Eingelangt am 29.01.2009
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ANFRAGE
des
Abgeordneten Pirklhuber, Brunner, Freundinnen und Freunde
an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Maßnahmen zur Eindämmung des Verlustes der
biologischen Vielfalt
Um dem weltweiten Verlust
biologischer Vielfalt und der weiteren Degradation von Ökosystemen
entgegenzuwirken, beschlossen die Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention
(CBD) im Jahr 2002, dass die Rate des Verlustes der biologischen Vielfalt soll
bis zum Jahr 2010 signifikant reduziert werden soll. Im achten Umweltkontrollbericht wird jedoch darauf
hingewiesen, dass dieses Ziel in Österreich voraussichtlich nicht erreicht
werden kann. Es werden u.a. folgende Gründe für die Abnahme der
biologischen Vielfalt angegeben:
-
Nutzungsveränderungen
in der Landwirtschaft: Segregation in Intensiv- und Extensivgebiete; in
Extensivgebieten (Grünlandflächen mit Mager- und Feuchtwiesen,
Bergmähder, Streuobstwiesen) wird die Landwirtschaft immer häufiger
aufgegeben (rund 5.000 ha Grünlandfläche pro Jahr in
Österreich), in Intensivgebieten wird sie forciert (Beseitigung von
Landschaftselementen etc.)
-
Anbau von energetisch genutzter
Biomasse
-
Stoffeinträge aus der
Landwirtschaft (Dünger und Pflanzenschutzmittel)
-
Stickstoffeinträge
aus der Luft (die ökologischen Belastungsgrenzen werden auf einem
erheblichen Teil der Waldfläche Österreichs überschritten
-
Lebensraumzerschneidung
(Straßen), Versiegelung durch Verbauung (täglich werden rund 5 ha
unverbauter Boden versiegelt, das ist fünfmal so viel wie in der
Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie vorgesehen).
Auf folgende
Entwicklungen bzw. Fakten wird hingewiesen:
-
Die alpine
Biodiversität wird durch den Klimawandel bedroht.
-
Von 14 Auwaldbiotoptypen
sind acht Biotoptypen von vollständiger Vernichtung bedroht.
-
Rote Listen: 33% der
Wirbeltierarten, 40% der Farn- und Blütenpflanzen und 55 Grünlandbiotoptypen
sind gefährdet.
-
Die Natura
2000-Gebietsliste für Österreich ist nicht vollständig, die
rechtliche Umsetzung der Fauna-Flora-Habitats-Richtlinie mangelhaft
(EUGH-Urteil vom 10. Mai 2007).
Im Mai 2006 hat die
EU-Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Eindämmung des
Verlustes der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 - und darüber hinaus
- Erhalt der Ökosystemleistungen zum Wohl der Menschen“ angenommen.
Darin wurde ein ausführlicher Aktionsplan festgelegt. Der Europäische
Rat hat auf seiner Frühjahrstagung 2008 erneut sein Bestreben
bekräftigt und auf die wesentliche Rolle hingewiesen, der Natura 2000 bei
der Verwirklichung dieses Zieles zukommt. Die Ergebnisse des ersten
großen „Gesundheitschecks“ der nach der FFH-Richtlinie
geschützten Arten und Lebensraumtypen zeigen
jedoch, dass 50 % der Arten und möglicherweise bis zu 80 % der
Lebensraumtypen, an deren Erhaltung ein europäisches Interesse besteht,
einen ungünstigen Erhaltungszustand aufweisen.
Global gesehen ist
der Rückgang der biologischen Vielfalt desaströs und die
wirtschaftlichen und sozialen Folgen wiegen schwer. Infolge der steigenden Nachfrage nach
Anbauflächen für Nahrungsmittel, Energiepflanzen und
Weideflächen werden die natürlichen Systeme noch stärker
belastet. Der Verlust an biologischer
Vielfalt und die Gefährdung der Ökosysteme bedroht die
Lebensfähigkeit unseres Planeten, unsere Wirtschaft und Gesellschaft.
Im Rahmen des
Artenschutzkongresses in Salzburg haben am 21. Juni 2007 prominente
VertreterInnen aus allen Bereichen der Gesellschaft einen Artenschutzpakt mit
folgendem Wortlaut unterzeichnet, darunter auch Ihr Vorgänger und
damaliger Umweltminister Pröll:
Die
Unterzeichnenden
-
sind sich ihrer Verantwortung für die Erhaltung
der biologischen Vielfalt als Kapital für die Menschheit bewusst.
-
bekennen sich zu den Prinzipien und Zielen der
Biodiversitäts-Konvention und werden an deren Umsetzung mitwirken.
-
nehmen in ihrer täglichen Arbeit auf die Belange des Artenschutzes
und die Erhaltung natürlicher Lebensräume Rücksicht.
-
kommunizieren und bewerben aktiv in ihrem Umfeld die große
Bedeutung der Artenvielfalt und fordern zu deren Erhaltung auf.
-
verpflichten sich zur Erhaltung und Förderung der Lebensvielfalt
durch Schutz, Verbesserung und nachhaltige Nutzung der von ihnen beanspruchten
Lebensräume.
-
setzen konkrete Aktivitäten, um den Verlust der Artenvielfalt bis
zum Jahr 2010 zu stoppen.
-
entwickeln bis 2008 ein Artenschutz-Konzept für ihren
Wirkungsbereich und haben bis 2010 mit dessen Umsetzung begonnen.
Die
unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Durch welche
konkreten Maßnahmen wurde von Ihrem Vorgänger (BM Pröll)
der o.a. Artenschutzpakt umgesetzt?
Welche Ziele wurden bisher erreicht und welche verfehlt?
- Welche wirksamen
Maßnahmen wurden bisher getroffen, um der internationalen
Verpflichtung Österreichs nachzukommen, den Verlust der biologischen
Vielfalt signifikant zu reduzieren?
- Gibt es -
entsprechend dem Beschluss der Biodiversitätskommission - einen
konkreten Aktionsplan zur Erhaltung der genetischen Ressourcen? Wenn ja,
wo ist er veröffentlicht? Wenn nein, wann wird dieser Verpflichtung
endlich nachgekommen?
- Welche Initiativen werden
Sie bis 2010 ergreifen, um das Tempo, in dem die biologische Vielfalt
heute in Österreich schwindet, spürbar zu verringern?
- Laut Anfragebeantwortung
1386/AB XXIII.GP hat das BMLFUW die Ausarbeitung eines Konzepts zum
Monitoring von Biodiversität in Österreich beauftragt, die
Indikatoren sollen schrittweise umgesetzt werden. Was sind die bisherigen
Erfahrungen mit der Umsetzung des Monitorings und welche Fortschritte
konnten festgestellt werden?
- Welche
biodiversitätsbezogenen Indikatoren werden zur Überwachung und
Bewertung herangezogen, um zu ermitteln, inwieweit Maßnahmen zur
Entwicklung des ländlichen Raums auch für die Erhaltung der
biologischen Vielfalt von Vorteil sind?
- Was sind die
wesentlichen Ergebnisse der Evaluierung der Natura 2000-Schutzgebiete und
der Umsetzung der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie hinsichtlich der
Erhaltung der biologischen Vielfalt?
- Im Rahmen des
Gesundheitschecks der Gemeinsamen Agrarpolitik hat die Kommission
vorgeschlagen, im Hinblick auf die Abschaffung der Flächenstilllegung
die auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt ausgerichtete Norm
für Landschaftselemente zu verschärfen. Welche
diesbezüglichen Maßnahmen wurden oder werden diesbezüglich
in Österreich getroffen?
- Wie viele Mittel
werden im Rahmen des Programms Ländliche Entwicklung 2007-2013
für die Erhaltung der biologischen Vielfalt bereitgestellt? Welche
konkreten diesbezüglichen Maßnahmen werden angeboten? Was ist
der geförderte Anbauumfang? Wie viele Betriebe nehmen daran teil?
