8323/J XXIV. GP

Eingelangt am 28.04.2011
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport (BMLVS)

betreffend Mobbing in der Österreichischen Militärbibliothek

 

 

Der vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz herausgebrachte Leitfaden für diskriminierungsfreie Sprache, Handlungen und Darstellungen definiert Mobbing als „ein aggressives, destruktives Verhalten, das absichtlich und über längere Zeit ausgeübt wird und ein Ungleichgewicht von Macht beinhaltet. Es ergibt sich aus der jeweiligen Gruppensituation, wer zum Opfer wird. Äußere Merkmale oder Persönlichkeitseigenschaften des ‚Opfers’ werden nur von den ,Tätern’ als vordergründiges Motiv genannt. Die Erscheinungsformen von Mobbing sind vielfältig. Sie können verbaler, non verbaler oder physischer Art sein. Charakteristisch ist, dass sie wiederholt ausgeführt werden“ (siehe Anlage 1, S. 50).

 

Präzisiert wird. „Der Einsatz von Überlegenheits- und Diskriminierungsgesten in Alltagssituationen ist weit verbreitet und bleibt oftmals unreflektiert. Entscheidend ist die Wahrnehmung der Betroffenen, ob eine Handlung als diskriminierend empfunden wird. Diskriminierung a/s subjektive Erfahrung wirkt selbstschädigend; Menschen mit Diskriminierungserfahrungen erleben sich oft als beschämt und beschädigt in ihrer Identität“ (siehe Anlage 1, S. 51).

 

Die Österreichische Militärbibliothek (ÖMB) ist die Zentralbibliothek des Österreichischen Bundesheeres. Sie ist bundesweit Anlaufstelle für die Beschaffung und Zuweisung aller dienstlich benötigten Druckschriften, audiovisuellen Medien, elektronischen Datenträgern. Der Leiter der Gruppe Präsidium hat die direkte Dienst- und Fachaufsicht über die Österreichische Militärbibliothek. Sie ist eine nachgeordnete Dienststelle der Gruppe Präsidium der Zentralsektion / S1 des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport.

 

Herr Johann Löbl ist in der ÖMB seit 17 Jahren auf einem Behindertenarbeitsplatz als Vertragsbediensteter eingeteilt, der im Rahmen seiner Möglichkeiten ein selbstbestimmtes Leben zu führen sucht und die Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz selbständig lukriert. Allerdings werden seine individuellen Entwicklungsmöglichkeiten durch langanhaltendes, schweres Mobbing stark beeinträchtigt. Das Wochenmagazin profil berichtete in seiner Ausgabe Nr. 45 vom 08. 11. 2010 über eine gegenüber anderen Einrichtungen unverhältnismäßig gravierende Mobbingproblematik innerhalb


des Österreichischen Bundesheeres, und ging auch auf die Person von Herrn Johann Löbl und seiner Leidensgeschichte ein, um seinen stillen Hilferuf zu zitieren, den der Vertragsbediensteten mit Behinderung an die Behindertenvertrauensperson des Ressorts gerichtet hatte, um seine durch ständige Drangsalierung, Demütigung und Belästigung gekennzeichnete Situation darzustellen:

 

„Ich kann schon seit Monaten keine Nacht mehr durchschlafen. Oft habe ich Angst vor der Nacht und meinen schlimmen Träumen. In meinen Träumen ist alles so wie am Tag im Dienst“ (siehe Anlage 2).

Seine durch dauerhaftes Mobbing charakterisierte, schikanöse Behandlung an der ÖMB schildert er, wie folgt:

 

„Schon in der Früh, wenn ich die Zeitungen hole und bei Frau D. abgebe, beschimpft sie mich ohne Grund. Frau D. hat schon oft zu mir gesagt, dass ich der Dümmste Krüppel bin und sie nicht versteht, wieso so eine dumme Missgeburt überhaupt in einer Bibliothek arbeiten darf.

Eigentlich gehöre ich zu den anderen Idioten gesperrt und nicht hierher“ (komplette

Niederschrift: Anlage 3).

 

Es handelt sich hier zweifellos um einen Umgangston, der jeglichem politischem Grundkonsens in Bezug auf die Behandlung schutzbedürftiger Menschen mit Behinderung Hohn spricht.

Aber da Herrn Löbls Chefin „gute Kontakte in höchste Heereskreise hat, versandeten alle Bemühungen“ hier Abhilfe zu schaffen.

