfälle bei Sachwalterschaften sind dem BMJ seit 2006
(bitte um Aufstellung nach Jahren und Bundesländern) bekannt geworden und was waren
die hauptsächlichen Gründe dafür?

5.                  Welche Maßnahmen setzt das BMJ im Falle Ihnen bekannt gewordener Umstände bei
fragwürdigen Sachwalterschaften?

6.        Wie unterbindet das BMJ mögliche Klüngeleien zwischen Pflegschafts-/Familienrichtern
und den von diesen bestellten Sachwaltern bzw. eventuell miteingeschalteten
Gerichtssachverständigen?


7.                  Welche Schritte setzten Sie bzw. das BMJ bei Verdacht auf offensichtlicher bzw.
zumindest anscheinmäßigen Klüngeleien?

8.                  A. Wie viele Bezirksrichter haben Ihnen zugeordnete Sachwalterschaftsfälle seit 2006
abgeben müssen (bitte um Aufstellung nach Jahren und Bundesländern)?

B. Wie viele Sachwalter wurden seit 2006 ihres Amtes enthoben?

9.     A. Gab es bereits rechtliche Untersuchungen in Sachen Amtsmissbrauch bei
Sachwalterbestellungen gegen mit Sachwalterschaften betraute Bezirksrichter?

B.  Wenn ja, gegen wie viele und mit welchen Ergebnissen jeweils?

C.  Gab es bereits solche Untersuchungen gegen in Sachwalterschaften mitinvolvierter
Gerichtssachverst
ändige?

D. Wenn ja, gegen wie viele?

10.           Wie viele Sachwalter wurden seit 2006 ihres Amtes enthoben und was waren die Gründe
dafür (bitte um Aufstellung nach Jahren und Bundesländern)?

11.           Grundsätzlich ist die Bestellung einer Sachwalterin/eines Sachwalters bekanntlich
nachrangig, zuerst müssen andere Möglichkeiten der Unterstützung eines psychisch
kranken oder behinderten Menschen (z.B. durch Familienmitglieder oder durch soziale
Einrichtungen) ausgeschöpft werden. In wie vielen Causen wurde seit 2006
(insbesondere nach Novellierung des Sachwalterschaftsgesetzes!) ein familienfremder
Sachwalter durch einer der/dem Besachwalteten näher stehende Person ausgetauscht
(bitte um Aufstellung nach Jahren und Bundesländern)?

12.           Wie viele Richter bzw. Staatsanwälte sind selber als Sachwalter eingesetzt bzw. tätig
(bitte jeweils um Aufstellung nach Bundesländern)?

13.           A. Werden Sie eine unabhängige Beschwerdestelle betreffend Sachwalterschaftsfälle
einrichten, damit nicht berechtigte Missstände vom jeweiligen verantwortlichen Richter
abgeschmettert werden?

B.  Wenn ja: Wann und in welcher Gestalt?

C.  Wenn nein: Warum nicht?