833/J XXIV. GP

Eingelangt am 29.01.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Maßnahmen zur Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt

 

 

 

Um dem weltweiten Verlust biologischer Vielfalt und der weiteren Degradation von Ökosystemen entgegenzuwirken, beschlossen die Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention (CBD) im Jahr 2002, dass die Rate des Verlustes der biologischen Vielfalt soll bis zum Jahr 2010 signifikant reduziert werden soll. Im achten Umweltkontrollbericht wird jedoch darauf hingewiesen, dass dieses Ziel in Österreich voraussichtlich nicht erreicht werden kann. Es werden u.a. folgende Gründe für die Abnahme der biologischen Vielfalt angegeben:

 

-          Nutzungsveränderungen in der Landwirtschaft: Segregation in Intensiv- und Extensivgebiete; in Extensivgebieten (Grünlandflächen mit Mager- und Feuchtwiesen, Bergmähder, Streuobstwiesen) wird die Landwirtschaft immer häufiger aufgegeben (rund 5.000 ha Grünlandfläche pro Jahr in Österreich), in Intensivgebieten wird sie forciert (Beseitigung von Landschaftselementen etc.)

-          Anbau von energetisch genutzter Biomasse

-          Stoffeinträge aus der Landwirtschaft (Dünger und Pflanzenschutzmittel)

-          Stickstoffeinträge aus der Luft (die ökologischen Belastungsgrenzen werden auf einem erheblichen Teil der Waldfläche Österreichs überschritten

-          Lebensraumzerschneidung (Straßen), Versiegelung durch Verbauung (täglich werden rund 5 ha unverbauter Boden versiegelt, das ist fünfmal so viel wie in der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie vorgesehen).

 

Auf folgende Entwicklungen bzw. Fakten wird hingewiesen:

-          Die alpine Biodiversität wird durch den Klimawandel bedroht.

-          Von 14 Auwaldbiotoptypen sind acht Biotoptypen von vollständiger Vernichtung bedroht.

-          Rote Listen: 33% der Wirbeltierarten, 40% der Farn- und Blütenpflanzen und 55 Grünlandbiotoptypen sind gefährdet.

-          Die Natura 2000-Gebietsliste für Österreich ist nicht vollständig, die rechtliche Umsetzung der Fauna-Flora-Habitats-Richtlinie mangelhaft (EUGH-Urteil vom 10. Mai 2007).

 

Im Mai 2006 hat die EU-Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 - und darüber hinaus - Erhalt der Ökosystemleistungen zum Wohl der Menschen“ angenommen. Darin wurde ein ausführlicher Aktionsplan festgelegt. Der Europäische Rat hat auf seiner Frühjahrstagung 2008 erneut sein Bestreben bekräftigt und auf die wesentliche Rolle hingewiesen, der Natura 2000 bei der Verwirklichung dieses Zieles zukommt. Die Ergebnisse des ersten großen „Gesundheitschecks“ der nach der FFH-Richtlinie geschützten Arten und Lebensraumtypen zeigen jedoch, dass 50 % der Arten und möglicherweise bis zu 80 % der Lebensraumtypen, an deren Erhaltung ein europäisches Interesse besteht, einen ungünstigen Erhaltungszustand aufweisen.

 

Global gesehen ist der Rückgang der biologischen Vielfalt desaströs und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen wiegen schwer. Infolge der steigenden Nachfrage nach Anbauflächen für Nahrungsmittel, Energiepflanzen und Weideflächen werden die natürlichen Systeme noch stärker belastet. Der Verlust an biologischer Vielfalt und die Gefährdung der Ökosysteme bedroht die Lebensfähigkeit unseres Planeten, unsere Wirtschaft und Gesellschaft.

 

Im Rahmen des Artenschutzkongresses in Salzburg haben am 21. Juni 2007 prominente VertreterInnen aus allen Bereichen der Gesellschaft einen Artenschutzpakt mit folgendem Wortlaut unterzeichnet, darunter auch Ihr Vorgänger und damaliger Umweltminister Pröll:

Die Unterzeichnenden

-          sind sich ihrer Verantwortung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt als Kapital für die Menschheit bewusst.

-          bekennen sich zu den Prinzipien und Zielen der Biodiversitäts-Konvention und werden an deren Umsetzung mitwirken.

-          nehmen in ihrer täglichen Arbeit auf die Belange des Artenschutzes und die Erhaltung natürlicher Lebensräume Rücksicht.

-          kommunizieren und bewerben aktiv in ihrem Umfeld die große Bedeutung der Artenvielfalt und fordern zu deren Erhaltung auf.

-          verpflichten sich zur Erhaltung und Förderung der Lebensvielfalt durch Schutz, Verbesserung und nachhaltige Nutzung der von ihnen beanspruchten Lebensräume.

-          setzen konkrete Aktivitäten, um den Verlust der Artenvielfalt bis zum Jahr 2010 zu stoppen.

-          entwickeln bis 2008 ein Artenschutz-Konzept für ihren Wirkungsbereich und haben bis 2010 mit dessen Umsetzung begonnen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

  1. Durch welche konkreten Maßnahmen wurde von Ihrem Vorgänger (BM Pröll) der o.a. Artenschutzpakt umgesetzt? Welche Ziele wurden bisher erreicht und welche verfehlt?

 

  1. Welche wirksamen Maßnahmen wurden bisher getroffen, um der internationalen Verpflichtung Österreichs nachzukommen, den Verlust der biologischen Vielfalt signifikant zu reduzieren?

 

  1. Gibt es - entsprechend dem Beschluss der Biodiversitätskommission - einen konkreten Aktionsplan zur Erhaltung der genetischen Ressourcen? Wenn ja, wo ist er veröffentlicht? Wenn nein, wann wird dieser Verpflichtung endlich nachgekommen?

