8423/J XXIV. GP
Eingelangt am 04.05.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Handhabung des § 153 Abs 2 StPO
Seit 1.1.2008 ist die neue StPO in Kraft. § 153 Abs 2 StPO lautet:
„Eine Person, die vernommen werden soll, ist in der Regel schriftlich vorzuladen. Die Ladung muss den Gegenstand des Verfahrens und der Vernehmung […] enthalten.“
Sinn der Bestimmung ist unter anderem, dass sich eine Beschuldigte / ein Beschuldigter auf die Vernehmung vorbereiten kann und seine Beschuldigtenrechte vorher wahrnehmen kann. Darunter fällt auch die für einen Rechtsstaat fundamentale Möglichkeit der Beratung durch einen Anwalt oder die Akteneinsicht.
In der Praxis sind die schriftlichen Vorladungen bei der Kriminalpolizei anscheinend unüblich. Von Anwälten der Betroffenen wurde berichtet, dass die Polizei des Öfteren auf dem Handy anruft und das möglichst sofortige Erscheinen verlangt. Oder die Polizei fährt mit dem Dienstauto bei der Wohnadresse des Betroffenen vor und spricht die Vorladung zur Vernehmung persönlich aus. Es kommt laut Berichten auch vor, dass die Einzuvernehmenden gleich mitgenommen werden. Eventuell erhofft sich die Kriminalpolizei einen „Überraschungseffekt“ und es scheint, als ob dabei die Aushöhlung rechtsstaatlicher Grundwerte in Kauf genommen wird.
Wenn jemand auf einer schriftlichen Vorladung besteht, heißt es laut Betroffenen nicht selten sinngemäß: „Die können Sie schon haben, wir stellen die Vorladung dann morgen mit dem Dienstfahrzeug am Arbeitsplatz zu.“ Oder die Polizei praktiziert individuellen Zustellservice und fährt mit der Vorladung beim Betroffenen vor und übergibt sie ihm.
Hintergrund dieser Taktik ist allem Anschein nach der Versuch, Beschuldigte zu dem Verzicht auf ihre Rechte durch die Androhung von Diskreditierung am Arbeitsplatz oder am Wohnort zu bewegen. Insbesondere im Bereich von niederschwelligen Suchtmitteldelikten sind die nachteiligen sozialen Folgen häufig schwerwiegender als die strafrechtlichen Sanktionen. Die Vermeidung sozialer Stigmatisierung ist hier aus präventiven Gesichtspunkten besonders bedeutsam. Die Vorgehensweise ist daher gerade in solchen Fällen besonders problematisch.
Weiters gibt es in § 5 StPO den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, welcher auch wirtschaftlich-fiskalische Überlegungen mit einschließt. Werden unter diesem Gesichtspunkt alle Ressourcen, wie z.B. die Arbeitszeit der PolizistInnen oder die Betriebs- und Verschleißkosten der Dienstfahrzeuge mitgerechnet, scheinen mehrere dieser Amtshandlungen unangebracht bis verschwenderisch.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE: