8641/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.05.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Schwentner, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und öffentlichen Dienst

 

betreffend versteckte Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Kollektivverträgen

 

 

Die enormen Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich von durchschnittlich bis zu 40% haben zahlreiche Ursachen. Eine davon dürfte das versteckte Diskriminierungspotential in Kollektivverträgen sein, das weit über die Frage der Anrechnung Karenzzeiten im Gehaltsschema hinaus geht.

 

Selbst im Nationalen Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern aus der Frauensektion des Bundeskanzleramts heißt es auf S. 45: „Die Trennung des Arbeitsmarktes in schlechter bezahlte frauendominierte und höher bezahlte männerdominierte Branchen lässt die Vermutung zu, dass im kollektivvertraglichen Bereich versteckte Diskriminierung nicht auszuschließen ist. Von maßgeblicher Bedeutung sind daher gemeinsame Initiativen mit den Sozialpartnern zur Analyse bestehender Kollektivverträge auf verstecktes Diskriminierungs-potential sowie zur Erarbeitung neuer, analytischer, geschlechtergerechter Bewertungs-kriterien, um das Recht auf gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit nachhaltig sicher zu stellen. Diese diskriminierungsfreien Arbeitsbewertungssysteme müssen auch mittelbare Diskriminierungen, wie sie zum Beispiel durch Unterbewertung von Tätigkeiten und Anforderungen entstehen, ausschließen.

 

Doch bei den konkreten Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt wird die Anerkennung von Ausbildungen im Kollektivvertrag nur bei zwei von 55 Maßnahmen (bei Kindergärten und Pflege) als ein Unterpunkt angeführt. Ansonsten wird im Rahmen dieser 55 Maßnahmen nichts gegen das versteckte Diskriminierungspotential von Kollektivverträgen unternommen. Nicht einmal die in der Einleitung des NAP auf S. 46 angeführten Punkte, wie die Sensibilisierung von KollektivvertragsverhandlerInnen oder die Gleichverteilung der Geschlechter in den Verhandlungen, finden sich im Katalog der konkrete Maßnahmen wieder.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 


ANFRAGE:

 

 

  1.   Warum enthält der Nationale Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt mit Ausnahme der besseren Anrechnung von Ausbildungen im Bereich der Kindergärten und der Pflege keine weiteren Maßnahmen, die das versteckte Diskriminierungspotential in Kollektivverträgen verringern können?
  2.   Wie wird derzeit sichergestellt, dass versteckte Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts in Kollektivverträge entdeckt und verändert werden?
  3.   Warum müssen Kollektivverträge vor ihrem Inkrafttreten nicht verpflichtend von einer unabhängigen Stelle auf diskriminierende Elemente geprüft werden?
  4.   Was tun Sie, um eine geschlechtergerechte Bewertung von Tätigkeiten und der damit verbundenen Belastungen, die sich nicht zuletzt in der Entlohnung widerspiegelt, zum Beispiel durch Methoden diskriminierungsfreier Arbeitsbewertung, zu forcieren?
  5.   Welche Maßnahmen setzen Sie konkret, um der in manchen Kollektivverträgen unterschiedlich ausgestalteten Anrechnung von Ausbildungen entgegenzuwirken?
  6.   Welche Maßnahmen setzen Sie, damit der besondere Kündigungsschutz bis zum Erreichen des Regelpensionsalters in allen Kollektivverträgen für Frauen und Männer vereinheitlicht wird?
  7.   Welche Maßnahmen setzen Sie, damit in Kollektivverträgen keine mittelbar diskriminierenden Bestimmungen bei der Anrechnung von Karenzzeiten festgeschrieben werden?
  8.   Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Sensibilisierung für mittelbar diskriminierende Bestimmungen in Kollektivverträgen in den Verhandlungsteams zu erhöhen?
  9.   Was tun Sie, um eine geschlechterparitätische oder  zumindest eine dem Frauenanteil in der jeweiligen Branche entsprechende Zusammensetzung der Verhandlungsteams bei Kollektivvertragsverhandlungen zu fördern?
  10. Wie hoch ist der Einfluss, den mittelbar diskriminierende Bestimmungen in Kollektivverträgen auf die Einkommensunterschiede von Frauen und Männern haben?