8662/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.05.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und Genossinnen

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend „Gammelfleisch - Kontrollen in den Kühllagern zw. Kühlhäusern 2009 und 2010“

Mit der AB 3748/XXII.GP vom 13.03.2006 wurden die Fragen zur Anfrage 3776/J (Fleischskandal in Deutschland- Ekelfleisch auch in Österreich) von einer Ihrer Vorgängerinnen beantwortet.

Kurze Zeit darauf war Deutschland in der 2. Jahreshälfte 2006 von weiteren Gammelfleischskandalen betroffen. Österreich war auch betroffen, da diese deutschen Skandale auch Auswirkungen in Österreich zeigten. Nach Rückrufaktionen und der Beschlagnahme von Fleisch von der Firma Berger aus Passau, gab es wiederum Alarm über Gammelfleisch aus Bayern. Davon waren dann 10 Betriebe in Österreich betroffen.

Dazu gab damals das österreichische Gesundheitsressort nachstehende Erklärung ab:

„Laut Informationen der EU sowie der österreichischen Kontrollorgane sei absolut keine Gesundheitsgefährdung gegeben. Die Kontrolle der österreichischen Betriebe, die Fleisch in Kühlhäusern lagern, ist vorbildhaft und strenger als innerhalb der EU üblich, so Herzog weiter. Insgesamt gibt es derzeit 10.000 Kühlhäuser in Österreich. Sofern sie offenes Fleisch lagern werden sie einmal pro Monat, bei verpacktem Fleisch zweimal pro Jahr kontrolliert. Diese lückenlose Kontrolle erfolgt unangemeldet und sichert größtmögliche Qualität des in Österreich erhältlichen Fleisches. Darüber hinaus sei im Jahr 2005 eine Schwerpunktaktion durchgeführt worden, bei der keinerlei grobe Verstöße festgestellt werden konnten. " (OTS252 CI 0236BGF0003 II 04.09.2006)

2007 erneut ein Gammelfleisch-Skandal in Bayern. Ein Unternehmen in Wertingen soll rund 20 Tonnen Schlachtabfälle umetikettiert und an einen Berliner Döner-Hersteller weiter verkauft haben. Die Staatsanwaltschaft Memmingen ermittelte, die Firma wurde umgehend geschlossen. Zum Prozessauftakt um einen der größten Ekelfleischskandale in Deutschland haben zwei Mitte Mai 2011 zwei Angeklagte Geständnisse abgelegt.

 

Die beiden Beschuldigten mussten sich wegen gewerbsmäßigen Betrugs und gemeinschaftlichen Inverkehrbringens nicht sicherer Lebensmittel verantworten.

Das Verfahren gegen den Unternehmer steht am Landgericht Augsburg steht noch aus

Dieser Wertinger Fleischunternehmer soll zwischen Juni 2006 und August 2007 in 22 Fällen tiefgefrorenes Fleisch der Kategorie 3, das nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet war, in seinem Betrieb umetikettiert und als verkehrsfähige Ware weiterverkauft haben. Insgesamt soll die Firma 150 Tonnen Fleisch vor allem an Berliner Dönerbetriebe geliefert haben. Darüber hinaus erwarb der Angeklagte laut Anklage in 13 Fällen Fleisch von kranken Tieren einer anderen schwäbischen Firma und veräußerte diese ebenfalls als genießbare Ware. Auch in den folgenden Jahren wurden in der Öffentlichkeit weitere Fälle mit Ekelfleisch bekannt.

Für die EU-Ebene gilt zur Überwachung der Temperaturen von tiefgefrorenen Lebensmitteln in Beförderungsmitteln sowie Einlagerungs- und Lagereinrichtungen die VO (EG) Nr. 37/2005 der Kommission vom 12. Jänner 2005.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Gesundheit nachstehende

Anfrage:

1.                   Wie viele Tiefkühllager und Tiefkühlhäuser gab es zum Stichtag 31.12.2010 in Österreich (Aufschlüsselung der jeweiligen Anzahl auf die Bundesländer)?

