8510/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.05.2011
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend geplante Neuregelung des Obersten Sanitätsrates (OSR)

 

 

Die Entstehung des OSR geht auf das Reichssanitätsgesetz aus dem Jahr 1870 zurück. Im Rahmen des Aufbaus einer modernen Sanitätsverwaltung für das Gebiet der ehemaligen österreich-ungarischen Monarchie wurde im Ministerium des Inneren der Oberste Sanitätsrat eingerichtet. Das aus unabhängigen Experten der verschiedenen medizinischen und wissenschaftlichen Teilgebeten zusammengestellte Gremium hatte damals schon den Auftrag, den zuständigen Minister in Fragen der Volksgesundheit zu beraten.

 

In diesem Sinne agiert der OSR auch heute als beratendes und begutachtendes Organ des Gesundheitsministeriums in allen medizinischen und wissenschaftlichen Fragen. Seine ehrenamtlichen Mitglieder sind fachlich hoch angesehene Persönlichkeiten aus den Bereichen Medizin und Wissenschaft, Ärzte- und Apothekerkammer, Pflegeberufe, Sozialversicherung und des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Dieses bewährte wissenschaftliche Gremium berät das Gesundheitsministerium in allen grundsätzlichen medizinischen Fragestellungen und erstellt Gutachten auf Basis des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft.

 

Der Ministerialentwurf 273/ME sieht nun Änderungen der Bestimmungen hinsichtlich des OSR vor. In dem Ministerialentwurf 273/ME heißt es unter anderem:

 

„…§ 3. (1) Die Mitglieder des Obersten Sanitätsrats sind vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit für die Dauer von drei Jahren zu ernennen(…)

 

(2) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat als Vorsitzende/n des Obersten Sanitätsrats eine/n Präsidenten/-in sowie zwei Stellvertreter/innen zu bestellen.

 

§ 4. (1) Die Mitglieder des Obersten Sanitätsrats haben dem/der Bundesminister/in für Gesundheit für den Zeitraum der Funktionsperiode eine Erklärung über allfällige bestehende Interessenskonflikte abzugeben. Etwaige Änderungen während der Funktionsperiode sind mitzuteilen.


 

(2) Ein Verschweigen eines Umstandes, aus dem sich ein Interessenskonflikt ergeben kann, führt zum Verlust der Mitgliedschaft im Obersten Sanitätsrat. Dies gilt auch im Fall des Unterbleibens der Mitteilung etwaiger Änderungen, falls der Umstand, aus dem sich ein Interessenskonflikt ergeben könnte, erst im Laufe der Funktionsperiode eingetreten ist.

 

(3) Zur Beurteilung von Interessenskonflikten im Sinne des Abs. 1 sind von jedem Mitglied des Obersten Sanitätsrats insbesondere finanzielle Beziehungen zu Interessensverbänden und gewinnorientierten Unternehmungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens offenzulegen(…)

 

§ 6. (1) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit ist berechtigt, jederzeit einen Fachausschuss des Obersten Sanitätsrats zu spezifischen Fragestellungen einzusetzen, dem auch Experten/-innen angehören können, die nicht Mitglied des Obersten Sanitätsrats sind.

(2) Der/Die Präsident/in des Obersten Sanitätsrats kann jederzeit dem/der Bundesminister/in für Gesundheit die Einsetzung eines Fachausschusses gemäß Abs. 1 empfehlen. …“

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

1.    In den Erläuterungen des Ministerialentwurfes wird hervorgehoben, dass der OSR ein „besonders bedeutendes Beratungsgremium“ ist; wie beurteilen Sie die grundsätzliche Problematik, dass die im Ministerialentwurf vorgeschlagenen Bestimmungen eine gegenteilige Entwicklung ermöglichen und unter Umständen sogar fördern?

2.    Welche Überlegungen haben dazu geführt, dass die Wahl des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter im Ministerialentwurf durch eine direkte Ernennung des Bundesminister für Gesundheit ersetzt wurden?

3.    Wie beurteilen Sie die Einschränkung der Unabhängigkeit dieses bewährten wissenschaftlichen Gremiums, die durch Aufhebung des bisherigen Wahlvorganges des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter entstehen könnte?

4.    Wie beurteilen Sie die Problematik, dass durch die Einschränkung der Unabhängigkeit die Qualität der Beratungsfunktion maßgeblich negativ beeinflusst wird?

5.    Wie beurteilen Sie die Problematik, dass lediglich das Empfehlungsrecht des Präsidenten für eine Fachausschusseinsetzung zu einer weiteren Einschränkung der Unabhängigkeit und somit zu einer Verschlechterung der Beratungsfunktion in wichtigen Themenbereichen des Gesundheitswesens führen könnte?

6.    Welche Arten von nicht finanziellen Interessenskonflikten würden in den § 4 (1) fallen?

7.    Würden Ihrer Meinung nach auch nachweisliche Nahe- bzw. Verwandtschaftsverhältnisse von Mitgliedern des OSR zu hochrangigen Mitgliedern von Interessensverbänden, gewinnorientierten Unternehmungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens sowie zu hochrangigen Beamten in Ministerien zu einem Interessenskonflikt führen?