8444/J XXIV. GP

Eingelangt am 06.05.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Pauschalkostenersatz im Strafprozess

 

Wird ein Angeklagter im Einzelrichterverfahren freigesprochen, dann bekommt er vom Staat EUR 1.250 Kostenersatz (§ 393a Abs 1 Z 3 StPO). Ein Betrag, der angesichts der tatsächlichen Anwaltskosten sehr gering ausfällt: Beim Wiener Neustädter Tierschützerprozess ist beispielsweise die Rede ist von 200.000 Euro an Kosten pro Person. Für die 13 nun in erster Instanz freigesprochenen TierschützerInnen würden sich sohin Gesamtkosten von EUR 2.600.000 ergeben. Doch auch bei weit weniger aufwendigen Verfahren deckt der Kostenersatz in der Regel nur einen Bruchteil der tatsächlichen Verfahrenskosten. Bei einfachen Verteidigungsfällen ist nach der Rechtsprechung ein Pauschalbetrag von ca. zehn Prozent der in § 393a Abs 1 StPO zu erstatten (ÖJZ-LSK 1984/103). Im Einzelrichterverfahren sohin ca. EUR 125!

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.     Wie oft wurde in den Jahren 2008, 2009 sowie 2010 je ein nicht lediglich auf Grund einer Privatanklage oder der Anklage eines Privatbeteiligten (§ 72) Angeklagter freigesprochen, oder das Strafverfahren nach Durchführung einer Hauptverhandlung gemäß § 227 oder nach einer gemäß den §§ 353, 362 oder 363a erfolgten Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens eingestellt?


2.     Wie oft wurde in den Fällen der Frage 1 in den Jahren 2008, 2009 sowie 2010 je ein Pauschalbetrag gem § 393a StPO beantragt?

3.     Wie oft wurde in den Jahren 2008, 2009 sowie 2010 je ein Pauschalbetrag gem § 393a StPO ausbezahlt?

4.     Wie oft erreichte der ausbezahlte Pauschalbetrag gem § 393a StPO in den Jahren 2008, 2009 und 2010 je den in den Ziffern 1-4 leg cit definierten Höchstbetrag?

5.     Wie hoch war die Summe der in den Jahren 2008, 2009 und 2010 je ausbezahlten Pauschalbeträge gem § 393a StPO?

6.     Halten Sie es für rechtsstaatlich bedenklich, dass die zu leistenden Pauschalbeiträge in der Regel nur einen Bruchteil der tatsächlichen Verteidigerkosten ausmachen?

7.     Wenn nein, warum nicht?

8.     Sehen Sie einen gesetzlichen Änderungsbedarf beim Pauschalbetragssystem des § 393a StPO?

9.     Wenn nein, warum nicht?

10.  Wenn ja, soll es zukünftig einen umfassenden Kostenersatz für die tatsächlichen Kosten der zweckmäßigen Verteidigung sowie der notwendigen Barauslagen geben?

11.  Mit welchen Kosten wäre ungefähr jährlich zu rechnen, würde man die tatsächlichen Kosten der zweckmäßigen Verteidigung sowie der notwendigen Barauslagen in den Fällen der Frage 1 ersetzen?