2.                   Wie viele Tiefkühllager bzw. Tiefkühlhäuser für Fleisch, Fleisch- und Milchwaren sowie Fisch sind in den Jahren 2009 und 2010 durch Lebensmittelaufsichtsorgane bzw. Fleischuntersuchungsorgane (Veterinäre) kontrolliert worden (Aufschlüsselung auf Jahre, Bundesländer und nach Lebensmitteln)?

3.                   Gab es für diese Kontrollen eine Vorgabe durch das Ministerium?

Wenn ja, in welchem Umfang wurden diese Vorgaben erfüllt (Aufschlüsselung auf

Länder)?

 

4.                  Wie wird durch die zuständigen Lebensmittelaufsicht der Länder konkret überprüft, ob die Haltbarkeit von gekühlten Fleisch, Fleischwaren, Milch und Fisch etc. noch gegeben ist (Risikobewertung)?

5.                  Wie erfolgt der Ablauf der Kontrolle von Fleisch, Fleischwaren, Milch, Fisch oder anderen Lebensmitteln in Tiefkühllagern bzw. Tiefkühlhäusern durch die Lebensmittelaufsicht der Länder?

Wie viele und welche Proben wurden in Tiefkühllager bzw. Tiefkühlhäusern 2009 und  2010 gezogen und auf Verkehrsfähigkeit untersucht (Aufschlüsselung auf Jahre, Bundesländer und nach Lebensmittel)?

6.                  Wurde 2009 und 2010 auch bei allen Beförderungsmitteln sowie Einlagerungs- und Lagereinrichtungen überprüft, ob die geforderten Aufzeichnungsgeräten bzw. Messgeräte (Art. 2 der VO) vorhanden sind und entsprechen?

7.                  Werden Sie sich für eine Meldepflicht (d.h. Anzeigepflicht) von „verdorbenen Lebensmitteln" (z.B. Fleisch oder Fisch) durch MitarbeiterInnen in der Lebensmittelproduktion und Lebensmittelverarbeitung sowie im Lebensmittelhandel einsetzen?

8.                  Werden Sie für einen besonderen „Informantenschutz" für MitarbeiterInnen aus der Lebensmittelbranche und im Handel eintreten, wenn diese bereit sind die jeweils zuständigen Behörden über Verstöße des eigenen Unternehmens gegen hygiene- und lebensmittelrechtliche Bestimmungen zu informieren und dies in einer Bestimmung zum „Informantenschutz" im österreichischen LMSVG regeln (Whistleblowing)?

Wenn nein, warum nicht?

9.     Werden Sie dafür eintreten, dass die Namen von betrügerischen Fleischfirmen oder Handelsfirmen, die Fleisch oder Fleischwaren umetikettieren oder aufgetautes, verdorbenes Fleisch verkaufen, durch die zuständigen Behörden unter bestimmten Bedingungen veröffentlicht werden können?


10.  Wenn ja, werden Sie auch für eine entsprechende Änderung im LMSVG eintreten, nach der eine derartige Veröffentlichung von Namen betrügerischen Firmen ausdrücklich gesetzlich geregelt wird?

Wenn nein, warum nicht?

11.  Sind auch Sie der Auffassung, dass viele Lebensmittelskandale durch die sog. Eigenkontrolle der Lebensmittelwirtschaft gerade zu programmiert sind, da Unternehmen bei einer Eigenkontrolle kaum Entscheidungen gegen eigene wirtschaftliche Interessen treffen, wie es internationale Beispiele der letzten Jahre immer wieder zeigten?

Wenn nein, warum nicht?

12.  Halten Sie in Österreich Geldstrafen bis zu 20.000 Euro für umetikettiertes – teilweise jahrelang - tiefgefrorenes Fleisch zu Frischfleisch für ausreichend, zumal Unternehmer (sog. Gammelfleischbetrüger) sich damit bei entsprechender Dauer eine goldene Nase verdienen können?