Alle Bemühungen von Mitarbeitern der ÖMB auf eine Änderung der untragbaren Situation des behinderten Herrn Löbl hinzuwirken sowie die Anrufung der Parlamentarische Bundesheerkommission (GZ 10104311-2010) und letztlich auch die Einschaltung der Volksanwaltschaft zeitigten keinerlei Erfolg.

Das schließlich Anfang September 2010 vom Leiter der Personalabteilung B (PersB) des BMLVS, Herrn MinR Mag. Dr. iur. Stephan Chavanne, unterbreitete Angebot einer Versetzung des leidtragenden Mobbingopfers Johann Löbl in eine andere Dienststelle - nach einer 17jährigen Tätigkeit in der Österreichischen Militärbibliothek (!) - kann nur als skandalöse Maßnahme und schockierender Versuch zum Schutz der Täterin bzw. der Direktorin der ÖMB, die gegen diese ihr bekannten Übergriffe nicht einschritt, bewertet werden.

 

Herr Löbl untersteht als Bote und Hilfskraft unmittelbar der Direktorin der österreichischen Militärbibliothek, Frau Mag. Bettina Mais. Er ist allerdings zusätzlich ebenso für andere Referate einsetzbar. lm Rahmen seiner unterstützenden Tätigkeit arbeitet Herr Johann Löbl auch mit der im Bereich Zeitschriften tätigen Frau FOInsp Brigitte Dumser, der Proponentin der Mobbingaffäre, eng zusammen. Diese nötigt ihn zur Erledigung persönlicher Dienstleistung (u. a. Einkäufe, Abholung von Gegenständen privaten Gebrauches etc.), beschimpft, verspottet und demütigt ihn (siehe Zeugenaussagen. Anlagen 4.1. - 4.4.).

Bedingt durch das Abhängigkeitsverhältnis, die Angst, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, sollte er sollte er sich den psychischen Belastungen durch diese Drangsalierungen nicht länger gewachsen zeigen, und sein grundsätzlich mangelndes Selbstvertrauen aufgrund seiner Behinderung und seiner Kleinwüchsigkeit, ist Herr Johann Löbl nicht in der Lage, sich allein gegen die ständigen Mobbingattacken zur Wehr zu setzen.


 

Herr Dr. Peter Bohaumilitzky und Herr Mag. Andreas Kapri, als kollegiale Vorgesetze, kommen ihrer Fürsorgepflicht nach und intervenieren kontinuierlich, um diese Missstände einzudämmen (siehe Anlage 5 - Sachverhaltsdarstellung Dr. Bohaumilitzky).

Bedauerlicherweise werden die diskriminierenden Handlungen gegenüber Herrn Löbl jedoch nicht eingestellt, sondern es erfolgt ganz im Gegenteil eine Ausweitung der Mobbingaktivitäten auf jene Personen, die sich schützend vor das betroffene Opfer stellen.

Als beispielhaft in diesem Zusammenhang ist ein zwischen Herrn MinR Dr. Johannes Taubner und Herrn Dr. Bohaumilitzky geführtes Dienstgespräch anzusehen (siehe Anlage 6).

Die Ausweitung des Mobbings auf unterstützende Personen gipfelt zunächst in mehreren ungerechtfertigten Abmahnungen gegenüber Herrn Dr. Bohaumilitzky und Herrn Mag. Kapri (siehe Anlagen 7) und kulminiert schließlich am 18. 02. 2011 in der unbefristeten Entlassung von Herrn Dr. Bohaumilitzky.

 

 

Vor dem Hintergrund der permanenten Beteuerungen und politischer Forderungen, Diskriminierung auf allen Ebenen zu bekämpfen und dem rechtlich verankerten Diskriminierungsverbot schutzbedürftiger Menschen mit Behinderung, stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) folgende

 

Anfrage

 

 

  1. Welches Resultat hatte das Gespräch mit der Behindertenvertrauensperson, Frau ADir Vroni Schober vom 02. 03. 2010?

 

  1. Welche Empfehlungen hat die Behindertenvertrauensperson des Ressorts, Frau ADir Schober, ausgesprochen, um diesen Missstand zu beheben?

 

  1. Welche dieser Empfehlungen wurden wann wie durch wen umgesetzt?

 

  1. Gibt es einen Akt über dieses Gespräch vom 02. 03. 2010 mit der Behindertenvertrauensperson, Frau ADir Vroni Schober?

 

  1. Warum und mit welcher Berechtigung war Herr RgR ADir Bruno Blauensteiner bei diesem Gespräch anwesend?

 

  1. Welche Maßnahmen wurden von der Direktorin der ÖMB, Frau Mag. Bettina Mais vor und nach dem 02. 03. 2010 ergriffen, nachdem sie durch Mitarbeiter der ÖMB wiederholt auf die Drangsalierung des behinderten Herrn LÖBL durch Frau FOInsp DUMSER hingewiesen worden war?

 

  1. Die Parlamentarische Bundesheerkommission wurde auf diesen Sachverhalt am 11. 03. 2010 aufmerksam gemacht. Mit GZ 10/043/1-2010 verlautete selbigentages von dort, der unter dem Betreff „schweres Mobbing“ angezeigte Sachverhalt werde „der entsprechenden Prüfung unterzogen“. Wie erfolgte diese Prüfung und welches Resultat wurde erzielt?

  1. Welchen Kenntnisstand hat der Leiter der Abteilung Disziplinar- und Beschwerdewesen, Herr MinR Dr. Christian Mayer, vom o. g. Sachverhalt?

 

  1. Hat der Gruppenleiter Präsidium, Herr Dr. Leopold Dotter, Kenntnis von dem o. g. Sachverhalt, und wie kommt er seiner Dienstaufsichtspflicht über die ÖMB nach?

 

  1. lst die Existenz und Bedeutung eines im Dienstzimmer von Frau Dumser ausgehängten Fotos bekannt, auf welchem in fragwürdiger und bedenklicher Weise ausgeschiedene Mitarbeiter der ÖMB, im Sinne eines „Ausschlussverfahrens“, mit roter Farbe im Gesicht x-förmig ausgestrichen wurden?

 

  1. Ist der Vater der Direktorin der ÖMB, Frau Mag. Mais, der Leiter des Heerespersonalamtes, Hofrat Thomas Mais?

 

 

  1. Wurde die Funktion der Leiterin der Österreichischen Militärbibliothek durch ein ordentliches Ausschreibungsverfahren besetzt?

 

  1. Wenn ja, wie viele Bewerber gab es und welche Qualifikationen hatten diese vorzuweisen?

 

  1. Herr MinR Dr. Johannes Taubner (Referatsleiter Ref 5 / DiszBW) erwähnte in einem Gespräch über die Causa Löbl am 05. 05. 2010 die Existenz dutzender Parallelfälle zur Mobbingcausa des behinderten Herrn Löbl (siehe Anlage XX). Wie viele ähnlich gelagerte Fälle von Diskriminierung und Mobbing sind lhnen bekannt?

 

  1. Wie wurde in diesen Fällen verfahren?

 

  1. Welche Entscheidungen wurden gefällt?

 

  1. Welcher Art waren die Versuche der Ermittlung von Fakten im konkreten Mobbingfall des Herrn Löbl im Bereich des BMLVS und auf wessen Initiative und Veranlassung wurden sie eingeleitet?

 

  1. Wer war für die Durchführung dieser Erhebungen und für die Art und Weise, wie selbige vorgenommen wurde, verantwortlich?

 

  1. Welches Resultat erbrachten diese Erhebungen und wer trägt für die weitere Vorgangsweise (allfällige Einleitung von Disziplinarverfahren, die Erstattung von Strafanzeigen, Einstellung der Untersuchung ohne Konsequenzen für die Beteiligten) die Verantwortung?

 

  1. Welche disziplinären Maßnahmen wurden gegen die Täterin bzw. gegen jene Personen, deren Vernachlässigung ihrer Dienstaufsichtspflicht als Dienstvorgesetzte, diesen Mobbingfall in dieser Intensität und Dauer erst ermöglichten, ergriffen.

 

  1. Wurden gegen diese Personen Disziplinarverfahren eingeleitet?

 

  1. Wenn Nein, warum nicht?

  1. Wer konzipierte Berichte an Volksanwaltschaft, in denen wahrheitswidrig behauptet wurde, dass „entsprechende Schritte gesetzt“ worden seien, „um hier eine Änderung herbeizuführen“, und die Behauptung aufgestellt wurde, dass „unter anderem [?] zur Herstellung eines guten Betriebsklimas in der Österreichischen Militärbibliothek eine professionelle psychologische Unterstützung im Rahmen eines Teambildungsseminars eingeleitet“ worden wäre?

 

  1. Warum wurden bis dato die gegenüber der Volksanwaltschaft angekündigten Maßnahmen nicht umgesetzt?

 

  1. Wer trägt die Verantwortung für dieses Versäumnis?

 

  1. Weshalb finden an der Österreichischen Militärbibliothek nicht einmal die erlassmäßig geforderten Mitarbeitergespräche und vorgesehenen Teambesprechungen statt?