- Werden Sie bei der
Adaptierung des ÖPUL 2007 praxisgerechte Landschaftselemente wie die
Erhaltung von Ackerrandstreifen oder die Belassung von Waldsäumen
für die Förderberechnung berücksichtigen? Wann werden sie
diesbezügliche Maßnahmen ergreifen?
- Für LIFE+, das
Umweltfinanzierungsinstrument der Europäischen Union standen im Jahr
2008 für Österreich 3,895 Millionen € zur Verfügung.
Wie viele und welche Projektanträge wurden mit welchen
Finanzierungsansätzen bis 21. November 2008 für
Natur/Biodiversität eingereicht?
- Wie viele Mittel
werden für welche Maßnahmen im Rahmen der über den
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den
Kohäsionsfonds kofinanzierten operationellen Programme für den
Zeitraum 2007-2013 für „die Förderung des Schutzes der
biologischen Vielfalt und der Natur“ bereitgestellt?
- Inwiefern werden
Sie das Jahr 2010 als das von den Vereinten Nationen ausgerufene
Internationale Jahr der biologischen Vielfalt nutzen, um die
Öffentlichkeit stärker für die biologische Vielfalt zu
sensibilisieren und globales Handeln in diesem Bereich fördern (Aufklärung, Sensibilisierung und
Beteiligung)?
- Für welche
Maßnahmen treten Sie ein, um die negativen Auswirkungen des
internationalen Handels auf die biologischen Vielfalt zu verringern (im
Rahmen des Washingtoner Artenschutzabkommens, auf EU-Ebene, bei
bilateralen Freihandels- und Partnerschaftsabkommen, im Rahmen der WTO
hinsichtlich Zugang zu genetischen Ressourcen mit gerechter und
ausgewogener Beteiligung der indigenen Völker an den Vorteilen aus
ihrer Nutzung)?
- Gesunde
Ökosysteme sind widerstandsfähiger gegenüber
Umweltbelastungen und dementsprechend weniger klimagefährdet. Welche
Maßnahmen werden Sie treffen, um die Anpassung der biologischen
Vielfalt an den Klimawandel zu ermöglichen und zu fördern?
- Welche Maßnahmen
werden Sie zur Verbesserung der Wissensgrundlage zur Erhaltung und
nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt ergreifen?
- Welche Programme
speziell zur Förderung der Biodiversitäts-Forschung gibt es in
Österreich und wie viele Mittel werden dafür zur Verfügung
gestellt (Bitte um eine Aufstellung über die letzten 5 Jahre)?
- Welche nationalen
Initiativen zur Förderung von Partnerschaften zum Schutz der
Biodiversität existieren?
19. Welche
Maßnahmen werden zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für
Ernährung und Landwirtschaft durchgeführt?
- Welche
Maßnahmen zur Erhaltung genetischer Ressourcen primär durch
Arten- und Lebensraumschutz, aber auch in Samenbanken sind geplant und
welche Mittel stehen dafür zur Verfügung?
- Wann ist damit zu
rechnen, dass die EU-Kommission Durchführungsbestimmungen auf Basis
der RL 98/95/EG erlässt, in denen jene Voraussetzungen festgelegt
werden, unter denen pflanzengenetische Ressourcen in Verkehr gebracht
werden können?
- Welche Maßnahmen gab
es bisher in Österreich zur Erleichterung der Inverkehrbringung von pflanzengenetischen
Ressourcen, um das genetische Potential an möglichst vielen
Standorten verfügbar zu machen?
- Im Umweltkontrollbericht wird der Anbau von
energetisch genutzter Biomasse auch als möglicher Grund für die
Abnahme an biologischer Vielfalt angegeben. Werden Sie vom
überzogenen österreichischen Beimischungsziel bei
Agrotreibstoffen (10% Beimischungsquote bis 2010) abrücken? Wenn
nein, warum nicht?
- Welche Maßnahmen zur Begrenzung der
weiteren Landschaftsfragmentierung oder Versiegelung von Boden sind
geplant?
- Welche Maßnahmen werden zur Erhaltung und
Förderung der Biodiversität in Österreichs Wäldern
durchgeführt?