8360/J XXIV. GP
Eingelangt am 28.04.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des
Abgeordneten Bgm. Gerhard Köfer und
Kollegen
und Kolleginnen
An die
Bundesministerin für Inneres und den Staatssekretär für
Integration betreffend
Integrationsprojekt
OSETO
Während
die Abgeordneten nach wie vor auf eine Beantwortung der am 1. März 2011
eingebrachten
Anfrage (7774/J XXIV. GP.-NR) betreffend des Integrationsprojektes
OSETO und
damit
unter anderem auf die Beantwortung der Frage harren, wie viel an das besagte
Integrationsprojekt von Seiten des Innenministeriums sowie des
Europäischen Integrations- und
des Europäischen Flüchtlingsfonds tatsächlich Geld geflossen
ist, kommen immer mehr
Einzelheiten zu diesem Projekt ans Tageslicht.
In der Kärntner
Tageszeitung (KTZ) vom 21. April 2011 (siehe auch beigefügten Anhang)
äußerte
sich
der Kärntner Flüchtlingsreferent Gernot Steiner erstmals
öffentlich zum Integrationsprojekt
OSETO. So meinte er: „Es hätte das Head-Projekt werden und alle im
Flüchtlingsbereich tätigen
Initiativen und NGOs in Kärnten in ein Boot holen sollen. Das Konzept war
perfekt.“ Nur
geschehen sei nichts und man könne wohl sagen, dass man auf eine perfekte Performance
hereingefallen sei. Und Steiner fügt hinzu: „Aber der Bund ist als
erstes darauf reingefallen.“
Nach ein paar Monaten habe er, Steiner, die Reißleine gezogen. Steiner
wörtlich: „Stutzig wurde
ich, als Magistratsbedienstete zu einer Schulung ins Seehotel Lindner geladen
wurden, mit
Übernachtung und Kamingespräch. Darunter auch Mitarbeiter der
Straßenbauabteilung.“
Daraufhin seien die Gelder eingefroren worden. „Wir haben die ersten zwei
der insgesamt drei
Teilzahlungen geleistet, wie der Bund auch“, sagt Steiner. Was mit dem
Geld passiert, würde ihn
brennend interessieren. „Ich gehe davon aus, dass der Bund
Rückforderungen stellen wird“,
meinte Steiner im KTZ-Interview.
Welche Brisanz
diese Causa für das Innenministerium in Wirklichkeit besitzt, zeigt
sich schon
allein aufgrund von zwei Fakten. Erstens war offensichtlich für ExpertInnen
bei Kenntnis des
Konzeptes relativ rasch klar, dass das so nicht umsetzbar ist bzw. dass es sich
dabei um
Blendwerk
handelt (siehe dazu ExpertInneninterviews in der KTZ vom 20. April 2011, S. 18)
und
zum
anderen wurde das Innenministerium bereits am 5. November 2009 - also wenige
Tage
nachdem das Projekt vom Kärntner Landeshauptmann vorgestellt wurde - mit
einer
umfangreichen
parlamentarischen Anfrage dazu konfrontiert, die das Innenministerium
nachhaltig
auf das Projekt hätte aufmerksam werden lassen müssen. Wie aus den
oben zitierten Aussagen des
Kärntner
Flüchtlingsreferenten hervorgeht, ist aber vorerst nicht gehandelt worden,
sondern es
wurden zwei von insgesamt drei Teilbeträgen ausbezahlt.
Neben
der politischen Verantwortung, die eindeutig klar ist, gibt es natürlich
eine inhaltlich
fachliche warum, wie bereits in der Anfrage 6103/J XXIV.GP
festgestellt, eine viel zu hohe
Geldsumme
- nämlich insgesamt rund 750.000 € - an eine Einzelperson mit wenig
ausgewiesener
einschlägiger Fachkompetenz überwiesen worden ist bzw.