 

  1. Wer trägt die Verantwortung für die Nichteinhaltung gültiger Erlässe durch die Direktorin der ÖMB, deren Zielsetzung in einer überprüfbaren und dokumentierten Form von Mitarbeiterbeteiligung am Dienstbetrieb, mit einer positiven und motivierenden Auswirkung auf das dienstliche und zwischenmenschliche Klima, besteht?

 

  1. Welche Maßnahmen der Dienstaufsicht wurden diesbezüglich seitens der verantwortlichen Dienstvorgesetzten von Frau Mag. Mais gesetzt?

 

  1. Welche Rolle spielt der Leiter der Personalabteilung B, Herr Mag. Dr. Stephan Chavanne, seit seiner Involvierung in den Mobbingfall des behinderten Herrn Löbl und bei seinen offensichtlichen Unterstützungshandlungen der gegen Herrn Dr. Bohaumilitzky gerichteten Mobbingmaßnahmen der Direktorin der ÖMB, Frau Mag. Mais?

 

  1. Wurde Herrn Dr. Bohaumilitzky die Entlassung ausgesprochen?

 

  1. Wenn ja, warum und mit welcher Begründung?

 

  1. Haben Sie den an Sie adressierten Brief vom 07. 12. 2010 von Herrn Johann Löbl erhalten, in dem er lhnen seine Mobbingerfahrungen und die Auswirkungen auf Herrn Dr. Bohaumilitzky und Herrn Mag. Kapri schildert (siehe Anlage 8)?

 

  1. Haben Sie diesen Brief beantwortet? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, mit welchem Inhalt?

 

  1. Welche Maßnahmen gedenken Sie zu ergreifen, um die Mobbingsituation in der ÖMB und den Mobbingfall des behinderten Herrn Löbl angemessen zu lösen?

 

  1. Die Österreichische Militärbibliothek war bereits im März 2008 Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage, bei der u. a. befremdliche Mängel in der bibliothekarischen Kernkompetenz (unvollständige Klassifizierung und Beschlagwortung der Bücher) hinterfragt wurden. Sind diese Mängel, die auf mangelnde bibliothekarische Grundkenntnisse des dort tätigen Personals schließen lassen, nunmehr behoben, oder wirken sich diese Defizite immer noch auch auf die laufende Lehrlingsausbildung an der ÖMB aus?

 

  1.  Wer ist für die Lehrlingsausbildung an der ÖMB verantwortlich?

 

  1. Was ist geschehen, um die Lehrlinge vor weiteren Übergriffen zu schützen, nachdem ihre in Teilen unzumutbare Behandlung - analog zu jener des Herrn Löbl – in den Akten der Abteilung Disziplinar- und Beschwerdewesen ihren Niederschlag gefunden hat?

 

  1. Entspricht es den Tatsachen, dass die Lehrlinge an der ÖMB dazu verhalten werden, zeitweilig die Arbeit anderer Mitarbeiter zur Gänze zu übernehmen, die zwar an der Dienststelle anwesend sind, dort aber zum Dienstbetrieb nichts beitragen bzw. mit privaten Angelegenheiten beschäftigt sind?

 

  1. Entspricht es den Tatsachen, dass die Lehrlinge an der ÖMB nie über ihre Rechte und Pflichten im Dienstbetrieb der ÖMB aufgeklärt und nie in den gesetzlichen Grundlagen der allgemeinen Verwaltung öffentlich rechtlicher Dienststellen unterwiesen wurden?

 

  1. Wie wurde seitens der Leitung der ÖMB auf den Umstand reagiert, dass bereits die VorgängerInnen der derzeit an der ÖMB auszubildenden Lehrlinge, teilweise in schriftlicher Form, massive inhaltliche Kritik an der Durchführung ihrer Lehrausbildung in der ÖMB (Inkompetenz bei der Vermittlung von fachspezifischen Inhalten, Vergeudung von Zeit, schikanöse Behandlung usw.) geäußert hatten und nach Beendigung ihres Dienstes die umgehende Entfernung ihrer Bilder von der Homepage der ÖMB forderten?

 

  1. Ist unter diesen Umständen weiterhin daran gedacht, eine Lehrlingsausbildung an der ÖMB durchzuführen?

 

  1. Welche Einrichtung ist für die Einbringung von Beschwerden seitens der an der ÖMB auszubildenden Lehrlinge zuständig?