822/J XXIV. GP

Eingelangt am 29.01.2009
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Werner Neubauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundeskanzler

betreffend „Auszeichnung für IOC-Chef Jacques Rogge für sein Wirken gegen Österreich“

 

Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung 174/AB XXIV. GP – in Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 325/J betreffend „Großes Ehrenzeichen" für den IOC-Chef Jaques Rogge – zur Frage 2 ( „Wer schlug Jacques Rogge für das ‚Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich’ dem Bundespräsidenten vor?“) ausgeführt: „Die Anregung erfolgte durch das Österreichische Olympische Comité (ÖOC).“ Diese Ihre Antwort erweist sich in Anbetracht der Erklärung des Herrn Bundespräsidenten vom 12. November 2008 zur GZ S800010/91-EZ/2008, in welcher mitgeteilt wurde, dass die Ehrenzeichenverleihung an Herrn Rogge aufgrund eines Antrags des Bundeskanzlers erfolgt ist, als irreführend unvollständig.

Somit stellt sich die – den Wirkungsbereich des Bundeskanzlers betreffende und in dessen Ressortzuständigkeit fallende – Frage, weshalb Sie Herrn Rogge für eine so hohe Auszeichnung vorgeschlagen haben, zumal keine Verdienste Herrn Rogges für Österreich erkennbar sind, sondern vielmehr Aktivitäten gegen Österreich.

So erschien beispielsweise in der Tageszeitung „Kronen Zeitung“ im Zusammenhang mit besagter Auszeichnungsverleihung ein Bericht mit folgendem Inhalt:

Verdienste um Österreich? Dafür gehört dem IOC nur Blech: Es ist unter anderen dafür verantwortlich, dass Karl Schranz (...) von Olympia ausgeschlossen worden war, unser kleines Land als Dopingsünder für die große weite Welt hatte büßen müssen – und zuletzt Salzburg bei der Kandidatur um die Winterspiele gedemütigt worden war. Jetzt sorgen Wladimir Putins Gas-Milliarden der Firma Gazprom für dicke Luft! Viele rümpften daher die Nase, als Jacques Rogge, der umstrittener Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, in der Hofburg das ‚Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich’ erhielt.

Ebenso berichtete die Tageszeitung „Oberösterreichische Nachrichten" bereits am 8.11.2008: „Vor zwei Jahren war IOC-Präsident Jacques Rogge aus Österreich mit einer Klage bedroht worden (Ex-ÖSV-Trainer Walter Mayer zog diese später zurück), gleichzeitig stand eine kollektive Olympia-Sperre für Österreichs Sport im Raum. Die Erinnerung an die junge Geschichte war gestern in den Redoutensälen der Wiener Hofburg naturgemäß kein Thema, da wurde nämlich von einem erlesenen Prominentenkreis das Jubiläum 100 Jahre Österreichisches Olympisches Comité gefeiert. Unter den 350 geladenen Gästen waren mehr als 70 heimische Sportlegenden. Eine „Goldmedaille" gab es für IOC-Präsident Rogge. Er erhielt das „Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für die Verdienste um die Republik Österreich". Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Große auch.“

 

In Ihrer Anfragebeantwortung führten Sie zu Frage 7 aus, dass Medienberichte bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt würden. Damit stellt sich aber die Frage, ob in Ihrem Ressort auch über die diesen Berichten zugrundeliegenden Tatsachen hinweggesehen wird.

 

Weiters bestätigten Sie in Ihrer Anfragebeantwortung, dass der an Herrn Jacques Rogge verliehene Ehrenzeichengrad eine auf der Skala der Auszeichnungsmöglichkeiten verhältnismäßig (in der Relation zu an- deren Auszeichnungen um die Republik Österreich) höhere Auszeichnungsstufe ist und dass Herrn Rogge zuvor noch keine österreichische Auszeichnung verliehen worden ist. Damit stellt sich die Frage, ob es nach der Vorschlagspraxis Ihres Ressorts üblich ist, dass jemand gleich mit einer derart hohen Auszeichnung einsteigt.

 

Diese Fragen gewinnen im Lichte von Beschwerden über die Vorschlagspraxis Ihres Ressorts besondere Bedeutung. So wurde beispielsweise schon früher die Erstattung eines Auszeichnungsvorschlages betreffend die Verleihung des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst an die renommierte österreichische Künstlerin Roswitha Over, Solotänzerin der Wiener Staatsoper, von Ihrem Ressort unter Hinweis darauf verweigert, dass sie ja nach ihrer Pensionierung für eine höhere Auszeichnung vorgeschlagen werden könne; besagte Pensionierung ist mittlerweile erfolgt, jedoch wurde trotzdem der Auszeichnungsvorschlag bis heute nicht erstattet, während damals zeitgleich ausländische Künstlerinnen desselben Balletts in den Genuss von Auszeichnungs-vorschlägen Ihres Ressorts kamen. Somit erweckt die Praxis Ihres Ressorts in Bezug auf Auszeichnungsvorschläge erweckt erhebliche Bedenken im Hinblick auf die Objektivität.

 

Da dies folglich auf einen strukturellen Missstand in Ihrem Ressort hindeutet, besteht die Notwendigkeit einer Durchleuchtung der Vorschlagspraxis Ihres Ressorts.