überwiesen werden
sollte,
wobei der Nutzen für die Thematik Integration als sehr bescheiden bezeichnet
werden
kann. Diese inhaltlich fachliche Verantwortung liegt in diesem Fall eindeutig
beim
Österreichischen
Integrationsfonds und damit bei dessen Leiter Dr. Alexander Janda. Denn der
Österreichische
Integrationsfonds - zu rund 80% jährlich vom BMI finanziert - ist es, der
im
Auftrag
des Innenministeriums die Projekte für den Europäischen
Flüchtlings- und den
Europäischen Integrationsfonds hier in Österreich abwickelt und sich
zudem als nationaler
Ansprechpartner in Sachen Integration sieht. Zudem ist er für die
Zertifizierung von Kursen
zuständig und Kenner der Szene wissen, dass er inzwischen in
Österreich bei sämtlichen
Integrationsprojekten
- die früher zwischen Ministerium und NGOs direkt abgewickelt wurden -
seine Hände im Spiel hat bzw. ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Umso
katastrophaler ist
natürlich die Optik, dass der Österreichische Integrationsfonds als
(selbsternannter) Experte in
Fragen Integration einem solchen Projekt so viel Gelder zuschanzte, denn es ist
wohl
anzunehmen, dass das Ministerium auf Empfehlung des Österreichischen
Integrationsfonds die
Gelder
für OSETO flüssig machte. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich
auch die Frage nach der
Bestellung
von Sebastian Kurz zum Staatssekretär. Denn schließlich stammt er,
wie Dr.
Alexander Janda auch, aus der Wiener Volkspartei. Kurz soll wohl dem Leiter des
Österreichischen Integrationsfonds den Rücken frei halten, damit
dieser - trotz des zu Tage
getretenen Skandals mit Namen OSETO - auch weiterhin im Hintergrund ungehindert
die Fäden
ziehen
kann.
Bezug nehmend
auf das Projekt OSETO erscheint neben vielen anderen Dingen folgendes
aufklärungsbedürftig:
"Genius",
der Projektträger von OSETO erhielt nicht nur als einziger
Projektträger von ganz
Österreich mit ein und demselben Projekt (nämlich
"Integrationsführerschein für MigrantInnen")
im Jahr 2008 vom Europäischen Integrationsfonds aus insgesamt 3 der 6 vom
Europäischen
Integrationsfonds
zur Auswahl gestellten Maßnahmen Fördergelder, sondern bezog bei
allen drei
Maßnahmen, für die "Genius" Geld erhielt - nämlich
Maßnahme 1 (Integrations- u. Sprachkurse),
Maßnahme
2 (Integration u. Kommunikation) sowie Maßnahme 5 (Maßnahme zur
besseren
innerstaatlichen
Vernetzung, Austausch und interkultureller Kapazitätenaufbau) -
überall
österreichweit die höchste Geldsumme zuerkannt.
Hinter
"Genius" (GLOBAL EDUCATION NETWORK FOR KNOWLEDGE TRANSFER -
auch als GLOBAL EDUCATION&TRAINING NETWORK FOR KNOWLEDGE TRANSFER
AND
LIFE LONG LEARNING bezeichnet) steht laut Internet eine gewisse K.I.S.T.
Consulting,
welche
von einer gewissen Ingrid Trenner als Managing Director geführt
wird. Ingrid Trenner war
bzw.
ist aber auch Projektleiterin des Integrationsprojektes OSETO. Wie aus dem
Anhang der
Anfragebeantwortung (6131/AB XXIV.GP) ersichtlich, wurden im
Projektantrag für den
Europäischen Integrationsfonds für das Jahr 2009/2010, der
offensichtlich eine Fortschreibung
des
Projektes 2008/2009 war, als Projektpartner neben "Genius" und dem
"Bildungsland Kärnten"
eine
gewisse "KIST-Consulting-GesmbH angeführt. Das heißt im
Klartext: Zwei der drei
Projektpartner wurden/werden von Ingrid Trenner geführt bzw. geleitet u.
als Projektleiterin von
OSETO firmierte sie ebenso. Das widerspricht an sich krass der Praxis bei
europäischen
Projekten, wo die drei Projektpartner eigentlich aus drei verschiedenen
EU-Ländern kommen
sollten bzw. müssten um eine europäische Integration zu erreichen und
selbstverständlich auch
um gegenseitige bzw. wechselseitige Qualitätskontrolle sicherzustellen.
Aufgrund des
dargestellten Sachverhaltes ergeben sich für die
Abgeordneten an Sie als zuständige
Ministerin
sowie Ihren Staatssekretär folgende
Anfrage:
1.
Wann erfolgte an das Projekt OSETO die letzte Auszahlung von Seiten des
Innenministeriums
sowie des Europäischen Integrationsfonds und in welcher Höhe?
(Bitte um
genaue
Angabe des Datums sowie der genauen Höhe der Auszahlungssumme)
2.
Ist es richtig, dass die dritte Teilzahlung vom Innenministerium nicht
mehr geleistet wurde?
(Wenn
ja: Was war der Grund dafür, dass die dritte Teilzahlung nicht
mehr erfolgt ist? Wenn
ja: Was geschah bzw. geschieht mit den Geldern, die nicht mehr zur Auszahlung
gelangten?)
3.
