8615/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.05.2011
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Gartelgruber

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Zwangsprostitution nach der sogenannten Loverboymethode

 

Sowohl in den Niederlanden als auch in der Bundesrepublik Deutschland werden immer mehr Verbrechen nach der sogenannten "Loverboymethode" bekannt.

Zur näheren Beschreibung dieser Verbrechensmethode einige Ausschnitte aus der deutschen Wochenzeitschrift "Der Spiegel" (Ausgabe vom 05. 07. 2010; im Internet unter: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,704727,00.html abrufbar)

 

" "Ich habe ihn nach der Schule kennengelernt", erzählt Angelique, nach dem Unterricht sei sie mit einer Freundin eine Cola trinken gegangen, da habe ihr dieser Junge einen Stuhl angeboten, ein hübscher Marokkaner, 19 Jahre alt, er lud sie auf einen Drink ein, dann in sein Auto, ein bisschen Musik hören. Bald nahm er sie mit auf Partys, in Discotheken, gab ihr Alkohol. Sie verliebte sich. Wenige Wochen später zwang er sie zum ersten Mal, mit fremden Männern zu schlafen.

Loverboys, so nennt man in den Niederlanden diese Typen, die Schulmädchen durch ihre Liebe an sich binden und sie anschaffen schicken. Junge Männer, die 13-, 14-, 15-jährige Mädchen vor der Schule abfangen oder sie über das Internet ansprechen, soziale Netzwerke wie Facebook; die sie abhängig machen von ihrer Aufmerksamkeit, ihrer Zuneigung, von Drogen, bis es zu spät ist und die Mädchen ihnen gehören. …

Morgens Mathe, mittags Hure, manchmal Sex in den Freistunden dazwischen, diese Geschichten erschüttern die holländische Gesellschaft. Weil es nicht Mädchen aus zerrütteten Familien, aus sozial schwachen Milieus sind, die hier in die Unterwelt rutschen und verschwinden, sondern Mädchen aus der Mitte der Gesellschaft, Töchter von Lehrerinnen, Cafébesitzerinnen, manchmal läuft es über Jahre, ohne dass es jemand merkt.

Emotionale Abhängigkeit zwischen Prostituierten und Zuhältern hat es immer schon gegeben. Frauen werden durch Drogen, Gewalt, auch durch Zuneigung hörig gemacht, damit sie funktionieren. Dass aber junge Männer systematisch nach Schulmädchen suchen, um sie zu Huren heranzuziehen, ist ein bisher unbekanntes Phänomen, das Eltern, Lehrer und Polizei überfordert.

Niederländische Schulen veranstalten deshalb Aufklärungsseminare, Sozialeinrichtungen richten Häuser für die Opfer ein, Kriminologen beschäftigen sich mit dem Thema. Und auch in Deutschland werden die ersten Eltern wach, wenden sich an Hilfsorganisationen, weil sie nicht wissen, wie sie ihre Töchter vor deren Zuhältern retten sollen. …

Jedes Jahr werden in den Niederlanden rund 1500 junge Mädchen Opfer dieser Form von Prostitution, das schätzen Hilfsorganisationen. Die Opfer trauen sich nur selten, zur Polizei zu gehen, weil sie bedroht werden, weil sie sich schämen, sich selbst schuldig fühlen oder keine Beweise haben. 180 Anzeigen gegen Loverboys gab es vor zwei Jahren, die Dunkelziffer, das vermutet die Polizei, liegt höher. …

 

Die Mechanismen, mit denen die Mädchen hörig gemacht werden, sagt Kannemann, sind gleich: Die Zuhälter entfremden sie ihrem Umfeld, hetzten sie gegen die Familie auf, bis sie die einzige Bezugsperson der Mädchen geworden sind.

Es ist ein ausgeklügeltes System aus Kontrolle, Macht und Belohnung. Irgendwann wissen die Mädchen kaum noch, wer sie ohne diese Männer sind, sagt Bärbel Kannemann. Manchmal dauert es Jahre, bis sie wieder ein eigenes Leben führen können. …

Vor ein paar Wochen legte der niederländische Justizminister Ernst Hirsch Ballin einen Gesetzesentwurf vor, der das Mindestalter für Prostituierte von 18 auf 21 anheben will, um dadurch auch Minderjährige besser vor unfreiwilliger Prostitution zu schützen, vor Menschenhandel, Loverboys."

 

In den Niederlanden existiert die Hilfsorganisation "StopLoverboysNu" (http://www.stoploverboys.nu/), die Opfern hilft und Aufklärungsarbeit leistet. Auf Nachfrage bei der ehemaligen Polizeikommissarin Bärbel Kannemann, die in dieser Organisation tätig ist, ob es auch in Österreich Verbrechen nach der sogenannten Loverboymethode gibt, antwortete diese, dass das auf Grund bisherigen Verbreitung "höchst wahrscheinlich sei."

 

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Ist Ihnen die sogenannte "Loverboymethode", mit der vornehmlich junge Frauen zur Prostitution gezwungen werden, bekannt?

2.    Gab es bisher auch in Österreich Fälle, in denen Frauen nach dieser Methode zur Prostitution oder strafbaren Handlungen gezwungen wurden?

3.    Welche Erkenntnisse liegen den Sicherheitsbehörden über Verbrechen nach dieser Methode vor?

4.    Welche Maßnahmen wurden bisher ergriffen, um gegen entsprechende Täter vorzugehen?

5.    Welche Maßnahmen wurden bisher ergriffen, um entsprechende Opfer zu schützen?

6.    Welche Maßnahmen sind von Ihnen zukünftig geplant, um derartige Verbrechen zu verhindern?

7.    Welche Maßnahmen sind von Ihnen zukünftig geplant, um gegen entsprechende Täter vorzugehen?

8.    Welche Maßnahmen sind von Ihnen zukünftig geplant, um den Opfern derartiger Verbrechen zu helfen?

9.    Ist von Ihrer Seite geplant, die Öffentlichkeit über diese Verbrechensmethode aufzuklären?