 


In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

 

ANFRAGE:

 

1.) Wurde die Anregung des Olympische Comités, Herrn Rogge für eine Auszeichnung vorgeschlagen, durch den Bundeskanzler überprüft, bevor der Bundeskanzler einen diesbezüglichen Auszeichnungsvorschlag erstellt hat?

 

2.) Wenn ja, wann, wie, durch wen und in welchem Umfang erfolgte die Überprüfung?

 

3.) Werden vom Bundeskanzler bei Auszeichnungsvorschlägen Inländer gegenüber Ausländern benachteiligt?

 

4.) Wie viele Österreicher, die – wie Herr Jacques Rogge – zuvor noch keine staatliche österreichische Auszeichnung erhalten hatten, hat der Bundeskanzler letztes Jahr für die Verleihung derselben staatlichen Auszeichnung, die Herr Jacques Rogge erhalten hat, vorgeschlagen?

 

5.) Ist ein Aberkennungsverfahren bei bereits verliehenen staatlichen Auszeichnungen möglich, wenn Umstände bekannt werden, welche die Auszeichnungswürdigkeit einer Person in Frage stellen?

 

6.) Wurde ein solches Aberkennungsverfahren schon einmal durchgeführt?

 

7.) Wenn ja, wann und bei wem?

 

8.) Haben Sie den Inhalt der in der Einleitung der gegenständlichen Anfrage zitierten Zeitungsberichte (von denen Sie in Ihrer Anfragebeantwortung einen nicht zu kennen angaben) verstanden?

 

9.) Wenn ja, was schließen Sie daraus?

 

10.) Werden Sie den solcherart spätestens jetzt Ihrem Ressort zugegangenen Informationen einer amtswegigen Überprüfung im Zusammenhang mit der erfolgten Auszeichnungsverleihung an Herrn Rogge unterziehen?

 

11.) Ist ein Verhalten einer Person gegen Österreich und gegen österreichische Interessen Ihres Erachtens eine Grundlage für die Annahme der Auszeichnungswürdigkeit der betreffenden Person?

 

12.) Ist ein Verhalten einer Person gegen Österreich und gegen österreichische Interessen Ihres Erachtens Anlass zur Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung einer der betreffenden Person verliehenen Auszeichnung?

 

13.) Was sind Ihres Erachtens Gründe für die Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung einer an eine Person verliehenen Auszeichnung?

 

14.) Welche Gesetze sind für Sie bei der Erstattung von Auszeichnungsvorschlägen maßgeblich?

 

15.) Handeln Sie bei der Beurteilung von Ihnen erstatteten Anregungen für Auszeichnungsvorschläge gemäß dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)?

 

16.) Gibt es Rechtsmittel?

 

17.) Wenn nein, ist dies mit Artikel 13 MRK vereinbar?

 

18.) Welche Rechtsfolgen können sich an ein missbräuchliches Vorgehen eines staatlichen Organs bei der Erstattung oder Unterlassung von Auszeichnungsvorschlägen knüpfen?

 

19.) Kennen Sie Herrn Jacques Rogge?

 

20.) Wenn ja, wann und wo haben Sie ihn kennengelernt?

 

21.) Wird jede Person, die über den EU-Vertrag gesprochen hat, so wie Sie in Ihrer Anfragebeantwortung ausführen, dass Rogge im Jahre 2006 „wichtige Gespräche“ mit dem damaligen Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel über den EU-Vertrag geführt hat, für eine bundesstaatliche Auszeichnung vorgeschlagen?

 

22.) Wer ist jetzt in Ihrem Ressort – namentlich und in operativer Hinsicht – für die Prüfung von Anregungen betreffend Auszeichnungsverleihungen zuständig?

 

23.) Wer war letztes Jahr im Bundskanzleramt – namentlich und in operativer Hinsicht – für die Prüfung von Anregungen betreffend Auszeichnungsverleihungen zuständig?

 

24.) Wer ist diesbezüglich in Ihrem Ressort approbationsbefugt?

 

25.) Wer war letztes Jahr diesbezüglich in Ihrem Ressort approbationsbefugt?

 

26.) Ist es üblich, für Privatpersonen als erste bundesstaatliche Auszeichnung gleich das „Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich“ zur Verleihung vorzuschlagen?

 

27.) Für welche Privatpersonen wurde in den letzten drei Jahren das „Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich“ vorgeschlagen?

 

28.) Stellen die im Inhalt der in der Einleitung der gegenständlichen Anfrage zitierten Zeitungsberichte genannten „Verdienste“ von Herrn Jacques Rogge (Zitat: „Es ist unter anderen dafür verantwortlich, dass Karl Schranz (...) von Olympia ausgeschlossen worden war, unser kleines Land als Dopingsünder für die große weite Welt hatte büßen müssen – und zuletzt Salzburg bei der Kandidatur um die Winterspiele gedemütigt worden war.“) Ihres Erachtens grundsätzlich auszeichnungswürdige Umstände dar?

 

29.) Welche Personen werden Sie als nächstes mit einer Auszeichnung für Verdienste um die Republik Österreich vorschlagen?

 

30.) Welche Personen werden Sie als nächstes für das „Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich“ vorschlagen?