8645/J XXIV. GP
Eingelangt am 19.05.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend Post - immer besser für Aktionäre, immer schlechter für KundInnen
Leider bestätigt sich die Kritik der Grünen, dass das mit Anfang 2011 voll wirksame Postmarktgesetz samt zahnloser Universaldienst-Regelung eher ein Post-Rückzugsgesetz ist und “packelweise” Verschlechterungen bringt.
So bekamen die PostkundInnen gleich nach der Voll-Liberalisierung “postwendend” eine saftige Brief-Portoerhöhung serviert, die Unternehmensangaben zufolge schon im Februar 2011 vom Regulator bestätigt wurde und nun mit 1.5.2011 in Kraft trat. Schon bisher hatten die Post-Kunden von der rot-schwarzen Postliberalisierung vor allem Nachteile: von der serienweisen Schließung von Postämtern, teilweise ohne vollwertigen Ersatz, über das Abmontieren der meisten Briefkästen bis zum Wegsparen vieler BriefträgerInnen.
Im Gegenzug zum gesetzlich gedeckten Rückzug der Post Richtung Großkundengeschäft und Ballungsräume werden nun auch noch die kleinen Kunden durch höhere Posttarife abkassiert. Besonders zynisch ist, dass die Manager der Post AG die aktuelle Tariferhöhung als „noch kundenorientierter“ bezeichnen und ganz generell mit „Kundenwünschen“ rechtfertigen, hätte doch eine große KundInnenbefragung ergeben, dass eine Tarif-Vereinfachung gewünscht sei.
Von gleichzeitiger Erhöhung war da allerdings nicht die Rede!
Die nunmehrige, vom Unternehmen in Schimmelbriefen an kritische KundInnen als „moderat mit im Durchschnitt 12%“ dargestellte Erhöhung der österreichischen Briefposttarife sieht bei näherer Betrachtung deutlich weniger moderat aus: Neben der ansehnlichen Anhebung des Standard-Inland-Briefportos um fast 15% auf 62 Cent wurden unter dem Titel der vorgeblichen „Vereinfachung“ für einige Arten von Briefsendungen exorbitante Tariferhöhungen umgesetzt.
So kosten schwerere bzw. größere Sendungen ins Ausland beispielsweise statt bisher je nach Gewicht 3,70, 5,45 bzw. 7,20 € künftig 13,60 €, das entspricht Preissteigerungen von 80%, 150% und 268%!
In einer Zeit, in der immer mehr Menschen Verwandte, Bekannte und Freunde in anderen Ländern, gerade auch innerhalb Europas, haben, wird damit der postalische Austausch von Geschenken und ähnlichem praktisch verunmöglicht. Das kümmert niemand, genauso wie dass für die sonst so oft beschworenen Kleinst-Unternehmen und KMUs viele Geschäftsfelder, die auf Spezial-Versand und dergleichen beruhen, völlig unattraktiv gemacht werden.
Dass die Kosten vergleichbarer Sendungen auf dem umgekehrten Weg – zB von Deutschland nach Österreich – wesentlich günstiger sind, ist ebenfalls auffällig.
Aber auch beim Massenprodukt Nr. 1 der Post, dem Inlands-Standardbrief geringen Gewichts, wurde nicht auf kleine Abkassier-Aktionen über die Portoerhöhung hinaus vergessen: So war vorgesehen, die einzige verfügbare 7-Cent-Briefmarke, mittels derer man schon vorhandene 55-Cent-Briefmarken auf den neu geltenden Tarif ergänzen könnte, nur im Fünfzigerpack (!) abzugeben. Da Post-Chef Pölzl von Durchschnittsmehrkosten je Haushalt von 2 Euro aus der Tariferhöhung ausgeht, würde dieser Fünfzigerpack wohl jeweils für Jahre ausreichen – weit über die nächste Tariferhöhung hinaus. Dreist wurde dies in von der Post AG an alle Haushalte verteilten Werbesendung auch noch als „Angebot“ vermarktet. Erst nach erfolgter Tariferhöhung wurde wegen der geharnischten Proteste der KundInnen gegen diesen reinen Willkür- und Abkassier-Akt doch auch die Einzelabgabe der 7-Cent-Marke ermöglicht, was sich aber teilweise erst am zweiten oder dritten Werktag bis in die Zweigstellen und zum Schalterpersonal durchsprach und dort – weil die Marken nun händisch von den dafür nicht vorbereiteten Rollen heruntergezählt werden müssen – zu noch längeren Warteschlangen an den Schaltern und gestressten MitarbeiterInnen führt.
Dass bereits mehrere Wochen vor der Tariferhöhung Briefmarken zum meist nachgefragten Tarif von 55 Cent Mangelware und nicht erhältlich waren, hat ebenfalls für böses Blut bei den PostkundInnen gesorgt – umsomehr, als Leidtragende dieser groben Planungs- und Logistikmängel erneut auf alternative Angebote verwiesen wurden, die wieder nur im Mehrfach-Pack erhältlich wären. Den Vogel haben diesbezüglich Postfilialen in Wien abgeschossen, die den tendenziell schreibfreudigen, bezüglich Todesfälle allerdings hoch sensibilisierten BewohnerInnen nahegelegener Seniorenwohnhäuser wochenlang ausschließlich „Trauer-Briefmarken“ anzubieten hatten!