Wie lautet der Endbericht und die Endabrechnung des Projektes OSETO?
(Wenn noch nicht
vorhanden:
Bis wann spätestens liegen diese vor?
4. Wie hoch war die Honorarnote von Frau Trenner bei der ersten Teilzahlung?
5. Wie hoch war die Honorarnote von Frau Trenner bei der zweiten Teilzahlung?
6.
Ist es richtig, wie der Kärntner Flüchtlingsreferent
mutmaßt, dass das Innenministerium
bereits
ausgezahltes Geld zurückfordern wird? (Wenn ja: Wie viel und bis wann muss
zurückgezahlt werden bzw. wofür werden die Gelder dann verwendet?)
7.
Wird die Projektvergabepraxis im Integrationsbereich aufgrund der Causa
OSETO verändert?
(Wenn
nein, warum nicht? Wenn ja, in welcher Form?)
8.
Gibt es Konsequenzen für die Verantwortlichen im
Innenministerium und - da das BMI den
Österreichischen Integrationsfonds immerhin zu rund 80% sponsert -
für die zuständigen
Verantwortlichen
im Österreichischen Integrationsfonds? (Wenn nein, warum nicht? Wenn ja,
in
welcher Form?)
9.
Hat es seinerzeit im Vorfeld der Projektvergabe Interventionen für OSETO
gegeben? (Wenn
ja,
von wem?)
10.
Wie erklären Sie, dass einer einzelnen Person ohne
vorliegender facheinschlägiger
Qualifikation
und ohne, dass diese Person vorher in der Integrationsarbeit in Erscheinung
getreten
ist Fördergelder in der Höhe von rund 750.000 € zugesprochen
werden und wie
erklären
Sie das NGOs und den vielen ehrenamtlich tätigen Mitarbeitern, die von
solchen
Finanzierungssummen
vielfach nur träumen können?
11.
Im bereits genannten Projektantrag für den
Europäischen Integrationsfonds (siehe dazu
Anhang
der Anfragebeantwortung 6131/AB XXIV.GP) wird mehrfach von einer
Marktstudie
gesprochen,
die in den Unterlagen unter anderem als Grundlage bezeichnet wird. Wie lautet
daher der Inhalt dieser Markstudie im Volltext?
12.
In den vorliegenden Unterlagen ist ebenso von einer Projektumweltanalyse
die Rede. Wie
lautet diese im Volltext?
13.
Ist es richtig, dass bei Projektanträgen beim
Europäischen Integrationsfonds die zwei übrigen
Projektpartner
aus je einem anderen EU-Land kommen müssen? (Wenn ja, warum war das
beim Projekt OSETO dann nicht der Fall?)
14.
Ist es bei Projekten, die vom Europäischen Integrationsfonds für
den ja in Österreich
eigentlich das BMI zuständig ist und das nur an den Österreichischen
Integrationsfonds
auslagert, gefördert werden übliche bzw. gängige Praxis, dass
der Projektleiter sowie die
Leitung von zwei der drei Projektpartnern in ein und derselben Hand liegen?
(Falls nein,
warum
wurde dann dem Projekt OSETO eine Förderung zu teil? Falls ja, wie ist das
mit den
Schlagworten
Transparenz und Kosten- sowie Qualitätskontrolle vereinbar?)
15.
Da bei Projektvergaben auch die Qualifikation der Projektverantwortlichen
eine Rolle spielt,
stellt sich im Zusammenhang mit OSETO folgende Frage, da sich Frau Trenner in
den
Bewerbungsunterlagen 2009/2010 für den Europäischen
Integrationsfonds als Prof. MMag.
ausgibt:
Wann wurde Frau Trenner der Titel Professor verliehen und in welchen zwei
Studien
hat
sie wann und an welcher Uni spondiert und wie lauten die Titel der
diesbezüglichen
Diplomarbeiten?
(Es wird von den Fragestellern davon ausgegangen, dass das im Vorfeld der
Projektvergabe
von Seiten des BMI ohnehin erhoben wurde, denn letztendlich kann die
Qualifikation eines Bewerbers den Ausschlag für oder gegen eine
Zuerkennung von Mitteln
der öffentlichen Hand geben.)
16.
Können Sie als Innenministerin und Sie als Staatssekretär
garantieren bzw. dafür bürgen, dass
die
Causa OSETO nicht bloß die Spitze des Eisbergs in der
Projektvergabepraxis des
Österreichischen
Integrationsfonds seit der Betrauung des Fonds mit dieser Aufgabe
durch
den
seinerzeitigen Minister Strasser ist?
|