 

  1. Welche Initiativen werden Sie bis 2010 ergreifen, um das Tempo, in dem die biologische Vielfalt heute in Österreich schwindet, spürbar zu verringern?

 

  1. Laut Anfragebeantwortung 1386/AB XXIII.GP hat das BMLFUW die Ausarbeitung eines Konzepts zum Monitoring von Biodiversität in Österreich beauftragt, die Indikatoren sollen schrittweise umgesetzt werden. Was sind die bisherigen Erfahrungen mit der Umsetzung des Monitorings und welche Fortschritte konnten festgestellt werden?

 

  1. Welche biodiversitätsbezogenen Indikatoren werden zur Überwachung und Bewertung herangezogen, um zu ermitteln, inwieweit Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums auch für die Erhaltung der biologischen Vielfalt von Vorteil sind?

 

  1. Was sind die wesentlichen Ergebnisse der Evaluierung der Natura 2000-Schutzgebiete und der Umsetzung der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie hinsichtlich der Erhaltung der biologischen Vielfalt?

 

  1. Im Rahmen des Gesundheitschecks der Gemeinsamen Agrarpolitik hat die Kommission vorgeschlagen, im Hinblick auf die Abschaffung der Flächenstilllegung die auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt ausgerichtete Norm für Landschaftselemente zu verschärfen. Welche diesbezüglichen Maßnahmen wurden oder werden diesbezüglich in Österreich getroffen?

 

  1. Wie viele Mittel werden im Rahmen des Programms Ländliche Entwicklung 2007-2013 für die Erhaltung der biologischen Vielfalt bereitgestellt? Welche konkreten diesbezüglichen Maßnahmen werden angeboten? Was ist der geförderte Anbauumfang? Wie viele Betriebe nehmen daran teil?

 

  1. Werden Sie bei der Adaptierung des ÖPUL 2007 praxisgerechte Landschaftselemente wie die Erhaltung von Ackerrandstreifen oder die Belassung von Waldsäumen für die Förderberechnung berücksichtigen? Wann werden sie diesbezügliche Maßnahmen ergreifen?

 

  1. Für LIFE+, das Umweltfinanzierungsinstrument der Europäischen Union standen im Jahr 2008 für Österreich 3,895 Millionen € zur Verfügung. Wie viele und welche Projektanträge wurden mit welchen Finanzierungsansätzen bis 21. November 2008 für Natur/Biodiversität eingereicht?

  2. Wie viele Mittel werden für welche Maßnahmen im Rahmen der über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Kohäsionsfonds kofinanzierten operationellen Programme für den Zeitraum 2007-2013 für „die Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur“ bereitgestellt?

 

  1. Inwiefern werden Sie das Jahr 2010 als das von den Vereinten Nationen ausgerufene Internationale Jahr der biologischen Vielfalt nutzen, um die Öffentlichkeit stärker für die biologische Vielfalt zu sensibilisieren und globales Handeln in diesem Bereich fördern (Aufklärung, Sensibilisierung und Beteiligung)?

 

  1. Für welche Maßnahmen treten Sie ein, um die negativen Auswirkungen des internationalen Handels auf die biologischen Vielfalt zu verringern (im Rahmen des Washingtoner Artenschutzabkommens,  auf EU-Ebene, bei bilateralen Freihandels- und Partnerschaftsabkommen, im Rahmen der WTO hinsichtlich Zugang zu genetischen Ressourcen mit gerechter und ausgewogener Beteiligung der indigenen Völker an den Vorteilen aus ihrer Nutzung)?

 

  1. Gesunde Ökosysteme sind widerstandsfähiger gegenüber Umweltbelastungen und dementsprechend weniger klimagefährdet. Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um die Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel zu ermöglichen und zu fördern?

 

  1. Welche Maßnahmen werden Sie zur Verbesserung der Wissensgrundlage zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt ergreifen?

 

  1. Welche Programme speziell zur Förderung der Biodiversitäts-Forschung gibt es in Österreich und wie viele Mittel werden dafür zur Verfügung gestellt (Bitte um eine Aufstellung über die letzten 5 Jahre)?

 

  1. Welche nationalen Initiativen zur Förderung von Partnerschaften zum Schutz der Biodiversität existieren?

 

19.  Welche Maßnahmen werden zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft durchgeführt?

 

  1. Welche Maßnahmen zur Erhaltung genetischer Ressourcen primär durch Arten- und Lebensraumschutz, aber auch in Samenbanken sind geplant und welche Mittel stehen dafür zur Verfügung?

 

  1. Wann ist damit zu rechnen, dass die EU-Kommission Durchführungsbestimmungen auf Basis der RL 98/95/EG erlässt, in denen jene Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen pflanzengenetische Ressourcen in Verkehr gebracht werden können?

 

  1. Welche Maßnahmen gab es bisher in Österreich zur Erleichterung der Inverkehrbringung von pflanzengenetischen Ressourcen, um das genetische Potential an möglichst vielen Standorten verfügbar zu machen?

 

  1. Im Umweltkontrollbericht wird der Anbau von energetisch genutzter Biomasse auch als möglicher Grund für die Abnahme an biologischer Vielfalt angegeben. Werden Sie vom überzogenen österreichischen Beimischungsziel bei Agrotreibstoffen (10% Beimischungsquote bis 2010) abrücken? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Welche Maßnahmen zur Begrenzung der weiteren Landschaftsfragmentierung oder Versiegelung von Boden sind geplant?

 

  1. Welche Maßnahmen werden zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität in Österreichs Wäldern durchgeführt?