Von den somit sichtlich an den Haaren herbeigezogenen Kundenwunsch- und Nachfrage-Argumenten abgesehen begründete die Post AG ihr Tariferhöhungs-Paket auch mit Kosten und wirtschaftlichen Notwendigkeiten.
Dies ist nicht nachvollziehbar, wurden doch von der Post AG kurz vor dem Durchziehen dieser Tarif“anpassungen“ allerbeste Unternehmenszahlen für das Jahr 2010 veröffentlicht. Der Jahresgewinn ist 2010 gegenüber dem Vorjahr erneut angestiegen; auch die Dividende wurde angehoben, die Rendite liegt bei durchaus fürstlichen 6,5%, die in den nächsten Jahren noch weiter steigen sollen.
Zugleich läuft das Zusperrprogramm bei den Postämtern (posteigenen Servicestellen) unverändert weiter, auch die wenigen von behördlicher Seite untersagten Schließungen werden dem Vernehmen nach unverdrossen sofort wieder zur Schließung angemeldet, und die Personalminimierung wird fortgesetzt, auch wenn die nachteiligen Folgen bei jeder Grippewelle auf die KundInnen durchschlagen.
In der Zusammenschau werden also von der Post Interessen der Aktionäre hoch gewichtet und gut bedient, was mit Sicherheit auch den Managerboni nicht schadet. Interessen der PostkundInnen werden hingegen hintan gereiht.
Die zuständigen Regierungsmitglieder sehen dieser Entwicklung untätig zu.
Für zusätzlichen berechtigten Ärger sorgt der von der Post AG an wegen der Tarif-Explosion erboste KundInnen versandte Schimmelbrief, der zwar alle rechtlich eventuell bedeutsamen Reizworte enthält (so wird betont, dass es sich um ein „kostenorientiertes Tarifmodell“ handle), aber auf keinen konkreten Kritikpunkt oder Verbesserungsvorschlag eingeht und gleich einleitend die KundInnen mit dem Satz verhöhnt „Die Tarifgestaltung der Österreichischen Post AG richtet sich nach Angebot und Nachfrage.“
Auch rechtlich bleiben Fragen offen.
Hält doch das vor allem auch von der SPÖ rund um die parlamentarische Beschlussfassung hoch gelobte neue Postmarktgesetz unter anderem in seinem Universaldienst-Paragraphen in §6 Abs 5 fest, dass „vom Betreiber zu gewährleisten (ist), dass den Nutzerinnen und Nutzern (...) Postdienste (...) zu allgemein erschwinglichen Preisen (...) angeboten werden.“
In §21 „Entgeltregulierung“ ist nochmals festgelegt, dass „die Entgelte für den Universaldienst so zu gestalten (sind), dass sie jedenfalls allgemein erschwinglich, kostenorientiert, transparent und nichtdiskriminierend sind.“
§21 Absatz 4, 5 und 6 formulieren schließlich:
„(4) Werden der Regulierungsbehörde Tatsachen bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass Entgelte des Universaldienstbetreibers für die vom Universaldienst umfassten Dienste (§ 6 Abs. 2 und 3) nicht den Maßstäben der Abs. 1 bis 3 entsprechen“ (Anm.: also zB nicht allgemein erschwinglich sind) „, hat sie eine Überprüfung der Entgelte einzuleiten und dies dem Universaldienstbetreiber mitzuteilen. In dieser Mitteilung sind die Gründe, die diese Annahme der Regulierungsbehörde rechtfertigen, darzulegen und es ist dem Universaldienstbetreiber Gelegenheit einzuräumen, binnen einer Frist von zumindest einem Monat zu dem Vorhaben der Regulierungsbehörde Stellung zu nehmen.
(5) Stellt die Regulierungsbehörde im Rahmen eines Verfahrens nach Abs. 4 fest, dass die Entgelte für die vom Universaldienst umfassten Dienste (§ 6 Abs. 2 und 3) nicht den Maßstäben der Abs. 1 bis 3 entsprechen, hat sie den Universaldienstbetreiber mit Bescheid aufzufordern, die Entgelte unverzüglich den genannten Maßstäben anzupassen. Diese Aufforderung ist von der Regulierungsbehörde im Internet zu veröffentlichen.
(6) Erfolgt eine nach Abs. 5 geforderte Anpassung nicht innerhalb von zwei Wochen, hat die Regulierungsbehörde das beanstandete Verhalten mit Bescheid zu untersagen und die Entgelte für unwirksam zu erklären.“
Sehr interessant ist schließlich auch, dass die Post AG die teilweise im dreistelligen Prozent-Bereich angesiedelte Tariferhöhung mit der „Sicherung des Universaldienstes in Österreich“ rechtfertigt – genau diesen hat aber doch angeblich schon das famose Postmarktgesetz der SPÖ-ÖVP-Regierung gesichert!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE: