8185/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.03.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

an die Frau Bundesministerin für Inneres                 

betreffend Selbstmordrate von türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen

 

 

Mehrere Studien belegen, dass die Selbstmordrate bzw. die Zahl von Selbstmordversuchen türkisch-stämmiger Mädchen und Frauen in Deutschland deutlich höher ist als bei Mädchen und Frauen anderer Herkunft. Beispielsweise belegt eine Multicenterstudie der Weltgesundheitsorganisation aus dem Raum Würzburg, dass bei 16- bis 24-jährigen Mädchen und Frauen mit türkischen Wurzeln die Häufigkeit von versuchten und vollendeten Suiziden annähernd doppelt so hoch ist wie bei gleichaltrigen Mädchen und Frauen aus deutschen Familien. Diese Daten aus Deutschland sind durchaus mit Österreich vergleichbar.

 

Auch die türkische Presse hat diese Problematik bereits aufgegriffen. Ein diesbezüglicher Artikel aus der Hürriyet vom 21.06.2010 trägt den Titel „Selbstmord-Alarm“. Laut Zeitung hat „die Selbstmordrate unter türkischstämmigen Frauen in Deutschland besorgniserregende Dimensionen erreicht“. Auch die am 14.03.2011 ausgestrahlte ARD Sendung FAKT widmet sich der hohen Selbstmordrate von türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen und begibt sich auf Spurensuche.

 

Experten vermuten als Grund für die gesteigerte Suizidrate gravierende kulturelle Auffassungsunterschiede zwischen der westlichen und der islamischen Welt. Beispielsweise kommt die Studie „Suizidsterblichkeit unter Türkinnen und Türken in Deutschland“ der Epidemiologen Hajo Zeeb und Oliver Razum aus dem Jahr 2004 zu dem Schluss, dass die hohe Selbstmordrate unter jungen türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen vermutlich durch „sozial oder kulturell bedingte Konfliktsituationen“ erklärbar ist. Darüber hinaus finden sich in Internetforen tausende Schilderungen von verzweifelten türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen aus Österreich und Deutschland die Selbstmordgedanken erkennen lassen.

 

Vor diesem Hintergrund richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Inneres folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Gibt es bundesweite Statistiken über Selbstmorde bei Menschen mit Migrationshintergrund?


2.    Wenn ja, wie viele Suizide gab es insgesamt in den Jahren 2005 bis 2010? (aufgeschlüsselt nach Bundesländer)

 

3.    Wann ja, wie hoch war der Anteil an Mädchen und Frauen? (aufgeschlüsselt nach Bundesländer)

 

4.    Wenn ja, wie hoch war der Anteil türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen? (aufgeschlüsselt nach Alter und Bundesländer)

 

5.    Wenn nein, warum existieren keine bundesweiten Statistiken über diese Thematik?

 

6.    Gibt es bundesweite Statistiken über Selbstmordversuche bei Menschen mit Migrationshintergrund?

 

7.    Wenn ja, wie viele Suizidversuche gab es in den Jahren 2005 bis 2010? (aufgeschlüsselt nach Bundesländer)

 

8.    Wann ja, wie hoch war der Anteil an Mädchen und Frauen? (aufgeschlüsselt nach Bundesländer)

 

9.    Wenn ja, wie hoch war der Anteil türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen? (aufgeschlüsselt nach Alter und Bundesländer)

 

10. Wenn nein, warum existieren keine bundesweiten Statistiken über diese Thematik?

 

11.  Wie hoch schätzen Sie bzw. Ihr Ressort die Dunkelziffer von Selbstmorden bzw. deren -versuchen bei türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen und inwieweit werden bei diesen Zahlen mögliche „Vertuschungsversuche“ durch die Familie, die es z.B. als Unfall oder Unglück hinstellen, berücksichtigt?

 

12. Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort die in der Diskussion häufig genannten Ursachen wie z.B. Verbote durch Väter, Zwangsehen, Frustration der Eltern, große Vorbehalte gegen psychische Erkrankungen in türkisch-stämmigen Familien, usw.?

 

13. Gibt es in Österreich eine strukturierte Ursachenforschung zu dieser Thematik und wenn ja welche Ergebnisse liegen vor?

 

14. Welche Anlaufstellen existieren derzeit für Betroffene und sind deren Mitarbeiter für die spezielle Situation von türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen mit Selbstmordgedanken sensibilisiert bzw. geschult?

 

15. Welche finanziellen Mittel wurden bzw. werden dafür bereitgestellt?

 

16. Existieren weitere bundesweite Aktionsprogramme, um die Versorgung von Depressiven und Suizidgefährdeten türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen zu verbessern?

 

17. Welche finanziellen Mittel wurden bzw. werden dafür bereitgestellt?